Wo früher die Hotelgäste ihren Drink nahmen, ist nun ein Club untergebracht. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Das Studio Amore gibt im Foyer und der ehemaligen Bar des Hotels am Schlossgarten ein Zwischenspiel, bevor das Gebäude umgebaut wird. Jetzt hat der Club eröffnet.

Auf den ersten Blick ist sie hinter der dunkel getönten Scheibe kaum auszumachen. Auf den zweiten kaum zu übersehen. Schwungvoll öffnet die junge Frau die bronzeumrahmte Glastür, die ins ehemalige Foyer des Hotel am Schlossgarten führt, begrüßt fröhlich die Gäste: „Willkommen, links geht es zur Bar.“ Wo einst in der John-Cranko-Lounge Tanzfans so manchen Ballettstar hautnah bestaunen konnten, Übernachtungsgäste, Geschäftsleute oder Liebhaber guter Drinks so manches ausklabüsterten oder chillten, ist das Studio Amore eingezogen.

Das Fünf-Sterne-Haus versinkt nicht im Dornröschenschlaf

Zumindest bis zur geplanten Wiedereröffnung des Hotels im Sommer 2025 – aber was ist in Sachen Bauen und Sanieren schon sicher? Jedenfalls sorgen nun die Gastronomen Janusch Munkwitz und Max Benzing mit Team dafür, dass das Fünf-Sterne-Haus nicht in den Dornröschenschlaf sinkt. Zunächst ist geplant, von Donnerstag bis Samstag die Bar zu öffnen – hinter der ehemaligen Rezeption und eben in der Lounge, wo es auch eine Kaffeebar geben soll. Dort schütteln und rühren am ersten Abend eine Barkeeperin und drei Barkeeper Drinks, schenken Bier und Wein aus. Die Karte ist übersichtlich: Zwei Spritz, sieben Cocktails von Negroni bis Kiew Mule zwischen zehn und dreizehn Euro, jeweils ebenso viele Spirits und „Bubbles“, also Sekt und Co., dazu Wein, Bier (für vier Euro), einige Non-Alkoholika, darunter Rhabarber-Limo und Ice Tea Peach.

„Finde ich okay, man braucht nicht viel, schon gar keine seitenlange Auswahl“, sagt Christoph, der sich mit Mike und Benedikt in die Ecken der dunkelbraunen Sofas an den Fenstern Richtung Schlossgarten gekuschelt hat. Erfahren haben die Millennials vom Studio Amore über Social Media. „Die Preise sind im Rahmen, Stuttgarter Preise halt“, sagt Benedikt, während Mike betont: „Solche Pop-up-Geschichten sind klasse, nachhaltig, zumal sie die Einrichtung behalten haben.“

Der Charme der 1960er ist erhalten

1962 wurde die Luxusherberge erbaut. Und der Charme der 1960er-Jahre – Kettenvorhänge, puristische Lampen, Schokoladentöne, Holzvertäfelungen, Metallelemente, Marmortischchen – ist allgegenwärtig wie in frühen James-Bond-Filmen. Fast erwartet man, dass Sean Connery – zum Smooth Jazz – in maßgeschneidertem Anzug an der Bar in schottisch angehauchtem Agentenenglisch „shaken, not stirred“ ordert.

Ins Crankos einstiger Ecke stehen die Turntables

Einen Kontrast dazu bilden die Stühle im Thonet-Stil an Bistrotischchen sowie die neue silberne Discokugel, die einen Schuss 1970er dazu mixt. Darunter, wo früher Lounge-Sessel standen, ist nun Platz zum Tanzen. In Crankos einstiger Ecke macht sich auf einem Raumteiler an den Turntables hinter schmalen warm-orange-gelben Lichtquadern DJ Floppy Disk zu schaffen. Daneben – keine Fata Morgana – ist dann auch ein Tanzstar auszumachen: Choreograf Louis Stiens.

So kreative Lösungen sollte es öfter geben

Mittlerweile füllen sich Polster und Stühle mit Gästen quer durch die Generationen, relaxt gekleidet. Entspannt und gut gelaunt ist auch die Stimmung, gepaart mit einer Prise Neugier. „Mein Sohn studiert in Stuttgart, er hat mich hierher geführt“, sagt ein Münchner. „Gefällt mir!“ Der Junior nickt, just zwei Flaschen Bier auf den Couchtisch stellend. „Komme wieder.“ Auf jeden Fall wiederkommen wollen Caro, Christof und Sabine, die gegenüber frisch gezapftes Pilz genießen. Caro goutiert die Atmosphäre. „Solche kreativen Zwischennutzungen sollte es öfter geben, das ist mit so viel Geschichte und Erinnerungen verbunden“, da sind sich Grafikerin Sabine und Verlagschef Christof einig. „Der Retrolook ist großartig und auch der vieldeutige Name.“ Wie der entstand? Laut den Machern des Projekts „aus Liebe zur Stadt und zu dem speziellen Ort.“