Ob es in Schlachthöfen mit rechten Dingen zugeht, wird auch im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen künftig wieder stärker kontrolliert. Foto: dpa/Ingo Wagner

Nach den Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen werden die Arbeitsbedingungen verbessert – obwohl sie möglicherweise nicht der einzige Grund für die hohe Infektionsrate sind.

Berlin - Erst vor zwei Wochen ist bekannt geworden, dass sich gut 200 Mitarbeiter eines Fleisch verarbeitenden Betriebes im nordrhein-westfälischen Coesfeld mit dem Coronavirus angesteckt haben. Kurz darauf wurden auch aus einer Fleischfabrik im niedersächsischen Osnabrück Infizierte gemeldet, die teils „vom gleichen Subunternehmer eingestellt worden waren“, wie das Robert-Koch-Institut schreibt, das zudem ähnliche Fälle im bayerischen Landkreis Straubing oder bei Pforzheim verfolgt. Die Fälle rückten erneut mangelnden Arbeitsschutz, schlechte Arbeitsbedingungen sowie die erst recht in einer Pandemie unangemessene Unterbringung osteuropäischer Arbeiter ins Bewusstsein – und haben nun die Bundesregierung zum Handeln veranlasst.

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Auf Vorschlag von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat das Bundeskabinett am Mittwoch Eckpunkte eines Aktionsplans verabschiedet, der in den kommenden Wochen und Monaten umgesetzt werden soll. „Besserer Arbeitsschutz in der Fleischwirtschaft ist dringend nötig – das haben die letzten Tage nochmals gezeigt“, sagte der Sozialdemokrat, da die gehäuft auftretenden Infektionen aus seiner Sicht nicht nur die Arbeitnehmer selbst gefährden, sondern auch „die lokalen Lockerungen, die wir gemeinsam erreicht haben“.

Werksverträge werden verboten

Zentraler Bestandteil des Pakets ist ein Gesetz, mit dem zum 1. Januar das Schlachten und Verarbeiten von Fleisch nur noch Betriebsangehörigen gestattet ist. Damit gehören Werksverträge und der Einsatz von Leiharbeitern in diesem Bereich der Vergangenheit an. „Die organisierte Verantwortungslosigkeit in Subunternehmerkonstruktionen“, so Minister Heil, werde damit beendet. Auch Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) sprach von Zuständen in der Branche, die „nicht haltbar“ seien, und begrüßte den Beschluss.

Aus ihrer Partei waren zuvor Vorbehalte gegen strengere Auflagen laut geworden – auch weil Fleischfabrikant Clemens Tönnies, nebenbei Aufsichtsratschef beim Fußballverein FC Schalke 04, „massive, strukturell-negative Veränderungen für die Agrarwirtschaft“ für den Fall eines Werksvertragsverbots vorausgesagt hatte. Nach dem Beschluss, den die Unionsminister dennoch mittrugen, warnte die Branche vor einem Verlust an Fachkräften, da nicht alle Mitarbeiter mit Werkverträgen fest angestellt werden könnten. Der niedersächsische Verband der Geflügelzüchter brachte gar eine Auslandsverlagerung von Schlachthöfen ins Spiel. Um das zu verhindern, forderte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gesamteuropäische Regeln für die Branche.

Die Kontrollquote soll wieder steigen

In Deutschland wird es jetzt wieder häufiger Arbeitsschutzkontrollen geben. „Die Kontrollquote wird verbindlich festgeschrieben“, schreibt Heils Ministerium zu der geplanten Gesetzesänderung, die „Risikobranchen“ betreffen soll. Während die zuständigen Behörden 2008 noch in 332 000 Betrieben anrückten, wurde die Einhaltung geltender Regeln zehn Jahre später bei 167 000 Visiten nur noch halb so oft überprüft.

Zur besseren Kontrolle soll auch gehören, dass Arbeitgeber verpflichtet werden, die Behörden über Wohn- und Einsatzorte ihrer ausländischen Arbeitskräfte zu informieren. Speziell die Fleischwirtschaft wird auf eine digitale Arbeitszeiterfassung verpflichtet – der Strafrahmen bei Verstößen wird auf 30 000 Euro verdoppelt. Experten sollen zudem untersuchen, ob Betriebskontrollen in Schlachthöfen nicht sowohl das Wohlergehen der Mitarbeiter als auch den Umgang mit den Tieren umfassen und somit häufiger stattfinden könnten.

Liegt es auch an der niedrigen Temperatur?

Dass Fleischfabriken zu einem Corona-Schwerpunkt geworden sind, hängt dem Berliner Virologen Christian Drosten zufolge möglicherweise nicht nur von den Arbeitsbedingungen, sondern auch von der niedrigen Temperatur in Kühlhäusern ab: „Ich stelle mir da schon immer mehr die Frage, ob diese hohen Übertragungsaktivitäten in Schlachthöfen nicht etwas anzeigen, was wir sonst im Winter auch weitflächig erleben werden.“