VVS-Geschäftsführer Horst Stammler ist vom Erfolg der Tarifreform überzeugt. Foto: /Lichtgut/Max Kovalenko

Die VVS-Geschäftsführung reagiert mit Unverständnis auf die Kritik von Regionalräten der CDU und Freien Wähler, die Tarifreform habe nur zu einem überschaubaren Zuwachs bei den Fahrgästen geführt. Dabei wählt Geschäftsführer Horst Stammler klare Worte.

Stuttgart - Ist die seit April 2019 gültige VVS-Tarifreform ein großer Erfolg und rechtfertigt den Zuschuss von Land, Kreisen und Stadt Stuttgart von 42 Millionen Euro pro Jahr, wie es die Lesart von VVS-Aufsichtsratschef Fritz Kuhn (Grüne) und vieler anderer ist? Oder sind ihre Auswirkungen beim Fahrgastzuwachs überschaubar und damit die Reform „kein Brüller“, wie die Regionalräte Rainer Ganske (CDU) und Bernhard Maier (Freie Wähler) sagen? Die VVS-Geschäftsführung, assistiert vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD), hat die Kritik von Ganske und Maier, die beide im VVS-Aufsichtsrat sitzen, zurückgewiesen. Beide hatten im regionalen Verkehrsausschuss am Mittwoch erklärt, es zeige sich, dass nicht der Preis entscheidend sei, sondern das Angebot an Bussen und Bahnen.

50 000 Fahrten täglich mehr

„Es macht keinen Sinn, Angebotsverbesserungen und Tarifmaßnahmen gegeneinander auszuspielen“, entgegnet am Freitag VVS-Geschäftsführer Horst Stammler. Man brauche einen dichteren Fahrplan und einen Ausbau der Infrastruktur, aber auch einen attraktiven Tarif, „wenn wir auch in Zukunft mehr Fahrgäste gewinnen wollen“. Auf völliges Unverständnis stoßen in der VVS-Führungsetage die von Ganske und Maier befeuerten Zweifel am Erfolg der Tarifreform. „Es ist gelungen, jeden Tag fast 50 000 Fahrten mehr in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erzielen", sagt Stammler – und das bei stagnierender Bevölkerung und rückläufigen Studierenden- und Schülerzahlen. Allein die Zahl der Firmenabos sei um gut 10 000 auf 93 500 gestiegen, sagt er und merkt süffisant an: „Das ist wirklich ein Brüller.“

Zwei bis drei Jahre warten

Zudem zeigten „alle Erfahrungen im ÖPNV“, so Stammler, dass es mindestens zwei bis drei Jahre dauere, bis „die volle Wirkung eines neuen Tarifs“ erzielt werde. Er weist auch darauf hin, dass Angebotsverbesserungen viel Geld kosten. Beispiel S 60: Allein der Bau schlug mit 160 Millionen Euro zu Buche, jährlich komme ein Millionenbetrag für den Betrieb dazu. Nun habe man 12 000 Fahrten täglich auf der Verbindung. „Wer Autofahrer zum Umsteigen bewegen will, braucht schon etwas Geduld und einen Mix von vielen Maßnahmen“, sagt Stammler.

Mehr Pünktlichkeit gefordert

Ins gleiche Horn bläst der VCD. Die Tarifreform zeitige erste Erfolge, die Fahrgäste schätzten die Vereinfachung. „Preis und Angebot sind aber immer zusammen zu betrachten“, sagt der VCD-Landeschef Matthias Lieb. Erfahrungsgemäß würden sich Erfolge erst nach zwei bis drei Jahren richtig bemerkbar machen. Lieb forderte von den Verantwortlichen mehr Anstrengungen, damit der regionale Zugverkehr und die S-Bahn wieder pünktlich fahren. Lieb: „Dann würde es noch mehr Fahrgäste geben.“