Schon lange vor Beginn der Trauerfeier am Mittwochnachmittag finden sich zahlreiche Trauergäste auf dem Ebershaldenfriedhof in Esslingen ein. Foto: Roberto Bulgrin

Nach dem gewaltsamen Tod des 31-jährigen Luca haben mehrere hundert Menschen ihm am Mittwochnachmittag bei der Beerdigung auf dem Ebershaldenfriedhof in Esslingen das letzte Geleit gegeben.

Es ist still vor der Aussegnungshalle auf dem Ebershaldenfriedhof in Esslingen. Dabei haben sich knapp eine Stunde vor Beginn der Trauerfeier am Mittwochnachmittag schon zahlreiche Gäste hier eingefunden – und es werden immer mehr. Man grüßt sich, nickt sich kurz zu, umarmt sich, gesprochen aber wird nicht viel. Es mögen schließlich an die 300 Trauergäste sein, die sich an diesem trüben Wintertag auf den Friedhof begeben haben.

Sie alle sind gekommen, um Abschied zu nehmen von Luca, der Mitte November gewaltsam aus dem Leben gerissen wurde. Der 31-Jährige hatte im Haus seines Vaters in der Esslinger Innenstadt gewohnt. Am 14. November erschoss ein 61-jähriger Mieter, der ebenfalls in dem Haus wohnte, erst Luca und dann sich selbst – offenbar mit einer selbst gebauten Waffe. Zuvor hatte er das Haus angezündet, in dem auch der 76 Jahre alte Vermieter und Vater von Luca ganz oben wohnte. Bei dem Brand, der das Haus in Schutt und Asche legte, erlitt die 32 Jahre alte Freundin von Luca schlimme Verletzungen. Sie rettete sich mit einem Sprung aus dem Fenster aus dem brennenden Haus.

Freunde erinnern bei Trauerfeier in Esslingen an getöteten Luca

Bei der Trauerfeier auf dem Ebershaldenfriedhof steht das Gedenken an Luca im Mittelpunkt, der von Freunden und Bekannten als ausgesprochen weltoffen, zugewandt und lebenslustig beschrieben wird. Mehrere Freunde des Verstorbenen ergreifen das Wort, um mit Anekdoten an gemeinsame Erlebnisse zu erinnern, während sie zwischendurch immer wieder um Fassung ringen. Bei den Geschichten über gemeinsame Ausflüge, Reisen oder Besuche von Fußballspielen geht es immer auch um Lucas Humor, seine Zuverlässigkeit und Hilfsbereitschaft.

Luca habe Menschen mitnehmen und immer wieder einen unbändigen Optimismus verbreiten können, sagt Christof Krüger, ein enger Freund der Familie. „Er war von Grund auf positiv, von Grund auf lebensfroh – und diese Lebensfreude, sein Humor und seine Herzenswärme haben viele inspiriert.“ Zusammenhalt, Freundschaft und Familie hätten bei Luca an erster Stelle gestanden, so Krüger. In den Tagen nach Lucas Tod habe ihn immer wieder auch Wut auf dessen Mörder gepackt. Doch dann sei ihm klar geworden, dass er nicht so hasserfüllt sein wolle wie der Täter. Stattdessen wolle er auf die Werte setzen, die auch Luca selbst gelebt habe, wie Gemeinsamkeit, Fürsorge und Hilfsbereitschaft.

Vater von Luca bedankt sich bei dessen Freunden

Zum Gedenken an Luca haben Freunde auch einen Trauermarsch durch die Esslinger Innenstadt organisiert. /Roberto Bulgrin

Tatsächlich zeige sich nun auch nach Lucas Tod eine „riesige Welle der Solidarität, des Unterhakens, der Gemeinsamkeit und des Mitgefühls“, sagt Krüger. Ob in Gesprächen und bei Treffen, beim Trauermarsch durch Esslingen, bei der Spendenaktion der Stuttgarter Kickers oder dem von einer Freundin organisierten Benefizkonzert: Überall seien Solidarität und Zusammenhalt zu spüren gewesen. „Und zu spüren ist bei allem Leid auch die Dankbarkeit, dass wir Luca gehabt haben.“

Nach der Beisetzung seines Sohnes zeigt sich Rolf Seufferle trotz seiner tiefen Trauer auch sehr dankbar. „Ich bin sehr beeindruckt von der Zuwendung und der Hilfsbereitschaft durch die Freunde meines Sohnes“, sagt er. Und: „Ich bin sehr dankbar für diese würdevolle Trauerfeier.“ Diese habe einen sehr hohen Stellenwert für ihn – gerade auch vor dem Hintergrund der fürchterlichen Umstände des Todes seines Sohnes. „Das war ein Mord mit Ansage“, sagt Seufferle mit Blick auf die Vorgeschichte der Tat. Es sei ihm ein Anliegen, das öffentlich zu machen, um vielleicht künftige Taten verhindern zu können. An diesem Tag aber sei er vor allem dankbar für die große Anteilnahme.

Der Abschied im Rahmen der Beerdigung dürfte auch für viele andere Trauergäste ein wichtiger Schritt gewesen sein, wenn auch wohl nur einer von vielen Schritten auf dem Weg der Verarbeitung des Geschehenen. Nicht zuletzt, weil vieles immer noch unklar ist im Zusammenhang mit der Gewalttat, bei der Luca getötet wurde. So haben sein Vater, Freunde und Nachbarn berichtet, dass der 61-jährige Tatverdächtige schon lange vor der Tat auffällig gewesen sei. Mehrfach habe er seinen Vermieter und dessen Sohn Luca mit dem Tode bedroht, habe mit selbst gebauten Waffen hantiert und damit vor anderen geprahlt. Polizei und Staatsanwaltschaft seien darüber informiert worden.

Staatsanwaltschaft prüft mögliches Versagen der Behörden

Inzwischen prüft die Staatsanwaltschaft Heilbronn, ob in diesem Fall Versäumnisse der Behörden vorliegen. Dabei steht offenbar vor allem die Frage im Raum, ob Gefahr im Verzug zu erkennen gewesen war, die Behörden jedoch nicht angemessen darauf reagiert hätten. Ein Ergebnis der Prüfung liegt bislang noch nicht vor. Für die Menschen auf dem Esslinger Ebershaldenfriedhof steht das am Mittwoch jedoch nicht im Mittelpunkt. Für sie ist an diesem Tag vor allem eins wichtig: Der Abschied von Luca.

Große Anteilnahme

Trauermarsch
Knapp zwei Wochen nach dem gewaltsamen Tod von Luca hatten Freunde einen großen Trauermarsch durch die Esslinger Innenstadt organisiert, an dem Hunderte teilnahmen. Zudem sammelten die Stuttgarter Kickers, deren Fan Luca war, Spenden für die Familie, eine Freundin organisierte ein Benefiz-Konzert.

Kaffeemarke
 Der Inhaber der Kaffeerösterei, in der Luca arbeitete, kündigte an, eine Kaffeemarke nach Luca zu benennen. Die Einnahmen sollen an Menschen gehen, die eine Therapie benötigen – es gibt Hinweise, dass der Täter psychisch krank war.