Lebend-Rekonstruktion von Melkamter pateko. Foto: Pedro Andrade

Sie waren die ersten aktiv fliegenden Wirbeltiere: Die Pterosaurier oder Flugsaurier. Wissenschaftler haben jetzt eine neue Art identifiziert, die zeigt, dass die wichtigste Untergruppe der Pterosaurier schon bis zu 15 Millionen Jahren früher entstand, als bisher angenommen.

Vor etwa 230 Millionen Jahren, fast 80 Millionen Jahre vor dem Ursprung der Vögel, eroberten die Flugsaurier den Himmel, als erste Gruppe aktiv fliegender Wirbeltiere. Die Flugsaurier entwickelten den aktiven Flatterflug mit Hilfe einer Flughaut, die hauptsächlich von dem stark verlängerten vierten Finger gespannt wurde.

Lange, schlanke Flügel und kurzer Schwanz

Im Laufe der Evolution der Flugsaurier wurde ihre Flugfähigkeit perfektioniert. Während die meisten frühen Formen noch relativ kurze Flügel und einen langen Schwanz besaßen, zeichnet sich die fortschrittliche Untergruppe der Pterodactyloidea durch lange, schlanke Flügel und einen kurzen Schwanz aus.

Die ältesten bisher bekannten Fossilien der Pterodactyloidea stammen aus der späten Jurazeit und sind etwa 160 Millionen Jahre alt. Foto: Imago/Blickwinkel

Zu dieser Gruppe gehören praktisch alle Flugsaurier der Kreidezeit und auch die größten jemals fliegenden Tiere, wie etwa Quetzalcoatlus, mit Spannweiten von 12 Meter oder mehr. Die ältesten bisher bekannten Fossilien der Pterodactyloidea stammen aus der späten Jurazeit und sind etwa 160 Millionen Jahre alt. Die meisten Flugsaurierfunde kommen dabei von der Nordhalbkugel, von den südlichen Kontinenten kennt man nur sehr wenige Fossilien.

Quetzalcoatlus ist eine Gattung von Flugsauriern (Pterosauria) aus der späten Oberkreide von Nordamerika (72 bis 66 mya). Als einer der größten bekannten Pterosaurier war er auch eines der größten flugfähigen Tiere der Erdgeschichte. Foto: Imago/Depositphotos
Fundort der Fossilien in der argentinischen Provinz Chubut. Foto: Oliver Rauhut, SNSB-BSPG

Alexandra Fernandes und Oliver Rauhut von der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie (SNSB-BSPG) haben nun eine neue 178 Millionen Jahre alte Flugsaurierart aus dem unteren Jura der Provinz Chubut in Argentinien beschrieben. Die Studie ist im Fachmagazin „Royal Society Open Science“ veröffentlicht.

Neue Spezies Melkamter pateko

Das Erstaunliche an dem Fund: Die neue Art Melkamter pateko zeigt bereits einige Merkmale der fortschrittlichen Pterodactyloiden, ist aber gut 15 Millionen Jahre älter als sein nächst-ältester, bisher bekannter Verwandter. Offenbar liegt der Ursprung dieser später so erfolgreichen Flugsauriergruppe deutlich weiter zurück, als man bisher angenommen hat.

Die neue Art Melkamter pateko zeigt bereits einige Merkmale der fortschrittlichen Pterodactyloiden, ist aber gut 15 Millionen Jahre älter als sein nächst-ältester, bisher bekannter Verwandter. Foto: Oliver Rauhut, SNSB-BSPG
Fossile Knochenfunde der neuen Spezies. Foto: Oliver Rauhut, SNSB-BSPG
Der Fundort des neuen Flugsauriers in küstenfernen Gesteinen und seine Anpassung an nicht-aquatische Beute unterstützt eine kürzlich aufgestellte Hypothese, dass die Pterodactyloiden in solchen Lebensräumen ihren Ursprung haben. Foto: Oliver Rauhut, SNSB-BSPG

Auch der Fundort von Melkamter ist bemerkenswert. Der Fund stammt aus kontinentalen Ablagerungen – offenbar lebte dieser Flugsaurier weit entfernt von der nächsten Meerküste. Die meisten bisher bekannten jurassischen Flugsaurierfossilien stammen aus marinen Gesteinen.

Fundstelle von Melkamter pateko (re.) in der argentinischen Provinz Chubut. Foto: Oliver Rauhut, SNSB-BSPG

Melkamter war Insektenfresser

Sie lebten nahe der Küste, wo sie sich überwiegend von Fischen und anderen Meerestieren ernährten. Die Nahrung von Melkamter dagegen bestand wohl hauptsächlich aus Insekten. Der Fundort des neuen Flugsauriers in küstenfernen Gesteinen und seine Anpassung an nicht-aquatische Beute unterstützt eine kürzlich aufgestellte Hypothese, dass die Pterodactyloiden in solchen Lebensräumen ihren Ursprung haben.

„Möglicherweise war eine frühe Spezialisierung auf hochmobile Beutetiere wie flugfähige Insekten mitverantwortlich für den evolutionären Erfolg der Pterodactyloiden. Dieser Fund zeigt nicht nur, wie wenig wir immer noch über die Flugsaurier der südlichen Halbkugel wissen, sondern auch das große Potential der südlichen Kontinente, um unser Verständnis der Evolution dieser Tiergruppe zu verbessern“, sagt Alexandra Fernandes.

Fliegende Reptilien

Darstellung eines Flugsauriers Pteranodon von Heinrich Harder (1858-1935) aus dem Jahr 1916. Foto: Foto: The Wonderful Paleo Art of Heinrich Harder

Der Beginn des Fliegens ist ein Schlüsselmoment in der Evolution im Tierreich. Flugsaurier (Pterosauria) lebten nach Angaben des Naturkundemuseums in Berlin von vor 200 Millionen bis vor 65 Millionen Jahren. In der Jura-Zeit waren die fliegenden Reptilien eher klein, in der Kreidezeit erreichten sie enorme Größen mit teils zehn Metern Flügelspannweite.

Schon die frühesten Flugsaurier hatten vor etwa 219 Millionen Jahren aufgrund ihrer Flugfähigkeit eine stark spezialisierte Anatomie, die sie von anderen Reptilien jener Zeit unterscheidet.