Das Land will Diskotheken nur bei einem Gast pro zehn Quadratmeter öffnen – dazu nur, wenn die Inzidenz unter zehn liegt. Foto: dpa/Sophia Kembowski

Nur ein Gast auf zehn Quadratmeter? Was das Land für Clubs und Diskotheken bei Inzidenzen unter zehn vorsieht, ist für Stuttgarter Nachtwirte eine „Farce“. Das Club Kollektiv wirft der Politik „Ungleichbehandlung“ vor und erklärt: „Uns reicht’s!“

Stuttgart - Wenigstens tauchen Diskotheken und Club nun erstmals auf in den neuen Corona-Richtlinien des Landes Baden-Württemberg, die von diesem Montag an gelten – aber wie? „Aus der Verordnung spricht eine große Unwissenheit über die reale Situation der Betriebe“, klagt Tobias Rückle für das Club Kollektiv, den Interessenverband der Stuttgarter Clubbetreiber. Die Gastronomen der Nacht sind im höchsten Maße verärgert und schließen rechtliche Schritte dagegen nicht aus.

„Andere dürfen wieder, aber das Nachleben soll die Füße stillhalten“

„Uns reicht es!“, erklären Vertreterinnen und Vertreter der Nachtkultur in einer gemeinsamen Presseerklärung. Noch immer habe das Land den Clubs und Diskotheken keine Öffnungsperspektive vorgelegt. „Die Richtlinie von einer Person auf zehn Quadratmeter unter dem Vorbehalt der Ergebnisse von nicht genauer definierten Modellversuchen ist eine Farce für die gesamte Branche“, erklärt Rückle und kritisiert: „Gleichzeitig werden andere Einschränkungen sehr rasch aufgehoben, nur das Nachtleben soll weiterhin brav die Füße stillhalten.“ Diese „Ungleichbehandlung“ sei nicht mehr zu rechtfertigen. „Seit mittlerweile 15 Monaten werden die wechselnden Maßnahmen umgesetzt, und Alternativkonzepte etwa für Freiflächen erarbeitet“, heißt es in der Presseerklärung, „diese sind auch für die Sicherheitssituation in unserer Stadt immens wichtig.“ Unter diesen Umständen müsse die weitere Planung hinterfragt werden.

„Feiern werden in den illegalen Bereich verlagert“

Das Club Kollektiv fordert „eine schnelle Überarbeitung dieses Bereichs der Landesverordnung unter der Einbeziehung der Expertise der Nachtkultur!“ Die Vertretungsverband der Club hat „volles Verständnis für den 3G-Nachweis“. Eine Kapazitätsbeschränkung sollte aber aber prozentual und nicht über Quadratmeter erfolgen. „Auch die Frage, ob Tanzbetrieb erlaubt ist, bleibt weiterhin unklar“, sagt Rückle. Die neue Landesverordnung sorge dafür, „dass Feiern in den unkontrollierten illegalen und privaten Bereich“ verlagert würden und sei gekennzeichnet von einem „großes Misstrauen gegenüber einer ganzen Branche.“ Politiker sollen erkennen, dass Nachtkultur in den Clubs und Diskotheken „Teil der Lösung“ seien nun nicht das Problem.

Wie das Gesundheitsministerium auf die scharfe Kritik reagiert

Zu der heftigen Kritik des Club Kollektivs erklärt Claudia Krüger, Pressesprecherin von Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne), auf Anfrage unserer Redaktion: „Leider gehören Clubs und Diskotheken zu den Lebensbereichen, in denen Infektionen am wahrscheinlichsten sind: Innenräume, wenig Abstand, tanzendes Publikum, feucht-fröhliche Atmosphäre. Hier haben die Aerosole leichtes Spiel, anders als in einem Biergarten unter freiem Himmel. Deshalb sind hier besonders gute Hygienekonzepte vonnöten.“ Vor diesem Hintergrund sei, da die Pandemie noch nicht vorbei ist, der Betrieb von Clubs, Diskotheken und ähnlichen Einrichtungen momentan nur in Inzidenzstufe 1 und unter einer Flächenbegrenzung und einem kontrollierten Zugang möglich. „Wie in anderen Lebensbereichen hat die Landesregierung jedoch für die Clubs und Diskotheken ein Modellprojekt zur sicheren und vorsichtigen Öffnung aufgelegt“, erklärt Claudia Krüger, „die Ergebnisse könnten nach Abschluss der Projektdauer und der wissenschaftlichen Evaluierung Grundlage für weitere Erleichterungen sein - sofern die Ergebnisse vielversprechend und weitere Öffnungen verantwortbar sind.“