Diese Kundgebung am 9. Oktober in Stuttgart ist vom Palästina Komitee organisiert worden. Foto: Christoph Schmidt/dpa/Christoph Schmidt

Das Forum der Kulturen war als Dachverband der Stuttgarter Migrantenvereine unter Druck geraten. Verschiedene Stadträte hatten Reaktionen auf eine Kundgebung des Palästina Komitees gefordert. Nun hat das Forum reagiert.

Solche Angriffe hatte das Forum der Kulturen in seiner 25 Jahre währenden Geschichte noch nicht erlebt. Gemeinhin prasselt viel Lob über das Forum herein, der Dachverband der Migrantenvereine gilt als Vorreiter der Integration, als Sachverwalter einer liberalen Stadtkultur. Doch zuletzt hatten sowohl die Stadträte der CDU als auch der FDP das Forum kritisiert, gefordert palästinensischen Mitgliedsvereinen die Mitgliedschaft zu entziehen, gar gedroht, die städtische Förderung einzustellen.

Gestalten die Stadtgesellschaft

Nun antwortet das Forum der Kulturen. Und beginnt mit einer Selbstverständlichkeit: Man verurteile Gewalt und Terror jeglicher Art! „40 Prozent der in Stuttgart lebenden Menschen haben enge Bezüge zu mehr als 170 Nationen, Stuttgarts Wirtschaft ist international eng verflochten, das Stuttgarter Stadtleben ist ohne engste internationale Bezüge nicht zu denken. Und so machen auch internationale Konflikte nicht Halt an der Stadtgrenze.“ In den Mitgliedsvereinen des Forums der Kulturen spiegele sich die breite Vielfalt unserer hochdiversen Stadtgesellschaft. „So sind unter dem Dach des Forums der Kulturen auch die unterschiedlichsten Positionen und Perspektiven vertreten. Vielfalt bedeutet auch Vielstimmigkeit. Diese auszuhalten ist eine der Herausforderungen unserer Einwanderungsgesellschaft.“ Dass es dem Forum der Kulturen bislang gelungen sei, all die vielen Unterschiedlichkeiten in einem gemeinsamen Verband zu vereinen, sei ein integrationspolitisch wertvolles Element friedlichen und fruchtbaren Zusammenlebens. „Denn bei aller Unterschiedlichkeit eint diese Vereine, dass sie aktiv an der Gestaltung des Stadtlebens arbeiten.“

Was geschieht nun?

Aber es gebe selbstverständlich auch Positionen, die man nicht dulde: „Hierzu gehören menschenverachtende, rassistische, antisemitistische und gewaltverherrlichende Positionen und Handlungen, die gegen die Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltfreiheit verstoßen. Die für alle unsere Mitgliedsvereine bindende Selbstverständniserklärung unterstreicht dies.“

Das Vereinsrecht verpflichtet das Forum jedoch, im Fall der Fälle dem jeweiligen Verein die Möglichkeit zu geben, Stellung zu nehmen und sich gegen entsprechende Vorwürfe zu wehren. „Entsprechend werden wir auch mit den Vorwürfen gegenüber dem Palästinakomitee e. V. verfahren und rasch das Gespräch suchen.“

Die CDU-Fraktion hatte das Forum der Kulturen gebeten, „dem palästinensischen Mitgliedsverein die Mitgliedschaft zu entziehen, wenn dieser sich nicht eindeutig von den Gewalttaten gegen Israel distanziert.“ Das Forum der Kulturen müsse schnell und kompromisslos reagieren.

Kein Generalverdacht

„Generell warnen wir vor einem Generalverdacht gegenüber Menschen und Vereinen, die allein aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Religion einen Bezug zu Regionen haben, in denen Gewalt, Terror oder Willkür herrscht“, schreibt das Forum. Und weiter: „Die Palästinenser sind bei Weitem keine homogene Gruppe und können nur aufgrund der Tatsache, dass sie Palästinenser sind, nicht für die Gewalttaten der Hamas verantwortlich gemacht werden.“ Genauso wenig seien „die“ Eritreer weder für das diktatorische Regime in Eritrea noch für die Ausschreitungen am Stuttgarter Römerkastell verantwortlich zu machen. Zu Recht gelte es als antisemitisch, wenn Juden oder Jüdinnen pauschal für Maßnahmen einer israelischen Regierung beschuldigt werden.

Vielfalt als Chance

Die große Vielfalt, die enorme Mehrstimmigkeit des Forums der Kulturen sei dessen wertvolles Potenzial und habe einen hohen Mehrwert für die Stadtgesellschaft und für das friedliche Zusammenleben in dieser Stadt. „Es birgt aber auch große Herausforderungen in sich, denen wir uns in einer zunehmend konfliktträchtigen Welt zunehmend werden stellen müssen – im grundsätzlichen Bemühen, Konflikte gewaltfrei und rechtsstaatlich auszutragen.“