Gerade im Frühjahr und Sommer herrscht bei den Fahrschulen Hochbetrieb. Doch so mancher Schüler muss nach wie vor lange auf einen Termin warten. Foto: dpa - dpa

Im vergangenen Jahr hat es großen Ärger bei vielen Fahrschulen im Land gegeben. Schüler mussten teils monatelang auf Prüfungstermine warten. Nun gibt es neuen Ärger.

StuttgartDie Geschichte ist kurios. Und für die Betroffenen ärgerlich zugleich. „Innerhalb von zwei Wochen ist bei unserer Fahrschule zum zweiten Mal hintereinander ein fest zugesagter praktischer Fahrprüfungstermin vom Tüv-Büro storniert worden“, sagt ein Stuttgarter Fahrlehrer. Elf Schüler und vier Fahrlehrer seien davon betroffen gewesen. Und das nur einen Tag vor dem Termin. Mit der Begründung, der eingeteilte Tüv-Prüfer sei krank und man habe keinen Ersatz. So etwas kann vorkommen. Doch dann erlebt der Fahrlehrer eine Überraschung. „Der angekündigte Prüfer war allerdings nicht krank“, sagt der Fahrlehrer. Er habe ihn am Prüfungsstartplatz „bei bester Gesundheit“ gesehen, als er bei einer konkurrierenden Fahrschule die Prüfungen abgenommen habe. „Unsere Kundschaft war nicht erfreut, unser Betriebsablauf erheblich gestört“, kritisiert der Fahrlehrer. Er vermutet, dass es beim Tüv in Stuttgart und darüber hinaus nach wie vor erhebliche Probleme und organisatorische Fehler bei der Abnahme der Fahrprüfungen gibt. All das hat er auch in einem Beschwerdeschreiben dem Regierungspräsidium mitgeteilt – verbunden mit der Bitte, sich um das Problem zu kümmern.

Ganz von ungefähr kommt der Verdacht nicht. Im vergangenen Sommer hat große Aufregung bei vielen Fahrschulen im Land geherrscht. Der Tüv Süd, der in Baden-Württemberg für die Prüfungen zuständig ist, hatte Probleme. Oft mussten Schüler monatelang auf ihren Prüfungstermin warten. Grund war laut Tüv die Einführung einer neuen Software. Die Wellen schlugen so hoch, dass sich auch das Verkehrsministerium einschaltete. „Wir erwarten eine rasche Rückkehr zu einem geregelten Geschäftsablauf“, sagte Uwe Lahl, der Amtschef im Ministerium. Geregelt bedeutet in diesem Fall: Der Vorlauf darf höchstens vier Wochen betragen. Der Tüv sicherte zu, die Probleme bis Ende September zu beseitigen.

Ganz so schnell ist es dann wohl doch nicht gegangen. „Die anfänglichen Probleme bei der Einführung einer neuen Software zur Organisation und Abwicklung von Fahrerlaubnisprüfungen in einigen Niederlassungen in Baden-Württemberg sind behoben“, sagt Thomas Oberst, Sprecher des Tüv Süd in München. Allerdings, räumt er ein, gelten die „eingeführten Fristen, die seit August 2018 vorübergehend ausgesetzt waren“, erst wieder seit 15. April. Es komme trotz der hohen Anzahl an Fahrerlaubnisprüfungen, die abgenommen werden, nur in ganz seltenen Fällen zu einer zeitlichen Verschiebung. Aus der jüngeren Vergangenheit seien nur zwei Fälle bekannt, in denen das wegen Krankheit der Fall gewesen sei.

Allerdings ist auch beim Verkehrsministerium bekannt, dass es noch nicht überall rund läuft. „In Stuttgart kommt es noch vereinzelt zu Problemen, die jedoch nicht auf die Software zurückzuführen sind“, sagt Sprecher Edgar Neumann. Mit der sei inzwischen alles geregelt. Die Technische Prüfstelle des Tüv Süd habe die vereinbarten Maßnahmen umgesetzt und arbeite „weiterhin an einer Optimierung der Prozesse und der Software“. Die Prüfungssituation habe sich auch durch eine deutliche personelle Verstärkung beruhigt. „Der Stau an Prüfplätzen konnte zeitnah behoben und somit eine termingerechte Abarbeitung sichergestellt werden“, sagt Neumann.

Beim Fahrlehrerverband Baden-Württemberg ist man skeptisch. „Das große Softwareproblem scheint der Tüv im Griff zu haben“, sagt der Vorsitzende Jochen Klima. Allerdings hake es bei der Software generell an diversen Stellen. Auch er hat die Beschwerden aus Stuttgart gehört und an den Tüv geschrieben – mit der Frage, ob es bei den Prüfungsterminen wohl Fahrschulen zweiter Klasse gebe. Er hofft, dass es sich wirklich um Einzelfälle handelt, denn den Fahrschulen steht jetzt die heißeste Zeit des Jahres ins Haus. „Es gibt viele Feiertage, die Motorradfahrer sind auf der Straße und dann wollen alle vor den Sommerferien fertig werden. Da muss der Tüv beweisen, dass er die Lage im Griff hat“, betont Klima.

Dass es in Stuttgart immer noch Probleme mit der Online-Terminbuchung gibt, bestätigt eine weitere Fahrschule. Das betreffe auch Wiederholungsprüfungen für Leute, die bei der Praxis durchgefallen sind. Die dürfen normalerweise nach zwei Wochen noch mal antreten. „Das dauert hier aber oft viel länger, bis das Prozedere abgeschlossen ist“, sagt ein Fahrlehrer. Immerhin: Wenn es so weit war, dann ist der zugeteilte Prüfer bei ihm in jüngster Zeit wenigstens auch erschienen.