Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Gespräch mit Außenministerin Annalena Baerbock. Foto: AFP/JOHN MACDOUGALL

Der Ruf nach Visaerleichterungen für Erdbebenopfer war in den vergangenen Tagen immer lauter geworden – besonders auch aus Baden-Württemberg. Jetzt haben Bundesinnenministerium und Auswärtiges Amt reagiert.

Es wäre ein Schritt, auf den viele Angehörige gehofft haben: Das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt haben sich offenbar darauf geeinigt, dass Erdbebenopfer aus der Türkei und Syrien unbürokratisch mit Visa einreisen können, um vorübergehend bei Verwandten in Deutschland unterzukommen.

Nancy Faeser : „Das werden wir gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt möglich machen“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: „Es geht um Hilfe in der Not. Wir wollen ermöglichen, dass türkische oder syrische Familien in Deutschland ihre engen Verwandten aus der Katastrophenregion unbürokratisch zu sich holen können, damit sie bei uns Obdach finden und medizinisch behandelt werden können. Mit regulären Visa, die schnell erteilt werden und drei Monate gültig sind. Das werden wir gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt möglich machen.“ Zuerst hatte die „Bild am Sonntag“ darüber berichtet. Das Bundesinnenministerium bestätigte das Zitat am Samstagabend unserer Zeitung. Details wurden nicht genannt, so bleibt zunächst offen, wie die Visaerleichterungen konkret aussehen.

Task Force nimmt jetzt die Arbeit auf

Bundesaußenministerien Annalena Baerbock twitterte am Abend: „Als Bundesregierung wollen wir helfen, dass Familien in Deutschland Angehörige, die vom Erdbeben betroffen sind, vorübergehend bei sich aufnehmen können, wenn sie kein Dach mehr über dem Kopf haben oder medizinische Behandlung brauchen.“Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium hätten eine Task Force gebildet, die jetzt die Arbeit aufnehme . „Ziel ist, Visaverfahren für Betroffene so unbürokratisch wie möglich zu machen.“ Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir äußerte sich. Per Twitter erklärte er, überlebensnotwendige Hilfe dürfe nicht an Visabestimmungen scheitern.

Muhterem Aras: „Ein starkes und notwendiges Zeichen der Humanität“

Vorausgegangen waren intensive Bemühungen der baden-württembergischen Landtagspräsidentin Muhterem Aras, die damit auf eindringliche Bitten von Angehörigen reagierte, die unter anderem aus Stuttgart kamen, wo viele türkeistämmige Bürger wohnen, die Angehörige in der Erdbebenregion haben. Die Grünen-Politikerin brachte daraufhin im Gespräch mit unserer Zeitung Visaerleichterungen für Erdbebenopfer ins Gespräch und nahm Kontakt mit dem Bundesinnenministerium und dem Auswärtigen Amt auf. „Angesichts des ungeheuerlichen Ausmaßes der Katastrophe sollte die Visumspflicht so gestaltet werden, dass die Betroffenen einreisen können, ohne die ansonsten üblichen und grundsätzlich auch sinnvollen Kriterien erfüllen zu müssen.“ Die Reaktion des Auswärtigen Amtes und des Bundesinnenministeriums nannte sie am Samstag „ein starkes und notwendiges Zeichen der Humanität.“

Auch die Türkische Gemeinde hatte an die Bundesregierung appelliert, Angehörigen einen befristete Aufenthalt bei Verwandten in Deutschland zu ermöglichen. Yeşilkaya-Yurtbay, einer der beiden Bundesvorsitzenden betonte, es könne unmöglich die Antwort der Bundesregierung sein, dass die betroffenen Menschen Pässe, Tickets und finanzielle Mittel nachweisen sollen, wenn sie gerade alles verloren hätten oder ihre Wohnungen und Häuser nicht mehr betreten könnten. „In dieser Zeit müssen Pragmatismus und humanitäre Hilfe über Bürokratie stehen.“

Appelle aus Stuttgart

Das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt hatten anfangs zurückhaltend reagiert und auf die Erfüllung von einer Reihe von Bestimmungen gepocht. Aras wies ihrerseits darauf hin, dass die Bearbeitung von Visaanträgen in der Türkei schon in normalen Zeiten rund zwei Monate betrage. Die zuständigen Stellen seien massiv überlastet. In der aktuellen Situation noch viel mehr. Sie regte deshalb an, dass die Formalitäten in Deutschland geregelt werden unter Einbeziehung möglicherweise auch der türkischen Konsulate und der Zivilgesellschaft.

Äußerungen von Bundesaußenministerin Baerbock deuten allerdings darauf hin, dass die Verfahren vor Ort laufen sollen: „Wir haben in der Türkei Personal an Auslandsvertretungen verstärkt und Kapazitäten umgeschichtet“, teilte sie am Samstagabend mit.

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