Sieben Bürgermeisterwahlen – und eine Landratswahl – haben im Kreis Esslingen im vergangenen Jahr stattgefunden. In beinahe allen Fällen ist das Ergebnis längst klar, in einem steht es noch aus.
Dass sich eine Bürgermeisterwahl über mehrere Monate und sogar über den Jahreswechsel hinzieht, ist ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher war allerdings, was sich im vergangenen Herbst in Bissingen ereignet hat. Der Urnengang am 13. Oktober hatte dem amtierenden Gemeinderat Siegfried Nägele, zugleich stellvertretender Schultes, eine absolute Mehrheit der Stimmen beschert. Das Kuriose daran: Der inzwischen 62-Jährige hatte gar nicht kandidiert, ist aber trotzdem gewählt worden. Die beiden tatsächlichen Bewerber ließ er jedenfalls weit hinter sich.
Nach etwas Bedenkzeit entschied sich Nägele dagegen, das Amt zu übernehmen: aus einer Reihe von Gründen und obwohl ihm das als Ur-Bissinger nach eigenem Bekunden schwerfiel. So muss in der 3500-Seelen-Gemeinde am 19. Januar erneut gewählt werden, um endlich einen Nachfolger – oder eine Nachfolgerin – für den zum Esslinger Landrat gewählten Marcel Musolf zu finden. Musolf war 2024 also kein neues Gesicht im Landkreis Esslingen, sondern ein vertrautes an neuer Stelle. An etlichen Amtsspitzen gab es aber tatsächlich neue Köpfe – und wieder gewählte, bekannte Gesichter.
Wernau: Amtseinsetzung steht noch aus
Ihre Arbeit als neue Rathauschefin von Wernau trat Christiane Krieger im Januar 2024 an. Als „bestellte Bürgermeisterin“ wohlgemerkt, denn der im Vorfeld abgelehnte Bewerber Thomas Nitsch hatte zunächst Einspruch eingelegt und dann Klage gegen das Wahlergebnis erhoben, um eine Wiederholung des Urnengangs zu erreichen. Diesem Ansinnen hat das Verwaltungsgericht Stuttgart im vergangenen November zwar eine Absage erteilt, allerdings steht die Begründung noch aus – ebenso wie Nitschs Entscheidung, ob er in die nächste Instanz geht oder eben nicht. Christiane Krieger wird sich bis zu ihrer offiziellen Amtseinsetzung also weiter gedulden müssen.
Plochingen: Buß im Amt bestätigt
In der Nachbarstadt Plochingen gab es bei der Bürgermeisterwahl Anfang Februar hingegen keine großen Nachwehen. Bürgermeister Frank Buß erreichte 65,7 Prozent und konnte seine dritte Amtszeit antreten. Allerdings kam sein Herausforderer Harald Schmidt auf respektable 33,1 Prozent, was zuvor nur wenige erwartet hatten. Der Business Analyst – und im Juni für die Unabhängige Liste Plochingen (ULP) wiedergewählte Gemeinderat – war mit seinem Abschneiden jedenfalls alles andere als unzufrieden.
Köngen: Pfarrer macht das Rennen
Weithin bekannt war der gut zwei Monate später zum neuen Köngener Rathauschef gewählte Ronald Scholz im Ort bereits: allerdings in seiner Funktion als evangelischer Pfarrer. Mit 68,7 Prozent erhielt er, trotz sieben weiterer Namen auf dem Stimmzettel, einen beachtlichen Vertrauensvorschuss von den Bürgerinnen und Bürgern. Am 1. Juni übernahm der Theologe und Jurist in Köngen bereits sein neues Amt.
Landkreis Esslingen: Klarer Erfolg für Musolf
Noch vor der kommunalpolitischen Sommerpause stand fest, dass sich Bissingen einen neuen Schultes suchen muss. Marcel Musolf wurde vom neu zusammengestellten Kreistag zum Nachfolger von Landrat Heinz Eininger gewählt, der 24 Jahre lang die Verantwortung getragen hatte. Mit 53 zu 40 Stimmen hatte Musolf gegenüber dem Horber Oberbürgermeister Peter Rosenberger am Ende klar die Nase vorn und erzielte bereits im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit.
Owen: Starke Konkurrenz für Grötzinger
Ebenfalls eine absolute Mehrheit gab es für Verena Grötzinger in der ersten Runde der Owener Bürgermeisterwahl. Mit 58,3 Prozent der gültigen Stimmen ging es für sie in die dritte Amtszeit. Ihr Herausforderer Oliver Knur, CDU-Gemeinderat aus Ebersbach und Ortsvorsteher von Weiler im Kreis Göppingen, wusste mit 41,4 Prozent allerdings eine Duftmarke zu setzen.
Altenriet: Klare Sache für Mittnacht
Das gelang in Altenriet Patricia Mittnacht Mitte Oktober erst recht. Die Diplom-Verwaltungswirtin, die zuvor in leitender Position bei der Reutlinger Stadtverwaltung tätig war, beerbte Bernd Müller, der 23 Jahre lang die Geschicke im Ort gelenkt hatte und Ende 2024 seinen Ruhestand antrat. Mittnacht kam auf 80,3 Prozent, klar vor ihrem Mitbewerber Oliver Hahn (18,9 Prozent).
Reichenbach: Fünfte Amtsperiode für Richter
Weit knapper fiel eine Woche später das Ergebnis der Bürgermeisterwahl in Reichenbach aus. Der langjährige Rathauschef Bernhard Richter holte sich in der ersten Runde mit 54,5 Prozent zwar die absolute Mehrheit und kann deshalb in Kürze seine fünfte Amtsperiode antreten. 41,3 Prozent für Herausforderer Apostolos Zisakis waren aber allemal ein Achtungserfolg.
Neckartenzlingen: Solo für Braun
Deutlich einfacher hatte es die Neckartenzlinger Bürgermeisterin Melanie Braun bei ihrer Wiederwahl. Als Alleinbewerberin kam sie Anfang November auf 98,2 Prozent der abgegebenen Stimmen, was einen echten Vertrauensbeweis der Wählerinnen und Wähler darstellt – und ihr sicher einen zusätzlichen Motivationsschub für ihre zweite Amtszeit liefert.
In acht Esslinger Kreiskommunen stehen Bürgermeisterwahlen an
Neuauflage
Eigentlich wären es im Landkreis Esslingen 2025 nur sieben gewesen, doch jetzt sind es acht: Für die „Zugabe“ sorgt die Neuauflage der Bissinger Bürgermeisterwahl vom Oktober 2024, die am 19. Januar stattfindet. In derTeck-Gemeinde war Siegfried Nägele zwar als Rathauschef und damit zum Nachfolger des neuen Landrats Marcel Musolf gewählt worden. Er hatte sich aber gar nicht beworben und verzichtete dann „nach reiflicher Überlegung“ darauf, das Amt zu übernehmen. In der benachbarten Stadt Weilheim geht es nur eine Woche später, am 26. Januar, wie geplant und erstmals an die Wahlurnen.
Amtszeitende
Sechs weitere Bürgermeisterwahlen stehen im Laufe des neuen Jahres ebenfalls an: In Hochdorf geht Gerhard Kuttlers Amtszeit am 31. März zu Ende. Der Deizisauer Schultes Thomas Matrohs amtiert noch bis zum 13. September. Neu gewählt werden die Rathauchefinnen beziehungsweise Rathauschefs vermutlich noch in vier weiteren Gemeinden. Die Amtszeiten von Martin Funk (Altbach), Bernd Welser (Bempflingen), Sieghart Friz (Unterensingen) und Barbara Born (Ohmden) enden alle im ersten Quartal 2026.