Die Raucherkneipe Schwemme in Bad Cannstatt wird von VfB-Fans auf Google als Restaurant auf Sterneniveau verkauft – Stuttgart-Marketing ist den Spaßrezensionen aufgesessen. Foto: STZN/Maier

Stuttgart-Marketing hat sich einen kleinen Fauxpas geleistet, als es auf die Fake-Rezensionen der Cannstatter Kneipe Schwemme auf Google reingefallen ist. Dabei sind nicht ganz ernst gemeinte Besprechungen von Orten kein Einzelphänomen.

„Ist der Anbau der exklusiven Cocktailbar schon fertiggestellt? Ich wollte da heute mal gepflegt den Abend ausklingen lassen“, lautet eine der neueren der über 800 Rezensionen der Schwemme in Bad Cannstatt, die sich fast alle ähnlich lesen, nämlich so, als sei die rustikale Raucherkneipe ein Restaurant auf Sterneniveau – mindestens. Zuletzt ist Stuttgart-Marketing darauf reingefallen und pries die Schwemme auf der von ihr betriebenen Webseite stuttgart-tourist.de als Gourmettempel an. Ganz offensichtlich wurden hier Versatzstücke aus den Spaßrezensionen verwendet, die vor allem von VfB-Fans verfasst werden.

Auszug der Lobeshymnen, die Stuttgart-Marketing über die Schwemme schrieb. Foto: Screenshot/Stuttgart-Marketing

Inzwischen ist der Eintrag zur Schwemme in dem Online-Tourismusführer für Stuttgart verschwunden. Bei Stuttgart-Marketing habe man bedauert, „keinen zweiten prüfenden Blick“ auf die Informationen geworfen zu haben und angekündigt, den Text der Wirklichkeit anzupassen.

Spaßrezensionen über Orte zu schreiben ist ein Sport, den aber nicht nur Stuttgarter mit ihrer Schwemme ausüben. Auch andere Einrichtungen werden auf Google als etwas anderes verkauft, als sie sind. Oft nach dem Motto: Wo kein Kläger, da können die Spaßrezensionen gedeihen. Denn eigentlich gelten gerade Gastronomen als empfindlich, was negative Google-Rezensionen angeht, versuchen immer wieder, unzufriedene Kommentatoren umzustimmen, melden Beiträge bei Google oder leiten sogar rechtliche Schritte gegen aus ihrer Sicht unfaire Rezensionen ein. Aber die Schwemme hat die Besprechungen in der Vergangenheit ohnehin mit Humor genommen.

„Ein Leben ohne diesen Kreisverkehr nicht möglich“

Und der Kreisverkehr an der Truchtelfinger Straße in Albstadt (Zollernalbkreis) kann sich sowieso nicht wehren. Aber selbst wenn er könnte: Er hätte vermutlich keinen Grund dazu. Denn über ihn schreiben User zum Beispiel: „Ein Leben ohne diesen Kreisverkehr wäre bei uns hier in der süddeutschen Provinz sicherlich möglich. Aber sinnvoll bestimmt nicht mehr.“ Zu finden auf Google Maps ist der Ort unter „Fürstlicher Mc Drive Kreisel“, da sich dort auch ein McDonalds befindet.

Um den „hochfrequentierten, nahezu perfekten Kreisverkehr“ hat sich eine ähnliche Eigendynamik entwickelt wie um die Schwemme in Stuttgart. Er ist mit 4,9 von fünf möglichen Sternen bewertet – und damit besser als der Eiffelturm.

Auch die 2962 Meter hohe Zugspitze in Bayern, wohlgemerkt Deutschlands höchster Berg, wurde auf Google schon nicht ganz ernst gemeint beurteilt. Ein Nutzer scherzte, dass der Berg „zu hoch“ sei – und ein ganzer Chor stimmte mit ein, der die ironisch gemeinte Bemerkung offenbar lustig fand. Die Rezensionen lesen sich dann so: „Viel zu hoch. Wer auch immer diesen Berg gebaut hat, hat vergessen eine Rolltreppe zu installieren.“ Wer zu den lustigen Bewertungen vordringen will, muss bei der Zugspitze aber eine ganze Weile scrollen; inzwischen herrschen dort wieder seriöse Kommentare vor, die den Berg als Ausflugsziel zumeist empfehlen.

Stromkasten aus Hymendorf verschwunden

Ein trauriges Schicksal erlitt ein Stromkasten im niedersächsischen Hymendorf. Wie Medien berichteten, waren die Bewertungen für den Klotz, die diesen als lokale Sehenswürdigkeit angepriesen hatten, im November 2024 aus dem Internet verschwunden. Der „magische Ort“ sei demnach mit ungefähr 100 Fake-Rezensionen über den Klee gelebt worden („In einer Zeit, in der Architektur oft durch imposante Maßstäbe und schiere Größe Eindruck schinden will, beweist dieser schlichte grüne Stromkasten am Feldweg eine fast provokative Zurückhaltung, die ihresgleichen sucht.“). Vielleicht etwas zu offensichtlich. Das öffentlich-rechtliche regionale Medienportal „buten un binnen“ zitierte einen Google-Sprecher zum Stromkasten mit einer allgemeinen Äußerung zum Umgang mit Rezensionen: „Wenn wir von Richtlinienverstößen erfahren, entfernen wir nicht nur Inhalte, die gegen Richtlinien verstoßen, von unserer Plattform, sondern sperren und löschen auch Konten, die mit Missbrauch verbunden sind.“

Grundsätzlich macht Google auch gar kein Geheimnis daraus, entschiedener gegen die Probleme vorgehen zu wollen, die die weitestgehend ungeprüften Nutzer-Bemerkungen mit sich bringen. Gerade wenn Rezensionen geschäftsschädigende Auswirkungen haben, wächst der Druck auf den Tech-Giganten. So hat Google bereits im vergangenen Jahr die Geschäftsbedingungen dahingehend überarbeitet, sich das Recht herauszunehmen, verdächtige Einträge zu löschen, für 30 Tage sämtliche Bewertungen zu einem Objekt zu verbergen und andere Hebel ansetzen zu dürfen. Technikmagazine wie „Chip“ berichteten darüber.

Die mangelnde Kontrolle der Google-Bewertungen verstimmt nicht nur Geschäftstreibende, sonder auch Nutzer, wie eine aktuelle Debatte im Forum reddit am Beispiel Stuttgarts zeigt. Dort wollen User beobachtet habe, dass zunehmend Restaurants im Fast-Food-Bereich mit augenscheinlich gekauften Top-Bewertungen für sich Werbung machten. „Echt dreist und unfair allen Restaurants gegenüber, die nicht darauf zurückgreifen“, schreibt der Initiator der Diskussion. In den Kommentaren darunter kommt Google unterschiedlich gut weg. Mal wird dem Konzern vorgeworfen, sowohl zu wenig gegen die Flut an Fake-Bewertungen im Netz zu tun als auch gegen unlautere Wettbewerbsmethoden. Andere Nutzer berichten von positiven Erfahrungen – etwa, dass eine kritische Restaurantrezension wieder sichtbar wurde, nachdem der Kritiker Google mit einer Rechnung den Nachweis erbrachte hatte, das Restaurant tatsächlich besucht zu haben.