Die Polizei und die Staatsanwaltschaft prüfen nach dem Teileinsturz der Dresdner Carolabrücke eine strafrechtliche Relevanz. Die Dokumentation der Schäden geht derweil weiter.
Der Teileinsturz der Carolabrücke beschäftigt nun auch die Dresdner Staatsanwaltschaft. Gemeinsam mit der Polizei werde geprüft, ob es Anhaltspunkte für das Vorliegen eines strafrechtlich relevanten Sachverhalts gibt, teilte ein Sprecher mit. Zuerst hatte die „Sächsische Zeitung“ berichtet. Laut Staatsanwaltschaft liegen mehrere Anzeigen von Bürgern gegen Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) sowie gegen Unbekannt vor. Dabei geht es unter anderem um Sachbeschädigung und Baugefährdung. Die Anzeigen würden auf ihre strafrechtliche Relevanz geprüft. Die AfD im Landtag warf der sächsischen Regierung vor, mit ihrer Verkehrspolitik das Leben der Bürger zu gefährden.
Derweil geht die Schadensdokumentation weiter. Brückenexperte Steffen Marx geht von Auswirkungen für ganz Deutschland aus. Bei der Bewertungsmethodik von Brücken habe man sich bisher sicher geglaubt, sagte der Professor am Institut für Massivbau an der TU Dresden. „Wir haben gesehen, das ist nicht ausreichend der Fall (...) Die Frage ist natürlich: Wie kommen wir zu einer sicheren Bewertung?“. Es gebe andere Methoden, mit denen man die Sicherheit verbessern könne, etwa Schallemissionsmonitoring. Dabei werden Mikrofone an der Betonoberfläche befestigt, die das Brechen von Drähten in der Brücke erfassen können.
Einsturz ohne Verkehrslast „untypisch“
Ein Teil der Carolabrücke, die nahe der Dresdner Altstadt über die Elbe führte, war vor einer Woche eingestürzt. Verletzt wurde niemand. Betroffen war der Brückenzug, auf dem die Straßenbahn fuhr sowie ein Geh- und Radweg lag. Weitere Teile dieses Brückenzuges auf Neustädter Seite wurden kontrolliert zum Einsturz gebracht. Vor Eintreffen des nahenden Hochwassers wurde der Uferbereich von den Abbruchteilen geräumt. In der Elbe befinden sich aktuell jedoch noch Teile, die erst nach dem Hochwasser entfernt werden können.
Marx bezeichnete den Einsturz, der sich am frühen Morgen ohne Verkehrslast ereignete, als „sehr untypisches Versagen“. „Eher ist wahrscheinlich, dass eine Brücke unter Volllast einstürzt.“ Aktuell habe man bei den Untersuchungen dazu zwei Hypothesen: Es könnte ein Schwertransport, der kurz zuvor die Brücke passierte, oder die plötzliche Abkühlung nach einer sehr warmen Periode den Einsturz initiiert haben. Die Ursache liege aber aus seiner Sicht eindeutig in der Korrosion, betonte Marx.
Brücke hat keine Auswirkungen auf aktuelles Hochwasser der Elbe
Der noch in der Elbe verbliebene Teil der Brücke habe derzeit keine Auswirkungen auf den steigenden Pegelstand, teilte die Stadt mit. Der Aufstau durch die Brückentrümmer betrage etwa 20 Zentimeter. Das wird stetig überwacht durch Mitarbeitende des Umweltamtes sowie von Experten des Amtes für Geodaten und Kataster. „Es kann klar gesagt werden, dass der Wasserstand durch den Brückenteil nicht beeinflusst wird“, sagte der Leiter des Dresdner Umweltamtes, René Herold.
Unterdessen nahm in der Stadtverwaltung eine Task Force die Arbeit auf. Sie soll sich mit der Regelung der Verkehrsströme ohne die Carolabrücke befassen. Aufgabe und Ziel sei es, Interimslösungen zu entwickeln. „Die Carolabrücke ist eine wichtige Lebensader. Neben dem ÖPNV und dem Autoverkehr ist sie eine wichtige Verbindung für Radfahrer und Fußgänger“, betonte Baubürgermeister Kühn. Man müsse rasch Lösungen für die neue Situation finden. Laut Stadt hat sich Arbeitsgruppe darauf verständigt, ein Konzept für die Adventszeit zu erarbeiten. Wie jedes Jahr würden dann hunderttausende Besucher in der Innenstadt erwartet. Mit einer Wiedereröffnung der übrigen Brückenzüge sei vorerst nicht zu rechnen:
Zugleich informierte die Stadt über den Zustand der Dresdner Brücken insgesamt. „Die 314 Dresdner Brücken weisen zu 72 Prozent Zustandsnoten von 2,4 oder besser auf. In den vergangenen Jahren konnte der Anteil der Brücken mit Zustandsnoten von 3,0 oder schlechter von sieben Prozent auf vier Prozent gesenkt werden“, hieß es. Wo die Tragfähigkeit eingeschränkt sei, habe man präventive Maßnahmen bereits umgesetzt.
Dresdner Brücken stehen nun verstärkt im Fokus
Für alle Spannbetonbetonbrücken in Dresden wurden weitere Untersuchungen geprüft und Maßnahmen eingeleitet, teilte die Stadt mit. Besonders im Fokus stünden Bauwerke aus der Zeit vor 1993. Seit dem Unglück habe man nochmals alle Spannbetonbrücken in Dresden in den Blick genommen. An der 1967 errichteten Brücke Budapester Straße über die Gleise der Deutschen Bahn werde die bestehende Überwachung umgehend erweitert. Weitere zusätzliche Kontrollen erfolgen an der Brücke Würzburger Straße über die Weißeritz und an der Löbtauer Brücke.