Bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris ist die Disziplin Springreitens zum letzten Mal beim Modernen Fünfkampf dabei. Ersetzt wird sie durch einen Hindernisparcours. Grund dafür ist ein Skandal, der drei Jahre zurückliegt.
Der Moderne Fünfkampf ist der Nachfolger des Antiken Fünfkampfes, der Teil der ersten Olympischen Spiele in Griechenland war. Damals standen Wettkämpfe im Laufen, Springen, Speerwerfen, Diskuswerfen und Ringen auf dem Plan. Heute besteht der Moderne Fünfkampf aus vier Disziplinen, die fünf Sportarten kombinieren. Darunter fallen: Fechten, Schwimmen, Laufen, Laserschießen und Springreiten.
Letzteres können Fans bei Olympia allerdings nur noch bei den diesjährigen Spielen in Paris sehen, die am 26. Juli offiziell gestartet sind und noch bis zum 11. August andauern. Danach soll ein Hindernisparcours im „Ninja Warrior“-Stil die Disziplin Springreiten ersetzen. Beschlossen wurde das von der Union Internationale de Pentathlon Moderne (UIPM), dem Dachverband der Sportart, im November 2022. Aber warum?
Skandal beim Springreiten in Tokio 2021
Statt über Hindernisse mit Pferden zu reiten, überwinden die Sportlerinnen und Sportler bei den nächsten Olympischen Spielen dann selbst einen Parcours mit Wänden, schwingenden Ringen, kippenden Hangelstangen und Balancierstationen.
Grund für die Entscheidung, Springreiten zu ersetzen, war ein Skandal bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio um die deutsche Fünfkämpferin Annika Schleu (heute Zillekens). Sie war in Japan auf Medaillenkurs, als ihr das Pferd Saint Boy zugelost wurde – und das Springen verweigerte. Das Tier hatte das zuvor bei der Russin Gulnaz Gubaydullina schon dreimal getan. Falls es sich ein viertes Mal geweigert hätte, wäre es aus dem Wettkampf genommen worden.
Nur mit Mühe brachte die weinende Zillekens das ihr zugeloste Pferd überhaupt auf den Parcours – dann verweigerte es aber ebenfalls mehrfach das Überqueren der Hindernisse. Die deutsche Athletin sowie Trainerin Kim Raisner setzen daraufhin die Gerte und mehrfache Schläge gegen das Tier ein. Allerdings mit wenig Erfolg: Am Ende blieb Sportsoldatin Zillekens auf dem 31. Platz.
Die Zuschauer bekamen dabei allerdings Worte von Raisner wie „Weiter, weiter“ und „Hau nochmal drauf“ zu hören und sahen den Umgang mit dem Pferd. Das sorgte nicht nur in Tierschutzkreisen für Empörung, sondern auch weit darüber hinaus. Die mediale Berichterstattung oder Hasskommentare in den sozialen Medien waren enorm, es wurde sogar ein Verfahren gegen Zillekens und Raisner angestoßen, das mittlerweile aber eingestellt wurde.
Trainerin Raisner – die damals noch während der Spiele durch den Weltverband von den Wettkämpfen ausgeschlossen wurde – reflektiert drei Jahre nach dem Vorfall in Tokio: „Wir haben Fehler gemacht“. Dennoch ist sie sich ungeachtet der Selbstkritik wohl keiner tatsächlichen Schuld bewusst: „Gerte und Sporen sind Hilfsmittel, die in der Reiterei erlaubt sind. Deswegen ist man kein Pferdeschlächter, der Einsatz ist bei uns reglementiert“, sagte sie kürzlich im Interview mit Münchner Merkur und der Münchner Boulevardzeitung „tz“.
Große Welle der Empörung
Die Szenen in Tokio hatten allerdings Konsequenzen: Auf Druck des Internationalen Olympische Komitees (IOC) strich der Weltverband UIPM das Springreiten für die Olympischen Spiele in Zukunft. In Paris wird das Springreiten allerdings noch einmal im Rahmen des Modernen Fünfkampf stattfinden.
Damit der Fünfkampf in Zukunft trotzdem weiter stattfinden kann, ersetzt der Hindernislauf die Reitdisziplin. Damit soll der Olympia-Status der Fünfkämpfer erhalten bleiben. Viele Athletinnen und Athleten äußerten sich nach der Entscheidung kritisch und forderten die Regeln anzupassen sowie Pferd und Reiter besser zu schützen, anstatt gleich eine ganze Sportart zu ändern.
Neuerungen beim Reitspringen
Aber auch über die Entscheidung des UIPM hinaus sorgte der Skandal von 2021 für einige Änderungen im Umgang mit Pferden. „Der Parcours ist niedriger und nicht mehr so lang. Die Pferde kommen wohl aus der Vielseitigkeit und sind verschiedene Reiter gewohnt“, beschrieb Trainerin Raisner die veränderten Voraussetzungen im Interview mit den Münchener Blättern. Der Weltverband habe sich Mühe gegeben, die Pferde so vorzubereiten, dass sie verschiedene Reiter tolerieren.
Dem Tausch von Springreiten zum Hindernislauf blickt Raisner mit gemischten Gefühlen entgegen, spricht von einem großen Einschnitt. Es gebe Kinder, die aufhören, weil sie die Sportart mit Reiten machen wollen, sagte sie im Interview. Es gebe aber auch Kinder, die anfangen, weil sie das Hindernisrennen so toll fänden. Und weiter: „Wir sind motiviert, diesen Weg zu gehen. Für uns ist wichtig, dass wir olympisch bleiben. Das ist unsere Zukunft“.
Olympia 2024: Wann finden die Wettkämpfe im Fünfkampf statt?
Bei den diesjährigen Olympischen Spielen zählt Springreiten aber bekanntlich noch dazu. Da im Fünfkampf mehrere Disziplinen enthalten sind, verteilen sich die Wettkämpfe in Paris über mehrere Tage. Der Zeitplan ist folgender:
Donnerstag, 8. August 2024
- 11.00 Uhr: Herren Fechten, Platzierungsrunde
- 14.30 Uhr: Damen Fechten, Platzierungsrunde
Freitag, 9. August 2024
- 13.00 Uhr: Herren Springreiten, Halbfinale A
- 13.40 Uhr: Herren Fechten, Halbfinale A Bonusrunde
- 14.10 Uhr: Herren Schwimmen 200m FS, Halbfinale A
- 14.40 Uhr: Herren Laser-Run, Halbfinale A
- 17.00 Uhr: Herren Springreiten, Halbfinale B
- 17.40 Uhr: Herren Fechten, Halbfinale B Bonusrunde
- 18.10 Uhr: Herren Schwimmen 200m FS, Halbfinale B
- 18.40 Uhr: Herren Laser-Run, Halbfinale B
Samstag, 10. August 2024
- 09.30 Uhr: Damen Springreiten, Halbfinale A
- 10.10 Uhr: Damen Fechten, Halbfinale A Bonusrunde
- 10.40 Uhr: Damen Schwimmen 200m FS, Halbfinale A
- 11.10 Uhr: Damen Laser-Run, Halbfinale A
- 13.30 Uhr: Damen Springreiten, Halbfinale B
- 14.10 Uhr: Damen Fechten, Halbfinale B Bonusrunde
- 14.40 Uhr: Damen Schwimmen 200m FS, Halbfinale B
- 15.10 Uhr: Damen Laser-Run, Halbfinale B
- 17.30 Uhr: Herren Springreiten, Finale
- 18.10 Uhr: Herren Fechten, Finale Bonusrunde
- 18.40 Uhr: Herren Schwimmen 200m FS, Finale
- 19.10 Uhr: Herren Laser-Run, Finale
Sonntag, 11. August 2024
- 11.00 Uhr: Damen Springreiten, Finale
- 11.40 Uhr: Damen Fechten, Finale Bonusrunde
- 12.10 Uhr: Damen Schwimmen 200m FS, Finale
- 12.40 Uhr: Damen Laser-Run, Finale
Allerdings behalten sich die Veranstalter vor, Datum und Uhrzeit des Zeitplans jederzeit ohne Vorankündigung zu ändern. Die Wettkämpfe werden im Free-TV auf Eurosport sowie der ARD und dem ZDF zu sehen sein. Für Deutschland treten dabei Marvin Dogue und Fabian Liebig bei den Herren, sowie Rebecca Langrehr und Annika Zillekens bei den Damen an.
Olympia 2024: Moderner Fünfkampf Regeln
Aber wie funktioniert der Moderne Fünfkampf eigentlich? Bei den drei Disziplinen Reiten, Fechten und Schwimmen wird die Leistung in Punkte umgerechnet. Das Gesamtergebnis gibt dann die Startreihenfolge für den Laser-Run, der als „combined“-Disziplin gilt, vor. Der Sieger dort gewinnt dann die olympischen Medaillen für den Modernen Fünfkampf.
Springreiten: Ziel ist es, zehn Hindernisse zu überwinden. Gelingt das, erhält der Athlet oder die Athletin 300 Punkte. Abzüge gibt es etwa für Verweigerungen, Stürze oder Abwürfe.
Fechten: Beim Fechten kämpft jeden gegen jeden. Die Kämpfe dauern dabei maximal eine Minute, wer den ersten Treffer setzt, gewinnt. Setzt keiner einen Treffer, verlieren beide.
Schwimmen: Beim Schwimmen müssen die Athletinnen und Athleten eine Strecke von 200 Metern im Freistil zurücklegen. Die Richtzeit beträgt 2:30 Minuten, wofür es 250 Punkte gibt. Jeder Sekunde darüber hat einen Punktabzug zur Folge.
Laser-Run: Der Laser-Run entscheidet dann als „Combined“-Disziplin über das Ergebnis im Fünfkampf. Die Punkte werden jetzt in Abstände umgerechnet – ein Punkt entspricht einer Sekunde. Daher gilt: desto mehr Punkte, desto besser die Startposition. Der Laser-Run selbst ist dann ein Lauf über drei Kilometer, bei dem alle 600 Meter mit einer Laserpistole auf fünf Ziele geschossen werden muss. Man darf weiter, sobald alle Ziele getroffen wurden oder 50 Sekunden vergangen sind. Gewinner ist dann, wer als Erstes im Ziel ist.