Großer Andrang auf billiges Brot in Ägypten Foto: dpa/Khaled El Fiqi

Der Nahe Osten steuert unmittelbar vor dem Fastenmonat auf eine Lebensmittelknappheit zu. Das könnte dramatische Folgen haben.

Der Fastenmonat Ramadan wird im Nahen Osten normalerweise mit abendlichen Festmählern gefeiert – doch diesmal steht Millionen Menschen ein karges Fest bevor. Kurz vor Beginn des heiligen islamischen Monats kommende Woche treiben der Ukraine-Krieg und ein ungewöhnlich trockener Winter die Preise für Brot und Speiseöl hoch. Für Regierungen von Tunis bis Beirut ist das ein Alarmzeichen: Versorgungsmängel bei Grundnahrungsmitteln führten in der Vergangenheit zu politischen Erschütterungen, etwa in Syrien. Dort trieb eine Trockenheit zwischen 2006 und 2009 rund 1,5 Millionen Menschen vom Land in die Städte; die Massenmigration wurde später zu einer Triebfeder für den Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad.

Lange Schlangen für subventioniertes Brot

Auch in diesem Jahr ist es in vielen Gegenden des Nahen Ostens sehr trocken. Wie Experten berichten, fiel in Marokko, Algerien sowie in Teilen Tunesiens und Libyens viel weniger Regen als in normalen Wintern. Zusätzliche Importe, um Ernteausfälle auszugleichen, sind wegen des Ukraine-Krieges extrem teuer. Die Ukraine und Russland sind die wichtigsten Weizenlieferanten für den Nahen Osten. Seit Beginn des russischen Überfalls sind die Lieferungen unterbrochen – die Weltmarktpreise stiegen zeitweise um mehr als die Hälfte. Auch die Versorgung mit Sonnenblumenöl, das von Millionen Menschen im Nahen Osten zum Kochen verwendet wird, ist betroffen.

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Im Bürgerkriegsland Syrien werden Weizen, Zucker und Speiseöl bereits rationiert. Die Hilfsorganisation Oxfam berichtet, in der Umgebung von Damaskus müssten die Menschen stundenlang für subventioniertes Brot anstehen. Die „Washington Post“ zitierte eine Syrerin mit den Worten, ihr Mann habe einen Behälter Sonnenblumenöl aus dem Libanon ins Land schmuggeln können. „Den hebe ich mir für Ramadan auf.“

Der Libanon bittet um Hilfe

Im Libanon schossen die Brotpreise laut Medienberichten seit dem Beginn des Ukraine-Krieges um 70 Prozent nach oben. Weil die Explosionskatastrophe im Hafen von Beirut im Sommer 2020 auch Getreidesilos zerstörte, hat der Libanon kaum Möglichkeiten, Getreide zu lagern. Das Wirtschaftsministerium teilte Anfang März mit, die Vorräte reichten nur für anderthalb Monate. In Ägypten braucht der Staat immer mehr Geld, um Brot erschwinglich zu halten. Rund 70 Millionen der 100 Millionen Ägypter essen staatlich subventioniertes Brot.

Die betroffenen Länder wenden sich jetzt an das Ausland. Ägypten beantragt Geld vom Internationalen Währungsfonds, während die bankrotte libanesische Regierung den Westen bittet, monatlich Getreide für rund 18 Millionen Euro kaufen.