Rohre für den Bau der Erdgaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland werden im Hafen Mukran auf der Insel Rügen gelagert. Foto: dpa/Stefan Sauer

Der französische Europa-Staatssekretär Clément Beaune begründete dies mit dem russischen Vorgehen gegen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und seine Anhänger

Paris - Der Druck auf Deutschland im Fall des Pipelineprojekts Nord Stream 2 wächst. Nun fordert auch Frankreich offen von der Bundesregierung das Ende des umstrittenen Geschäftes mit Russland. Grund sei das russische Vorgehen gegen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und seine Anhänger, erklärte der französische Europa-Staatssekretär Clément Beaune in einem Interview mit dem Radiosender „France Inter“.

Zuvor hatte bereits das Europäische Parlament wegen der Verhaftung Nawalnys einen Stopp von Nord Stream 2 gefordert. Die USA und mehrere europäische Staaten, darunter Polen, äußern bereits länger scharfe Kritik an dem Pipelineprojekt. Sie warnen vor einer zu großen Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas und negativen Folgen für osteuropäische Staaten.

Reaktion auf Festnahmen in Russland

Im Interview mit dem französischen Staatsminister Beaune ging es auch um die Reaktion auf die mindestens 5000 Festnahmen bei den Protesten am Wochenende in Russland. Er sagte, man habe bereits Sanktionen verhängt, aber das reiche nicht. In Bezug auf weitere mögliche Konsequenzen fügte er hinzu, die Ostsee-Pipeline sei eine Option, die man in Betracht ziehen müsse. „Wir haben immer gesagt, dass wir die größten Bedenken bei dem Projekt haben“, sagte Beaune. Auf die Frage, ob Frankreich einen Stopp von Nord Stream 2 befürworte, antwortete er: „Wir haben das in der Tat bereits gesagt.“ Beaune stellte allerdings klar: „Das ist heute eine deutsche Entscheidung.“

Berlin hält an Pipeline-Projekt fest

Berlin will allerdings an dem umstrittenen deutsch-russischen Pipeline-Projekt festhalten. Die Bundesregierung habe in den vergangenen Tagen „betont, dass sich ihre grundsätzliche Haltung nicht geändert hat“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz am Montag in Berlin. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, die französische Position sei der Bundesregierung bekannt. Berlin befinde sich in „sehr engem Austausch“ mit der Regierung in Paris. Darüber hinaus hätten die EU-Außenminister am Montag vergangener Woche über eine mögliche europäische Reaktion auf den Umgang der russischen Behörden mit dem inhaftierten Oppositionspolitiker Alexej Nawalny und seinen Unterstützern beraten.

Paris hat selbst keine klare Linie

Mit diesen Aussagen hat der französische Europa-Staatssekretär wahrscheinlich das Topthema für den deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Freitag festgelegt. Paris fährt in Sachen Nord Stream 2 allerdings selbst keine klare Linie. Denn zu den Geldgebern des Milliardenprojektes zählt auch der französische Energiekonzern Engie, an dessen Kapital der Staat zu knapp einem Viertel beteiligt ist.

Nord Stream 2 ist fast fertig

Auch in Deutschland mehrten sich zuletzt Stimmen, die einen Stopp oder eine Aussetzung von Nord Stream 2 forderten. Ende vergangenen Monats wurden die Arbeiten zur Fertigstellung der Pipeline durch die Ostsee wieder aufgenommen. Nach Angaben des russischen Energiekonzerns Gazprom als Hauptinvestor von Nord Stream 2 sind 94 Prozent der Leitung bereits fertiggestellt. Sie besteht aus zwei Strängen mit einer Länge von jeweils rund 1230 Kilometern und soll pro Jahr 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördern können.