Der Kaffeetreff am Neuen Friedhof in Schorndorf wurde am katholischen Totengedenktag erstmals eröffnet. Foto: Eva Herschmann

An Allerheiligen ist in Schorndorf der Kaffeetreff am Friedhof gestartet. Ein engagiertes und erfahrenes Team von kirchlichen Ehrenamtlichen bietet beim Neuen Friedhof Gespräche und Gemeinschaft an.

Der Herbst hat sich an Allerheiligen in seinen schönsten Farben gezeigt. Die Sonne lachte am blauen Himmel, das Laub der Bäume leuchtete in Gelb und Rot. Und die Menschen, die am Freitag in großer Zahl auf dem Neuen Friedhof in Schorndorf die Gräber ihrer Verstorbenen besucht haben, bekamen zum Bilderbuchwetter noch eine Tasse Kaffee serviert. Denn erstmals war der „Kaffeetreff am Friedhof“ geöffnet.

Vor dem Haupteingang des Gottesackers in der Hungerbühlstraße hat das ehrenamtliche Projektteam einige Bänke aufgestellt und Stehtische aufgebaut. Auch Windlichter mit roten Kerzen haben sie mitgebracht. Kuchen kommt von Kathrin Fischer, die mit ihrem „Café-Anhänger“ gekommen ist, mit dem sie auf dem Wochenmarkt steht, und der künftig auch für das Projekt „Begegnungscafé am Friedhof“ im Einsatz ist.

Initiative der Seelsorgeeinheit

Gemeinschaft und Gedankenaustausch bei einer Tasse Kaffee soll das neue Angebot anregen. Dahinter steht eine Initiative der katholischen Seelsorgeeinheit Rems-Mitte, der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Schorndorf und der evangelisch-methodistischen Kirche Mittleres Remstal (EMK) und der Stadtverwaltung.

Ein junges Pärchen aus Urbach ist begeistert von dem unerwarteten kulinarischen Angebot. „Eigentlich kommen wir sonst immer etwas später her, um das Grab meines Vaters zu besuchen, weil die Atmosphäre auf dem Friedhof an Allerheiligen besonders ist, wenn in der Dämmerung die Kerzen brennen. Aber wir wollten das schöne Wetter für einen Spaziergang nutzen“, sagt der Mann und lobt den Kaffee von Kathrin Fischer aus dem Siebdruckgerät. „Der schmeckt lecker.“

Spontane Begegnungen

Die Idee zu der Kaffeerunde sei aus spontanen Begegnungen auf dem Friedhof entstanden, erklärt Erna Ullsperger von der katholischen Kirche. Bei einem dieser zufälligen Treffen habe ihr Waldemar Roth, der in der EMK engagiert ist, von den Berliner Friedhof-Cafés erzählt, in denen mit Blick auf die Gräber Kaffee getrunken und Kuchen gegessen wird. „Das fand ich sofort eine tolle Sache“, sagt Erna Ullsperger.

Fast gleichzeitig verspürte Beate Härer im Schorndorfer Rathaus den Impuls, etwas gegen die Einsamkeit im Alter zu tun, gerade nach dem Tod des Partners. „Das kam im Zusammenhang mit der Woche der Demenz im September und natürlich auch im Nachgang zu den Coronajahren, in denen das Ehrenamt und viele Angebote weggebrochen sind“, sagt die stellvertretende Fachbereichsleiterin Familie und Soziales, in deren Ressort auch Senioren fallen. „Und ich wollte nicht warten, bis die Menschen zu uns kommen, sondern zu ihnen gehen.“

So kam es, dass Erna Ullsperger und Beate Härer unabhängig voneinander, aber fast parallel, beim Friedhofsamt vorsprachen, um sich nach den Auflagen und Vorgaben für einen Kaffeeplausch am Gottesacker zu erkundigen. „Mir hat die Mitarbeiterin gleich gesagt, dass gerade eine andere Dame mit der gleichen Idee angerufen habe“, sagt Beate Härer. Und in kurzer Zeit hatte sich ein qualifiziertes und motiviertes Team aus Mitgliedern verschiedener christlicher Kirchen für den überkonfessionellen „Kaffeetreff am Friedhof“ zusammengefunden.

Den Start habe man bewusst auf den katholischen Feiertag Allerheiligen gelegt, berichtet Erna Ullsperger, die schon seit vielen Jahren ehrenamtlich als Trauerbegleiterin arbeitet. „Das nächste Mal kommen wir am evangelischen Gedenktag, am Ewigkeitssonntag am 24. November.“

Treff soll den Trauernden Trost spenden

Der Kaffeetreff am Friedhof soll sich aber nicht auf die kirchlichen Feiertage beschränken, an denen der Gang zur Begräbnisstätte von verstorbenen Familienangehörigen fast schon so etwas wie Christenpflicht ist. Er soll auch Menschen ansprechen, die erst kürzlich einen geliebten Menschen verloren haben, die Gemeinschaft und Gespräche suchen und die an gewöhnlichen Sonntagen zum Friedhof kommen, um zu trauern. Wie die drei dunkel gekleideten Frauen, die sich um einen der Stehtische versammelt haben.

Ihr Mann sei im Sommer mit 72 Jahren gestorben, erzählt die älteste der Frauen. „Es ist schwer zu verstehen, er war bereits in der Reha, und wir dachten, er ist auf dem Weg der Besserung. Doch dann ist alles anders gekommen.“ Mit ihrer Tochter und ihrer Enkelin ist die Schorndorferin wie oft in den vergangenen Monaten, auch am kirchlichen Gedenktag am Grab ihres Mannes auf dem Neuen Friedhof. Anschließend wollten sie nach Schwäbisch Gmünd fahren, wo ihre Schwester liege, die vor vielen Jahren an Krebs gestorben sei, erklärt die Witwe. Davor aber nimmt sie das Angebot gern an, ganz nah bei ihrem verstorbenen Mann noch eine Tasse Kaffee zu trinken. „Ich finde, das ist eine wirklich schöne Idee. Man fühlt sich gleich nicht so allein. Ich hoffe, der Kaffeetreff ist keine einmalige Sache, denn die Einsamkeit ist das Schlimmste.“

Das Projekt wird gut angenommen

Drei Stunden stand der Café-Anhänger vor der Friedhofsmauer. Knapp 150 Tassen Kaffee seien in dieser Zeit getrunken worden, berichtet Beate Härer. Alle Beteiligten freuen sich, dass das Projekt so gut angenommen wurde. „Wir werden uns zusammensetzen, wie wir nach den zwei Terminen fortfahren.“ Denn wer um einen lieben Menschen trauert, für den können eine heiße Tasse Kaffee und ein Gespräch tröstlich sein.