Oliver Hornung von der Zigeunerinsel mit dem Spätzle-Produzenten Daniel Schmidt Foto: /Hornung

Bis Stuttgart in die Champions League des Karnevals aufsteigt, muss es noch viel Konfetti regnen. Doch jetzt haben schwäbische Narren ein Alleinstellungsmerkmal: sie verteilen Spätzle bei den Umzügen. Bonbons gibt’s trotzdem – auch wenn sie teuer geworden sind.

Was haben Köln, Mainz und Düsseldorf, was Stuttgart nicht hat? Schließlich befinden sich die Hochburgen des organisierten Frohsinns nördlich von Nesenbach und Neckar. Rheinländer, so die landläufige Meinung, sind den Schwaben in Sachen Fasching, Fasnet und Karneval überlegen. Doch jetzt landen die oft unterschätzten Narren aus dem wilden Süden einen amüsanten Treffer, der bei den Umzügen des Landes Thema Nummer eins werden könnte: Wo sind denn die Spaßvögel mit ihren Spätzle?

Die Spätzle-Packungen werden nicht geworfen

Beim Landesnarrentreffen in Steinheim an der Murr (Kreis Ludwigsburg) hat die Stuttgarter Karnevalsgesellschaft Zigeunerinsel am vergangenen Wochenende zum ersten Mal ihre Spätzle-Packungen unter dem Umzugspublikum verteilt. „Wir werfen die Spätzle nicht“, sagt Oliver Hornung, der Veranstaltungsleiter der Zigeunerinsel, „die Mitbringsel werden von Hand zu Hand verteilt, etwa von den Tanzgarden auf der Straße.“ Niemand müsse also befürchten, dass ihn eine Packung am Kopf trifft.

Außerdem falsch sei das Gerücht, man sei auf Spätzle umgestiegen, weil Bonbons zu teuer geworden seien. Die Preise für die süße Wurfware seien in der Tat explodiert, sagt Hornung, was vor allem an den extrem gestiegenen Kosten für Verpackungen liege. Aber dennoch seien Bonbons im Einkauf weiterhin billiger als Spätzle. Ein Nudel-Sponsor aus Fellbach habe bereits 6000 Packungen mit jeweils 250 Gramm Inhalt kostenlos zur Verfügung gestellt (es werden noch mehr), weshalb die Zigeunerinsel nicht Nein sagen wollte. Mit dem Spätzle-Produzenten Daniel Schmidt ist er befreundet.

Nicht eine Packung sei liegen geblieben, sagen die Behörden

Oliver Hornung hat sich bei den Behörden in Steinheim erkundigt, ob nach dem Umzug Spätzle auf dem Boden liegen geblieben seien. „Nicht eine Packung ist gefunden worden“, berichtet er, „alles wurde mitgenommen.“ Dies sei bei Bonbons nicht immer der Fall. Etliche Narren hätten sich in Steinheim gezielt nach den Spätzle erkundigt, weil sie von dieser neuen Idee gehört hatten. Auch bei den nächsten Narrentreffen wird’s Gratis-Nudeln geben. „Besonders Bedürftige wollen wir damit erfreuen“, erklärt Hornung. Höhepunkt der Spätzlesnarren wird der 21. Februar sein, wenn am Faschingsdienstag der Fasnetumzug durch Stuttgart zieht. Auf die teuren Bonbons werde man aber in der City nicht verzichten.

Bonbons kosten seit Anfang des Jahres im Großhandel etwa doppelt so viel wie 2022. Vielfach steigen Karnevalsvereine quer durch die Republik auf Popcorn in Zehn-Gramm-Beuteln um, das billiger als Kamelle zum Lutschen ist.

Ohne Sponsoren wäre der Faschingsumzug nicht möglich

Wesentlich höher sind außerdem die Kosten für die Security, für die Lastwagen und für das Gitter geworden, das aufgestellt werden muss. Thomas Klingenberg, der Präsident der Karnevalsgesellschaft Möbelwagen, ist froh über die Sponsoren. Ohne die wäre der Umzug am Faschingsdienstag kaum möglich. Etwas Geld fließt auch, weil die Stadt erlaubt, dass Schausteller Stände aufbauen. Ein Teil des Umsatzes geht an die Organisatoren. Dennoch glaubt Klingenberg, dass am Ende des Stuttgarter Faschingsumzugs rote Zahlen geschrieben werden. Völlig ausgeschlossen jedenfalls sei es, dass man Eintritt verlange für den Besuch des närrischen Lindwurms.

Auch in diesem Jahr ist es übrigens verboten, Konfetti am Neuen Schloss zu werfen, weil die Reinigungsarbeiten auf dem Pflaster für das Land zu teuer seien. Beim Möbelwagen wird man – anders als bei den Kollegen von der Zigeunerinsel – keine Spätzle verteilen, sondern bei Bonbons bleiben, wenn auch im geringeren Umfang. „Kinder freuen sich nun mal mehr über Bonbons“, sagt Klingenberg.