Neuzeit trifft Mittelalter: Das Duo Spectaculatius hat die fünfte Saison in Esslingen musikalisch eröffnet. Foto: Roberto Bulgrin

Wenn Schultheiß Ottokar auf Oberbürgermeister Matthias Klopfer trifft und ein Alchemist die Zutaten für das adventliche Großereignis im Kessel zusammenrührt, dann ist Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt. Endlich. Nach zwei Jahren Pause ist er seit Dienstag wieder am Start.

Drei – zwei – eins – Absage! So hieß es im Vorjahr, als das vorweihnachtliche Großspektakel in letzter Minute abgepfiffen werden musste. Und im ersten Corona-Jahr 2020 ist der Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt schon Monate davor abgeblasen worden.

Umso erleichterter war Matthias Klopfer, als er am Dienstagnachmittag das erste Mal in seiner Funktion als Esslinger Oberbürgermeister nicht als Spaßverderber auftreten musste. Sondern dass er – symbolisch gesehen – die Uhren in der Stadt wieder um 600 Jahre zurückstellen konnte.

Herold Oswald stieß zum Auftakt des vierwöchigen Spektakels auf der neuen Rathausbühne in eine sehr, sehr lange Fanfare. Und der OB herzte mit warmen Worten das treue Marktvolk, das so lange und dürre Zeiten hinter sich hat. Unterstützung bekam er von seinem mittelalterlichen Kollegen, Schultheiß Ottokar, dessen Alchemist zusammen mit dem Publikum das alte Familienrezept für einen gelungenen Weihnachtsmarkt in einer Schale zusammenmischte. Darunter ein Becher für den Glühwein, eine Note für die Musik und ein Fleischhammer – fürs Handwerk. Eine explosive Mischung, die von Klopfer entzündet, sich erst als rotes Flammenmeer zeigte, um sich am Ende in ein Mini-Feuerwerk zu verwandeln. Schneekonfetti rieselten über die Bühne. Das Duo Spectaculatius blies den Dudelsack, und Feuerkünstler wie der jonglierende Fleapit oder Marco mit dem Doppelstab, umrahmt von Meike und Lidia mit Handflämmchen und Feuerfächern, tobten über die Bretter. Bevor dann das Mittelaltervölkchen mitsamt dem amtierenden OB und Pauken und Trompeten über den Markt zog. Und bei den Zuschauern wie bei den Akteuren war überall pure Freude, dass wieder gemeinsam gefeiert werden durfte.

Die Esslingen Markt und Event (EME) hat für die Besucherinnen und Besucher wieder ein umfangreiches Weihnachtspaket geschnürt. Und das, obwohl Petra Pfeiffer und ihrem Team sowie Marktarchitekt Jörg Schall kaum Zeit dafür blieb. Michael Metzler, Chef der Esslinger Stadtmarketing und Tourismus (EST) sowie der EME: „Richtige Planungssicherheit hatten wir ja erst seit ein paar Wochen.“

Die pandemiebedingte Pause hatte vor allem in der Mittelalter-Szene doch einige Marktleute niedergerungen, andere haben sich in den Ruhestand verabschiedet. „Wir freuen uns schon sehr darauf, dass es jetzt wieder losgeht. Und wir hoffen, dass wir einen Teil unserer Einbußen wieder ausgleichen können und uns unser tolles Publikum treu geblieben ist“, sagt Adrian Conradt, der seit rund 20 Jahren vom Helm bis zur Armbrust alles über die Theke reicht, was kleine Ritter und Ritterinnen, Burgfrauen und Burgmänner so brauchen.

So bringt es der Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt, flankiert von der Weihnachtsinsel beim Postmichel und dem Adventsmarkt in der Ritterstraße, in diesem Jahr nicht ganz auf seine 180 Stände. Doch selbst bei zwölf Buden weniger und zehn Prozent Fläche mehr werden sich die Gäste nicht im Nichts verlieren. In den Jahren vor der Pandemie hatten schließlich jedes Jahr rund eine Million Besucherinnen und Besucher die vorweihnachtliche Zeitreise ins Mittelalter angetreten. Zählt das mehrfach prämierte Esslinger Großevent vor der historischen Kulisse am Marktplatz, Rathausplatz und Hafenmarkt doch zu den Top Ten der attraktivsten Weihnachtsmärkte Deutschlands, woran OB Klopfer nochmals erinnerte.

Die Erlebniswelt mit Handwerkern, Gauklern und Musikanten wird sicher trotz Energiekrise für viel Qualm im Neuen Rathaus sorgen. Auf die Kinder wartet im Zwergenland dahinter wieder das kleinste Riesenrad der Welt, für Weihnachtsmarktfans ist der Marktplatz die richtige Adresse. Die Marktfläche wurde bis zur Stadtkirche erweitert. Drei Bühnen stehen fürs tägliche Kulturprogramm zur Verfügung. Neu im Gastro-Angebot sind unter anderem eine Knödeley, Strudelvarianten und Wuchteln.

Die Marktstände sind bis 22. Dezember sonntags bis donnerstags von 11 bis 20.30 Uhr geöffnet, freitags und samstags bis 21.30 Uhr.