Der verletzte Marco Reus wird mit der Trage vom Spielfeld getragen. Foto: imago/Revierfoto

Borussia Dortmund siegt mit 1:0 gegen den Erzrivalen Schalke 04, doch Reus verletzt sich am Sprunggelenk. Erreicht der BVB-Kapitän bis zur WM in Katar wieder seine Topform?

Es ist weitgehend friedlich geblieben rund um das 159. Revierderby am Samstag, was nach Ausschreitungen am Rande der Europapokalspiele von Eintracht Frankfurt und des 1. FC Köln während der vergangenen Wochen eine schöne Nachricht ist. Einen Schockmoment infolge einer schweren Verletzung erlebte das Publikum im Westfalenstadion aber trotzdem während der Partie, die Borussia Dortmund am Ende mit 1:0 gegen den FC Schalke gewonnen hat. Nach 30 Minuten wand sich Marco Reus nach einem eigentlich harmlosen Zweikampf mit Florian Flick auf dem Rasen, schlug die Hände vors Gesicht, die tiefe Verzweiflung dieses vom Pech verfolgten Sportlers war bis in die hintersten Reihen des Stadions spürbar.

Die WM 2014 verpasste er genauso wie die EM 2016 wegen Verletzungen

Reus zog sich eine Außenbandverletzung im Sprunggelenk zu, muss die bevorstehenden Länderspiele absagen. „Aber es ist nicht so gravierend, dass die WM womöglich gefährdet ist“, sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl im Sport-1-„Doppelpass“ am Sonntag. Ob er nach Katar topfit und in vollem Spielrhythmus reisen kann, erscheint dennoch fraglich. „Es ist extrem bitter und ein absoluter Wermutstropfen“, sagte Julian Brandt. Elf Jahre gehört Reus der Nationalmannschaft inzwischen an, seither haben fünf Turniere stattgefunden, bei denen er aber nur insgesamt 334 Minuten zum Einsatz kam. Das sind nicht einmal vier komplette Partien.

Die unvergessene WM 2014 verpasste er genauso wie die EM 2016 wegen Verletzungen. Als er 2018 beim Turnier in Russland fit war, in allen drei Partien auf dem Platz stand und sogar zum Nationalspieler des Jahres gewählt wurde, befand sich der Rest des Teams unglücklicherweise in einem erbärmlichen Zustand. Die Verbindung des Marco Reus zum Nationalteam ist eine Geschichte von großer Tragik. „Sehr unglücklich“ sei der Unfall aus dem Derby, sagte Dortmunds Trainer Edin Terzic. „Wie so häufig in seiner Karriere, er hat super performt, war topfit, war komplett gesund, und dann passiert so was.“

Reus: „Ich werde bald zurück sein“

Schon im Juni hatte Reus das Trainingsquartier der DFB-Auswahl verlassen müssen, weil er sich im Training einen Muskelfaserriss zugezogen hatte, aber jenseits dieser Blessur war er seit mehr als zwei Jahren fast komplett verletzungsfrei gewesen. „Da war er sehr stabil“, sagte Kehl, die WM sollte die Krönung einer schwierigen internationalen Karriere werden. Noch besteht zwar Hoffnung, es ist nichts gebrochen, aber vorerst wird der BVB-Kapitän ausfallen. Und da er ohnehin um seinen Platz in Flicks Nationalteam kämpfen muss, ist eine Turniernominierung selbst für den Fall einer schnellen Genesung ungewiss.

Am Abend gratulierte Reus seiner Mannschaft via Instagram und erklärte: „Ich werde bald zurück sein.“ Die WM-Hoffnung ist also nicht erloschen, aber Bundestrainer Flick weiß natürlich, dass Reus nach seinen Verletzungen meist länger brauchte, bis er wieder in Form war. Die Geschichte von Reus und den großen Turnieren ist ein Drama. Immerhin kann er sich damit trösten, dass die Wahrscheinlichkeit, endlich wieder einmal bis weit ins Frühjahr hinein um den Bundesliga-Titel mitzuspielen, gestiegen ist.

Derbyheld Moukoko schon in der Jugend davon geträumt

Obwohl die Dortmunder weder in diesem Derby noch in den anderen Partien dieser Saison wie eine souveräne Spitzenmannschaft gewirkt haben, konnte Edin Terzic feststellen: „Es gibt heute an diesem Samstag keine Mannschaft in der Bundesliga, die mehr Punkte geholt hat.“ Bislang ist keine Mannschaft durchweg überzeugend aufgetreten, nicht einmal die starken Überraschungsmannschaften Union Berlin, SC Freiburg und TSG Hoffenheim. In einer kleinen Zwischenbilanz vor der Länderspielpause sagte Terzic, dass er „punktetechnisch“ zufrieden sei, sprach aber zugleich von einem „holprigen Start“ seiner Mannschaft, was die Leistungen betreffe.

Wie in den meisten Spielen zuvor hatten die Dortmunder auch im Revierderby große Mühe, sich Chancen zu erspielen, weil sie vor dem Schalker Tor ziemlich uninspiriert und ungenau agierten. Vier ihrer sieben Bundesliga-Spiele haben sie knapp mit 1:0 gewonnen, richtig gut waren sie nur beim 3:0 in der Champions League gegen Kopenhagen. Aber sie konnten an diesem Derbytag einen echten Helden feiern: Der 17 Jahre alte Youssoufa Moukoko hatte in der 79. Minute des stimmungsvollen, aber unspektakulären Spiels das Tor des Tages geköpft. „Ich habe davon jeden Tag in der Jugend geträumt und mir das vorgestellt, irgendwann im Derby vor der Südtribüne ein Tor zu schießen“, sagte der Teenager, der seit Jahren als Wunderkind des deutschen Fußballs gilt. „Heute hat es geklappt, das ist wunderschön.“