Laut den Elternvertretern wird mit dem neuen Gebührenmodell für die Kinderbetreuung in Ostfildern die Hälfte der Eltern unverhältnismäßig zur Kasse gebeten. Die Stadt spekuliere auf „massive Mehreinnahmen auf Kosten der Eltern“ lautet der Vorwurf.
Der Gesamtelternbeirat (GEB) der Ostfilderner Kitas wehrt sich gegen die neue Gebührenordnung, die unlängst vom Gemeinderat einstimmig beschlossen wurde. „Wir sehen in dem Modell eine verdeckte Gebührenerhöhung“, teilt Claudia Kirbach-Firlej vom GEB-Vorstand unserer Zeitung mit. Über die Hälfte der Eltern bezahle heute Gebühren entsprechend der höchsten der einkommensabhängigen Stufen. Sie gilt derzeit ab einem elterlichen Jahreseinkommen von 95 000 Euro. Mit Beginn des kommenden Jahres wird die Tabelle von neun um drei weitere auf zwölf Stufen nach oben erweitert. Ab 110 000 Euro Jahreseinkommen erhöhen sich dann die Gebühren. Der GEB geht davon aus, dass „potenziell bis zur Hälfte“ der Eltern davon betroffen sein werden.
Wie die Stadtverwaltung auf Anfrage mitteilt, sind derzeit tatsächlich über die Hälfte der Kita-Eltern in der höchsten Gebührenklasse eingestuft. Man wisse aber nicht, sagt Stadtsprecherin Tanja Eisbrenner, wie viele der Eltern wie hoch über der Schwelle von derzeit 95 000 Euro liegen. Und man wisse auch nicht, wie viele der Höchsteingestuften tatsächlich so viel oder mehr verdienen, denn: „Wenn kein Antrag auf eine niedrigere Einstufung gestellt wird, wird automatisch die Höchststufe berechnet.“ Wegen dieser Unsicherheitsfaktoren könne die Stadt im Moment noch nicht abschätzen, wie viele Eltern im neuen Jahr mehr bezahlen müssen.
„Kriterium sozialer Gerechtigkeit erfüllt“
Die Stadtverwaltung beruft sich mit dem neuen Gebührenmodell, das unterhalb der 110 000-Euro-Grenze Entlastungen vorsieht, auf soziale Gerechtigkeit. Auch Claudia Kirbach-Firlej vom GEB-Vorstand räumt ein, dass dieses Kriterium erfüllt werde. In einer Stellungnahme des GEB, die von der Stadt vor der Gemeinderatsentscheidung angefordert wurde, heißt es jedoch: Die Erhöhung um bis zu 60 Euro pro Monat oberhalb jener Einkommensgrenze sei unverhältnismäßig, zumal die Entlastung unterhalb der Grenze wesentlich geringer ausfalle. Den Mehrkosten für die Eltern stehe auch keinerlei Verbesserung des Betreuungsangebots gegenüber. Im Gegenteil würden „dramatische Öffnungszeitenverkürzungen“ manche Eltern an den Rand ihrer beruflichen Existenz bringen.
Der GEB fordert eine Beibehaltung der neun Einkommensstufen, die allerdings wegen der Inflation seit 2016 von insgesamt 24 Prozent entsprechend angehoben werden müssten. Die unterste Einkommensstufe reichte dann bis jährlich 31 000 statt, wie bisher, 25 000 Euro, die oberste begänne erst bei 117 800 statt 95 000 Euro. Die Gebühren selbst sollten gleich bleiben. Der Stadt würden also Mindereinnahmen entstehen.
Stadt: Nur geringfügige Änderungen beim Kostendeckungsgrad
Dagegen spekuliere die Stadt, so Kirbach-Firlej, mit dem beschlossenen Modell auf „massive Mehreinnahmen auf Kosten der Eltern“. In der Tat bestätigt Stadtsprecherin Eisbrenner, man gehe davon aus, dass „insgesamt Mehreinnahmen verzeichnet werden können“; gesichert aber offenbar nur bei der Schulkindbetreuung. In den Bereichen Krippe (unter Dreijährige) und Kindergarten (über Dreijährige) seien, so Eisbrenner, aufgrund der Entlastung der unteren Einkommensstufen auch geringere Einnahmen möglich. Beziffern kann oder will man bei der Stadt die Mehreinnahmen nicht. Man rechne jedoch mit einer „nur geringfügigen Veränderung des Kostendeckungsgrads“, sagt Eisbrenner. Aktuell würden in der Krippe 8,1 Prozent, in der Kita 11,5 Prozent und in der Schulkindbetreuung 19 Prozent der Kosten durch Gebühren der Eltern gedeckt.