Kapitänin Mosbach und Schiffsarzt Leonhard Foto: dpa/Jens Kalaene

In der sechsteiligen RTL-Dramaserie „Der Schiffsarzt“ sucht ein Mann an Bord eines Kreuzfahrtschiffes nach Spuren seiner verschwundenen Frau.

Seltsam, dass zuvor kein anderer diese Idee hatte. Gerade die ARD-Tochter Degeto lässt ihre Helferinnen mit Herz an allen nur denkbaren Orten agieren; aber auf ein Kreuzfahrtschiff ist noch niemand gekommen. Natürlich ist der Schauplatz nicht neu, das ZDF lädt sein Publikum seit gefühlten Äonen auf entsprechende Fernwehausflüge ein („Das Traumschiff“, „Kreuzfahrt ins Glück“). Trotzdem richtet sich „Der Schiffsarzt“ an ein etwas anderes Publikum.

Die „Eifelpraxis“-Schöpferin Brigitte Müller, die auch als Produzentin an der sechsteiligen Serie beteiligt ist, hat überdies Rahmenbedingungen geschaffen, die die üblichen medizinischen Herausforderungen in einen fesselnden Zusammenhang betten: Eric Leonhard (Moritz Otto), ein Arzt, vermisst seine Frau. Sarah (Sylta Fee Wegmann) ist vor knapp einem Jahr spurlos verschwunden, wie Rückblenden offenbaren; sie war im sechsten Monat schwanger. Weil die Polizei nicht weiterkommt, hat Eric einen Privatdetektiv beauftragt. Dem Mann ist ein Foto zugespielt worden, das erst vor wenigen Wochen aufgenommen worden ist und zweifelsfrei Sarah zeigt: auf einem Kreuzfahrtschiff. Also heuert Eric als Bordarzt an – und damit beginnt die Serie.

Clever kombinieren die Drehbücher fortan die jeweiligen Episodenhandlungen mit den Ermittlungen. Wie in allen „Medicals“ sind die in sich abgeschlossenen Geschichten interessant, zumal sie stets eine dramatische Komponente haben. Spannender ist dennoch die Suche des Arztes nach Spuren, die seine Frau auf dem Schiff hinterlassen hat. Da er nicht weiß, wem er trauen kann, ist er weitgehend auf sich allein gestellt. Immerhin weiht er Krankenschwester Emma (Eva Löser) ein. Wie in einer klassischen Arztgeschichte ist die junge Frau ziemlich in ihren attraktiven Chef verliebt, und weil die schöne Kapitänin Henriette Mosbach (Anna Puck) ebenfalls recht angetan vom schmucken Doktor ist, stünde der Dreiecksgeschichte nichts mehr im Wege; aber selbstredend hat Eric bloß Sarah im Kopf. Der Reiz der personellen Konstellation liegt zudem in der Doppelbödigkeit, denn abgesehen von der loyalen Emma haben die zentralen Rollen allesamt mindestens ein zweites Handlungsmotiv: Henriette spürt, dass der neue Bordarzt etwas verheimlicht, und setzt ihren Sicherheitschef Pablo Ruiz auf den Doktor an. Und dann ist da noch Barmann Joshua (Frédéric Brossier), der gern mehr wäre als nur Henriettes Freund.

Kaum bekannt, aber oft markant besetzt sind auch die Episodengäste. Eine weitere Hauptrolle spielt selbstredend das luxuriöse Schiff; Regisseur Oliver Liliensiek und Kameramann Jochen Braune haben dafür gesorgt, dass der Touristikkonzern sein Entgegenkommen nicht zu bereuen brauchte. Immerhin ist bei den Rundflügen über die imposante schwimmende Kleinstadt wie auch bei den Ausflügen in spanische Gefilde auf schmalzige „Traumschiff“-Musik verzichtet worden. Liliensiek hat zuletzt mehrere Filme für die ausgezeichnete ARD-Freitagsreihe „Käthe und ich“ gedreht. An deren Relevanz reicht „Der Schiffsarzt“ zwar nicht heran, aber für Medical-Fans ist die Serie durchaus empfehlenswert. Als Eric schließlich bereit ist, sich in sein Schicksal zu ergeben, schürt Henriette mit kriminalistischem Scharfsinn die Neugier auf die Fortsetzung. Ob es die geben wird, steht noch nicht fest.

RTL zeigt an diesem Dienstag (20.15 Uhr) und am 27. September jeweils drei Folgen.