Trümmer und Zerstörung: In der libanesischen Hauptstadt Beirut kam es zu einer Explosion, bei der mehr als 100 Menschen ums Leben kamen. Grund soll ein Ammoniumnitrat-Lager gewesen sein. Foto: AFP/STR

Mehr als 100 Menschen kamen bei einer Explosion im libanesischen Beirut ums Leben. Auslöser dafür war vermutlich eine sehr große Ladung Ammoniumnitrat. Doch worum handelt es sich bei dieser Substanz?

Beirut - Bilder der Zerstörung gehen um die Welt. Bilder von umherirrenden Menschen, von Trümmern und riesigen Rauchsäulen. Mehr als 100 Tote und 4000 Verletzte werden nach einer gewaltigen Explosion im Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut beklagt. Auslöser der Detonation könnten rund 2750 Tonnen Ammoniumnitrat gewesen sein. Diese sollen jahrelang ohne Sicherheitsvorkehrungen im Hafen von Beirut gelagert worden sein, sagte Ministerpräsident Hassan Diab dem Präsidialamt zufolge. Doch wieso ist die Substanz so gefährlich?

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Was ist Ammoniumnitrat?

Ammoniumnitrat ist ein fester, farbloser Stoff. Bei Raumtemperatur liegt er in Kristallform vor. Die Substanz ist das Salz, das durch die Neutralisierung von Ammoniak mit Salpetersäure entsteht. Es ist Bestandteil vieler Düngemittel, wird aber auch zur Herstellung von Sprengstoffen verwendet. Kommt es in Berührung mit Wasser, wirkt es endotherm, das heißt die Temperatur sinkt. Der Stoff wird deshalb auch für die Herstellung von Sofort-Kühlbeuteln verwendet.

Videos von der apokalyptischen Explosion gehen derzeit um die Welt:

Wieso ist die Substanz so gefährlich?

Ammoniumnitrat gilt als brandfördernd und kann beim Erhitzen explodieren. Wird die Substanz mit einer Temperatur unter 300 Grad Celsius erhitzt, zerfällt sie in Wasser und Lachgas (Distickstoffmonoxid). Gefährlich wird es, wenn das Ammoniumnitrat schnell über 300 Grad heiß wird. Dabei kommt es zu einem explosionsartigen Vorgang vom Feststoff zu den gasförmigen Produkten Stickstoff, Wasserstoff und Wasserdampf. Auch eine falsche Lagerung kann zur Explosion führen. Dann verhält sich das Ammoniumnitrat wie ein Komposthaufen: Es erhitzt sich. Bei einer großen Menge fängt die Substanz Feuer. In Düngemitteln darf der Stoff nur in Mischungen, zum Beispiel mit Kalk, verwendet werden.

Gab es vergleichbare Explosionen?

1921 kam es zu einer Katastrophe im Oppauer Ammoniakwerk. Dort wurde routinemäßig vor dem Versand ein festgewordenes Dünger-Gemisch mit Dynamit aufgelockert. Vermutlich aufgrund eines Fehlers beim Mischverhältnis kam es zur Explosion. 561 Menschen kamen ums Leben.

1947 explodierte im Hafen von Texas City die mit Ammoniumnitrat beladenen Frachter Grandcamp und Highflyer. 486 Menschen starben, mehr als 3000 Menschen wurden verletzt. Im gleichen Jahr explodierte im Hafen von Brest der mit Ammoniumnitrat beladene Frachter Ocean Liberty. 21 Menschen kamen zu Tode.

2001, exakt 80 Jahre nach der Katastrophe von Oppau, starben bei einer Ammoniaknitrat-Explosion in Toulouse 30 Menschen.

2004 kam es im nordkoreanischen Ryongchon zur Explosion eines mit Ammoniumnitrat beladenen Zugwaggons. 154 Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben.

Auch bei mehreren Terroranschlägen wurde der Stoff missbraucht, beispielsweise 1995 in Oklahoma City oder in Oslo 2001.