Verteidigungsminister Pistorius will der Ukraine schnell mehr Waffen liefern, hält aber nicht von der Diskussion um Kampfjets. Foto: dpa/Olivier Matthys

Bei einem Nato-Treffen zeigt Verteidigungsminister Pistorius, dass Deutschland eine gewichtigere Rolle in dem Bündnis übernehmen will.

Boris Pistorius präsentiert Deutschland von einer neuen Seite. Knapp drei Wochen ist der Verteidigungsminister erst im Amt, doch bei dem Nato-Treffen in Brüssel vertritt er sich und sein Land mit großem Selbstbewusstsein. Berlin möchte sich von seinen Partnern offensichtlich nicht länger Zögerlichkeit in Sachen Verteidigung und Unterstützung der Ukraine vorwerfen lassen.

In dieses Bild passt, dass Pistorius knapp ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Nato-Staaten dazu aufgerufen hat, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Es werde künftig nicht genügen, bis zu zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben, betonte der SPD-Politiker am Mittwoch am Rande des Verteidigungsministertreffens. Um für die Aufgaben der Zukunft gerüstet zu sein, müsse das Zwei-Prozent-Ziel „die Basis für alles Weitere“ sein.

Deutschland kontert die Kritik

Vor allem das wirtschaftlich starke Deutschland steht seit Jahren in der Kritik, zu wenig Geld in das eigene Militär zu investieren. Zuletzt verfehlte Berlin die Marke deutlich. Nach Nato-Informationen erreichte die Bundesrepublik 1,5 Prozent des BIP - trotz des geplanten Sondervermögens für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro. Die werden nach Angaben einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) voraussichtlich erst 2024 und 2025 zu Buche schlagen.

Neue Töne gab es von Boris Pistorius auch wegen der schleppende verlaufenden Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine. Bisher wurde dafür vor allem Deutschland kritisiert. In Brüssel konterte der Verteidigungsminister, dass nun jene Länder, die Druck auf Berlin gemacht hätten, selbst Lieferprobleme haben. Bislang haben neben Deutschland nur Portugal, Norwegen und Polen konkrete Zusagen gemacht. Wobei es im Fall von Polen offenbar noch viele Fragen gibt, ob die Panzer überhaupt einsatzbereit sind.

Neue Luftverteidigung für Europa

Als Reaktion auf den Überfall Russlands auf die Ukraine schließen sich Schweden und Dänemark der deutschen Initiative für eine gemeinsame europäische Luftverteidigung an. Verteidigungsminister Pistorius sagte, dass die Länder eine entsprechende Erklärung unterzeichnen würden. Dies sei ein „wichtiger Schritt zu mehr kollektiver Sicherheit“. Nun nehmen 17 Länder an der „European Sky Shield Initiative“ (ESSI) teil. Ziel des Schutzschirms ist es, Lücken bei der Luftverteidigung zu schließen. In den von Deutschland angeregten Abwehrschirm sollen unterschiedliche Systeme eingebunden werden, die zur Abwehr von Mittel- und Langstreckenraketen oder auch bewaffneten Drohnen geeignet sind.

Kleine Enttäuschung in Kiew

Mit einer kleinen Enttäuschung endet das Treffen für die Vertreter der Ukraine. Sie konnten ihren Partnern in Brüssel keine nennenswerten zusätzlichen Zusagen abringen. Zufrieden zeigten sie sich über die Versprechen, mehr und schneller Munition zu liefern. Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow, der an den Gesprächen im Nato-Hauptquartier teilnahm, hatte vor dem Treffen eine rasche Stärkung der „Panzer-Koalition“ angemahnt.

Sein Land wird vorerst aber nicht die von Deutschland in Aussicht gestellte Menge an Kampfpanzern erhalten. Nach Angaben von Pistorius sind am Mittwoch keine neuen Zusagen für Panzer vom Typ Leopard 2A6 gemacht worden. Demnach wollen nur Deutschland und Portugal dieses Modell liefern. „Da werden wir die Bataillonsstärke nicht erreichen“, räumte Pistorius ein. Die Bundesregierung hatte am 25. Januar das Ziel ausgegeben, „rasch zwei Panzer-Bataillone mit Leopard-2-Panzern für die Ukraine zusammenzustellen“.

Auch die von Kiew immer wieder geforderten Kampfjets wird es nicht geben. Pistorius machte deutlich, dass er von den Diskussionen um die Lieferung von Kampfjets sehr wenig hält. Und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte nach dem Treffen in Brüssel trocken: „Ankündigungen zu Flugzeugen habe ich heute nicht.“