Der Film erzählt sehr schön, wie Nicks heile Welt geschaffen wurde. Foto: Leonine

Besser als in „Der kleine Nick erzählt vom Glück“ kann man die klassischen Erzählungen um einen Knirps in Paris nicht fürs Kino adaptieren.

Was braucht ein Kind schon, um glücklich zu sein? Die Liebe der Eltern, ein paar gute Freunde, Lehrer, die zuhören und auch mal streng sind. Ein bisschen Spielzeug und eine Wiese zum Toben. Der kleine Nick hat all das und ist deswegen auch ein enorm zufriedener Knirps, der alles „prima!“ findet. Zu verdanken hat er sein beinahe idyllisches Leben aber nicht bloß seiner Mama und seinem Papa, sondern seinen wahren Schöpfern, dem Zeichner Jean-Jacques Sempé und dem Autor René Goscinny.

Die entwickelten die alltäglichen Abenteuer des kleinen Nick im Nachkriegs-Paris, das Sempé ab den 1960er Jahren mit filigranem Strich und in hellen Farben als romantisches Idealbild der in der Realität lauten und pulsierenden Metropole in den Kinderbüchern verewigte. Die aus der Kooperation von Sempé und Goscinny entstandenen Geschichten haben seither einige Generationen begeistert, drei Spielfilme sowie eine Animationsserie brachten den Figurenkosmos um den kleinen Nick auch ins Kino und Fernsehen. Besonders gelungen und auch für inzwischen erwachsene Fans interessant ist aber die neue Adaption des Stoffs im Animationsfilm „Der kleine Nick erzählt vom Glück“ des Filmemacherduos Amandine Fredon und Benjamin Massoubre. Die erzählen nicht bloß ein Abenteuer des quirligen Dreikäsehochs nach, sondern schildern die Hintergründe seiner Entstehung und mischen dabei virtuos Elemente der fiktiven Welten von Sempé und Goscinny mit deren bewegten, teils traurigen Biografien.

Keine Bilderbuchkindheit

Denn anders als ihr meist quietschvergnügter Protagonist erlebten die beiden Männer selbst keine Bilderbuchkindheiten. Sempé erfährt Armut, Gewalt und Alkoholismus in seiner Familie, aber auch die Fürsorge seines Großvaters. Glück findet Sempé auch in der Musik von Jazzgrößen wie Duke Ellington. Eine Leidenschaft, die ihn bis zu seinem Tod mit fast neunzig Jahren im vergangenen August nicht loslässt.

Goscinny, der bereits 1977 an einem Herzinfarkt verstarb, berichtet in Dialogen mit dem kleinen Nick von seinen Erlebnissen während der Nazidiktatur, vom Verlust von Verwandten, die deportiert wurden, seiner Übersiedelung in die USA und dem Traum, für Walt Disney zu arbeiten. Glück widerfährt ihm aber im Austausch mit anderen Künstlern, die ihn fördern, und in Freundschaften, etwa mit Sempé.

Amandine Fredon und Benjamin Massoubre halten sich nah an Sempés und Goscinnys Vorstellung von der Welt des kleinen Nick und übertragen Sempés Zeichenstil werktreu in den filmischen Raum. Die teils düsteren Aspekte der Biografien Sempés und Goscinnys werden dabei nicht überbetont und sind geschickt mit den heiteren Alltagsszenen aus dem Leben des kleinen Nick verwoben.

Im Dialog mit seinen Schöpfern lernt der Kleine, dass nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen sein kann, Glück aber trotzdem möglich ist. Und die Fans des kleinen Nick erfahren, warum er Sempé und Goscinny so geraten ist, wie man ihn heute kennt: als fröhlichen und unbekümmerten Widerständler gegen alles, was Menschen traurig und mutlos machen kann.

Der kleine Nick erzählt vom Glück. Animationsfilm. Frankreich, Luxemburg 2022. Regie: Amandine Fredon, Benjamin Massoubre. 82 Minuten. Ohne Altersbeschränkung