Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will wegen der Gewalt auf der Demo in Leipzig aktiv werden. (Archivbild) Foto: AFP/MICHAEL SOHN

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat die Gewalt auf der Querdenken-Demonstration am Wochenende in Leipzig scharf kritisiert. Auch von anderen Politikern wird der Ruf nach Aufklärung laut.

Berlin - Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat die Ausschreitungen bei der „Querdenken“-Demonstration in Leipzig scharf verurteilt und eine „gründliche Aufklärung“ gefordert. „Was wir gestern in Leipzig gesehen haben, ist durch nichts zu rechtfertigen. Die Demonstrationsfreiheit ist keine Freiheit zur Gewalt und zur massiven Gefährdung anderer“, erklärte Lambrecht am Sonntag. Eine solche Situation inmitten der Pandemie dürfe sich nicht wiederholen.

Tausende dicht an dicht ohne Masken seien ein Gipfel der Verantwortungslosigkeit und des Egoismus. „Jeden Tag sterben Menschen am Coronavirus. Wer diese Gefahr leugnet, stellt sich gegen den übergroßen Teil unserer Gesellschaft, der sich an Regeln hält, um sich und alle anderen zu schützen“, sagte Lambrecht.

Opposition fordert Aufarbeitung der Polizeiarbeit

Auch FDP und Grüne forderten eine Aufarbeitung des Polizeieinsatzes. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, kritisierte am Sonntag: „Es kann nicht sein, dass der Rechtsstaat quasi dabei zusieht, wie Journalisten bei ihrer Arbeit angegriffen werden und ein Großteil der Demonstranten die Auflagen erkennbar ignoriert.“ Die Versammlungsfreiheit sei ein wichtiges Grundrecht, es unterliege aber auch Regeln. „Die Polizei muss mit ausreichenden Kräften vor Ort in der Lage sein, eine Versammlung konsequent zu beenden, wenn diese aus dem Ruder läuft und Regeln nicht beachtet werden.“

Grünen-Parteichef Robert Habeck forderte, die Ereignisse in Leipzig bedürften „dringend einer kritischen Aufklärung“. Die Versammlungsfreiheit sei ein hohes Gut, genauso müsse aber auch Freiheit der anderen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems geschützt werden. Das sei eine schwere Aufgabe für die staatlichen Behörden in der Pandemie. „Offensichtlich waren das Innenministerium und die Polizei in Sachsen auf diese Aufgabe am Wochenende nicht vorbereitet und folglich überfordert“, konstatierte Habeck am Sonntag.

Mehr als 20.000 demonstrierten in Leipzig

In Leipzig hatten am Samstag mindestens 20 000 Menschen aus ganz Deutschland gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung protestiert. Zunächst verlief die Kundgebung größtenteils friedlich. Dann löste die Stadt Leipzig den Protest auf, weil viele Menschen keine Mund-Nasen-Bedeckung trugen und den Mindestabstand nicht einhielten. Doch Tausende widersetzten sich und marschierten auf dem Innenstadtring.

Die Stadt hatte die Demo eigentlich aus Infektionsschutzgründen an den Stadtrand verlegen wollen. Das Verwaltungsgericht Leipzig hatte dies bestätigt, das OVG entschied anders: Es erlaubte eine Kundgebung mit 16 000 Teilnehmern. Aufzüge blieben untersagt.