Im Notfall herrschen Stress und Unsicherheit: Wie geht das mit der Reanimation? Wie oft drücken, beatmet man noch? Wer nicht weiter weiß, aber helfen will, kann am Telefon Anleitung bekommen.
Es war eine lebensbedrohliche Situation und Millionen Menschen sahen sie mit an: Als der dänische Fußballspieler Christian Eriksen im Sommer 2021 unvermittelt auf dem Platz kollabierte, wurden zwei Dinge deutlich: 1. Ein Herz-Kreislaufstillstand kann wie aus dem Nichts kommen. 2. Betroffene brauchen sofort Hilfe, um Überlebenschancen zu haben.
Doch ganz ehrlich: Wenn Sie in so eine Situation geraten würden, wüssten Sie dann noch, was zu tun ist? Der letzte Erste-Hilfe-Kurs ist bei den meisten Menschen lange her, manche haben sich mit dem Thema Wiederbelebung zuletzt vor ihrer Autoführerschein-Prüfung beschäftigt. Dazu kommt die Aufregung in dieser für Laien so unwirklichen Situation. Also: Was tun? Auf jeden Fall ist es wichtig, überhaupt etwas zu tun.
Anleitung zur Reanimation
Die einfache Grundregel lautet: Prüfen, Rufen, Drücken. Man prüft also zunächst, ob die bewusstlose Person noch normal atmet. Dann wird der Notruf 112 gewählt - hier kommt schon der entscheidende Punkt für alle, die sich in dieser Situation unsicher sind: Die Leitstellen können eine Telefonreanimation durchführen. Sie können den Ersthelfer am anderen Ende der Leitung mit ihren Worten also anleiten. Das Problem ist allerdings, dass man sich in Deutschland nicht immer darauf verlassen kann, dass die Leitstelle nach der Aufnahme des Notfalls von selbst nachfragt, ob man solch eine Unterstützung benötigt. Das hat eine Umfrage unter den 249 Leitstellen hierzulande gezeigt.
Somit könne es passieren, dass die Leitstelle sage: "Wir schicken einen Notarzt!" - und den Anruf dann beende, sagt Prof. Bernd Böttiger. "Dann kriegt man keine Telefonreanimation." Böttiger ist Vorsitzender des Deutschen Rats für Wiederbelebung, der an dieser Umfrage beteiligt war. Die Forderung des Rates ist klar: Die Telefonreanimation in Deutschland müsse verpflichtend flächendeckend eingeführt werden, mit standardisierten Abläufen. Bisher ist das alles Ländersache und damit uneinheitlich geregelt.
Hilfe aktiv einfordern
Die gute Nachricht: In der Umfrage gaben alle Rettungsleitstellen an, dass sie grundsätzlich Telefonreanimationen durchführen - sollte also jemand am Telefon um Hilfe bitten, wird niemand auflegen. Genau dazu rät Böttiger ausdrücklich: "Wenn die Leitstelle nicht von selbst fragt, würde ich das einfordern und sagen: Helft mir bitte!" Das Wissen um die Möglichkeit einer Telefonreanimation ist im Ernstfall elementar.
Denn was Christian Eriksen vor den Augen der Welt zugestoßen ist, passiert deutschlandweit ungefähr 200 Mal - pro Tag. Nur in rund jedem zehnten Fall geht das gut aus. Wird sofort mit der Herzdruckmassage begonnen, ist die Überlebenschance zwei- bis dreimal höher. Das Bundesgesundheitsministerium schätzt: 10 000 Leben könnten jedes Jahr zusätzlich gerettet werden, wenn sich mehr Menschen Wiederbelebungsmaßnahmen zutrauen würden.
Keine Angst haben
Viele Menschen haben tatsächlich Angst, jemanden zu reanimieren, der das gar nicht benötigt, sagt Marcus Aust vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Er beruhigt: "Eigentlich kann man als Laie nichts falsch machen." Sei jemand nicht mehr ansprechbar und zeige keine normale Atmung, dann starte man die Reanimation. Keine normale Atmung, das heißt vor allem: Wenn sich der Brustkorb innerhalb von zehn Sekunden nicht mehr sichtbar hebt und senkt. Und man auch keine Atemgeräusche hört und fühlt, wenn man sein Ohr über Nase und Mund des Betroffenen hält.
Bernd Böttiger, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Uniklinikum Köln, ist seit langer Zeit gegen den plötzlichen Herztod engagiert. Er sagt: "Wir können mit zwei Händen so viele Leben retten, das ist unglaublich." Bis der Notarzt eintrifft, dauert es im Mittel acht bis zehn Minuten. Pumpt das Herz keinen Sauerstoff mehr durch den Körper, stirbt jedoch schon nach drei Minuten langsam das Gehirn ab. "Jeder Laie kann damit mehr tun als wir im Rettungsdienst oder im Krankenhaus", sagt Böttiger, "weil wir meist zu spät dazu kommen." Umso wichtiger ist es, sich im Notfall daran zu erinnern: Einfach am Hörer bleiben und sich anleiten lassen.