Die Hertha-Profis feiern die Last-Minute-Rettung. Foto: IMAGO/Jan Huebner/IMAGO/Michael Taeger

Trotz Klassenverbleib türmen sich die Probleme: Präsident Werner Gegenbauer steht vor dem Aus – kommt Sandro Schwarz als Trainer? Was den Sportchef Fredi Bobic jetzt umtreibt, erfahren Sie hier.

Es gibt Rituale, die hat Fredi Bobic in seinem Premierenjahr bei Hertha BSC sehr lieb gewonnen. Wann immer es seine Zeit erlaubt, steigt der Geschäftsführer Sport etwa auf dem Olympiagelände im Berliner Westend ins Schwimmbecken – und zieht seine Bahnen. Bis zu 3000 Meter legt der 50-Jährige dabei zurück und bekommt nebenbei den Kopf frei.

Allerdings zählen zum Kerngeschäft eines Fußballmanagers auch regelmäßig wiederkehrende Termine, die hat nicht nur Fredi Bobic wesentlich weniger gern. Ein solcher ist im Fall der Hertha für den kommenden Sonntag in der Berliner Messehalle 20 angesetzt, wo die Alte Dame von 11 Uhr an ihre obligatorische Mitgliederversammlung abhalten wird. „Mitgliederversammlung ist ganz toll, da muss man sich erst mal drei Stunden beschimpfen lassen. Das macht bestimmt Spaß, wir stehen ja auf so SM-Sachen“, sagte der Fredi Bobic (SM steht für Sadomasochismus, Anm. d. Red.).

Last-Minute-Rettung der Hertha

Zugute halten muss man Bobic allerdings, dass er sich zum Zeitpunkt dieser Äußerung noch in einer mentalen Ausnahmesituation befand („Diesen Relegationsmist braucht kein Mensch“), war die Last-Minute-Rettung seiner Hertha durch den 2:0-Sieg im Rückspiel beim Hamburger SV (Hinspiel 0:1) ja noch nicht allzu lange her.

„Nach dem Klassenerhalt, das ist vor dem totalen Restart eines in arge Nöte geratenen Clubs“, resümierte die „Berliner Zeitung“, als die erste Liga nach dem Duell mit dem HSV gehalten war. Tatsächlich stehen Fredi Bobic, der nun als großer Reformator gefragt ist, und der gesamten Hertha weiter unruhige Zeiten auf der Big-City-Baustelle des Fußballs bevor: denn mit dem abgewendeten Abstieg wurde nicht mehr vermieden als der Super-GAU.

Also hat die interne Aufarbeitung begonnen: So dementierte der Verein zwar Medienberichte, wonach der Präsident Werner Gegenbauer, 71, zurückgetreten sei. Tatsächlich steht dessen Abgang aber auf der Präsidiumssitzung am Mittwoch offenbar bevor. Auch Finanzchef Ingo Schiller, 56, der dieses Amt seit 2001 besetzt, tritt zum 31. Oktober ab. Weil bereits im Vorsommer mit Carsten Schmidt der Leiter der Geschäftsführung ging, ist Bobic der einzig verbleibende Geschäftsführer beim Traditionsclub.

Obendrein ist auch die Mission von Felix Magath beendet, der den Sieg bei seiner alten Liebe HSV mit stoischer Ruhe von der Trainerbank aus verfolgte und einmal mehr Qualitäten als Retter bewiesen hat. „Ich sehe es als selbstverständlich an, meine Sachen in Berlin zu packen und nach Hause zu gehen“, erklärte der 68-jährige Trainerfuchs nach Abpfiff im Hamburger Volkspark – und konterte die Frage, was er dort zunächst zu tun gedenke, in gewohnt süffisanter Manier: „Holz hacken.“

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Aus dem Berliner Rettungsdrama geht Magath als der klare Sieger hervor. Auch weil ihm seine Mission letztlich mit 1,5 Millionen Euro Erfolgsprämie versüßt wird. Im entscheidenden Spiel hatte Magath im Routinier Kevin-Prince Boateng seinen Leader auf dem Platz gefunden. „Er hat mich gefragt, wen siehst du besser auf welcher Position?“, erzählte der 35-jährige Mittelfeldspieler, der erstmals in dieser Saison 90 Minuten auf dem Platz stand – und Magath bestätigte hinterher, Boateng bei der Aufstellung zurate gezogen zu haben. „Wir müssen jetzt Ruhe reinbringen in den Verein“, sagte Boateng, dessen Vertrag ausläuft, der aber gerne in der Hauptstadt verlängern möchte.

Nicht nur hier ist Fredi Bobic gefragt, der einen Spielerkader mit vielen gut dotierten Verträgen verschlanken muss, ehe er an Neuzugänge denken kann. „Wir müssen uns nicht tot sparen, aber einen Transferüberschuss erzielen“, sagte der Sportchef. Schließlich verpuffte die 375 Millionen Euro starke Geldeinlage des Investors Lars Windhorst wirkungslos.

Sandro Schwarz als Trainer-Favorit

Der wichtigste Punkt der Zukunftsplanung der Hertha ist allerdings die Besetzung des Trainerpostens, wo der Verein zuletzt mehrfach daneben gegriffen hatte. So galt Tayfun Korkut in Berlin als zu wenig charismatisch und dessen Vorgänger Pal Dardai als zu selbstgefällig. Aber auch Bruno Labbadia, Jürgen Klinsmann, Ante Covic sowie Alexander Nouri wurden unter Manager Michael Preetz als Fehlgriffe notiert.

„Was der Neue mitbringen muss, ist klar. Persönlichkeit und Feuer für die Hertha“, sagte Bobic, dessen Personalie sitzen muss. Favorit ist der ehemalige Mainzer Sandro Schwarz, der noch Trainer beim russischen Erstligisten Dynamo Moskau ist, wo er am Sonntag im Pokalfinale auf den Stadtrivalen Spartak trifft. „Ich bin sehr, sehr weit mit den Gesprächen“, sagte Bobic. „Es wird sicher so sein, dass wir in den nächsten Tagen einen neuen Trainer präsentieren können.“