Nach der Großdemo am Sonntag sind drei führende Oppositionsaktivisten festgenommen worden. Foto: dpa/Sergei Grits

Nach der Großdemonstration der Opposition vom Sonntag lässt Präsident Lukaschenko jetzt offenbar wichtige Gegenspieler festsetzen. Russland äußert sich vielsagend.

Minsk - Die belarussischen Behörden haben am Montag drei führende Oppositionsaktivisten festgenommen. Der von der Opposition gebildete Koordinierungsrat teilte mit, seine Mitglieder Sergej Dylewski und Olga Kowalkowa seien in Minsk von der Polizei in Gewahrsam genommen worden. Später meldete die Opposition auch die Festnahme von Alexander Lawrinowitsch, der Streiks in einem wichtigen Industriebetrieb anführte.

Die Opposition zieht die Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko in Zweifel, der nach offiziellen Angaben 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben soll. Seit der Wahl vor gut zwei Wochen gibt es täglich Demonstrationen. Allein am Sonntag protestierten schätzungsweise 200 000 Menschen. Lukaschenko hat den Koordinierungsrat als Versuch kritisiert, eine Parallelregierung zu bilden und gedroht, Mitglieder müssten mit Strafanklagen rechnen. Belarussische Staatsanwälte begannen danach, wegen des Verdachts der Untergrabung der nationalen Sicherheit zu ermitteln.

Neben Demonstrationen gibt es auch Streiks in Industriebetrieben gegen Lukaschenko. Dylewski organisierte einen Ausstand im Minsker Traktorenwerk, Lawrinowitsch in einer Fabrik für Abschleppfahrzeuge. Kowalkowa ist eine der wichtigsten Beraterinnen von Lukaschenkos Herausfordererin bei der Präsidentenwahl, Swetlana Tichanowskaja.

Lukaschenko mit Kalaschnikow im Hubschrauber

Diese ist nach Litauen geflohen und traf sich am Montag mit US-Vizeaußenminister Stephen Biegun und bestätigte anschließend ihre Bereitschaft über eine Machtübergabe in Belarus zu verhandeln. Außerdem dankte Tichanowskaja den USA für ihre Unterstützung.

Lukaschenko hat den Demonstrantinnen und Demonstranten wiederholt vorgeworfen, sie würden von den USA unterstützt, die Nato beschuldigt, Truppen an der Grenze zusammenzuziehen, und erklärt, Russland habe ihm Sicherheitsunterstützung zugesagt. Während der Demonstration am Sonntag war er auf Videoaufnahmen zu sehen, wie er mit einer offenbar ungeladenen Kalaschnikow aus seinem Hubschrauber steigt. Auch sein 15-jähriger Sohn war mit einem Gewehr zu sehen. Später erklärte Lukaschenko, die Demonstranten seien davongelaufen.

Heiko Maas äußert sich

Koordinierungsratsmitglied Maria Kolesnikowa sagte, Lukaschenkos Auftritt zeige, wie nervös die Regierung sei. Die Festnahmen von Ratsmitgliedern sollten den Leuten Angst machen. „Sie ignorieren unsere Vorschläge für einen Dialog und antworten mit Unterdrückung“, sagte Kolesnikowa der Nachrichtenagentur AP.

Bundesaußenminister Heiko Maas rief Lukaschenko auf, die Realität auf den Straßen anzuerkennen. Die äußerst kritische Situation in Belarus könne nur durch einen Dialog entschärft werden. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sei dafür der richtige Rahmen.

In Moskau sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow, Russland stehe nicht in Kontakt mit der belarussischen Opposition. Dies wäre eine Einmischung in interne Angelegenheiten. „Wir halten es für falsch und haben nicht die Absicht, es zu tun, zumindest nicht während der gegenwärtigen „heißen“ Etappe“, sagte Peskow.