Die Polizeipräsenz in der Stuttgarter Innenstadt ist hoch. Die Menschen fühlen sich sicher. Foto: Andreas Rosar Fotoagentur-Stuttgart

Das Erschrecken über den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg hält weder Touristen von weither noch Stuttgarter selbst vom Bummel durch die Budenstadt ab. Wir haben uns auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt umgehört.

„Waas? Oh Gott!“ Franz-Joseph Stölb hat am Samstagvormittag von dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt noch gar nichts gehört und erschrickt zutiefst: „Wie schrecklich!“ Er ist mit seiner Frau Sabine aus Trier gekommen, um Freunde in Ludwigsburg zu besuchen. Da sei am Freitagabend natürlich das Wiedersehen gefeiert worden, und man habe gar keine Nachrichten gehört.

Franz-Josef Stölb ist mit seiner Frau sabie aus Trier gekommen, um Freunde in Ludwigsburg zu besuchen. Foto: Andreas Rosar

Werden sie jetzt fluchtartig den Stuttgarter Weihnachtsmarkt verlassen? „Nein, natürlich nicht“, versichert das Quartett. Man sehe ja die vielen Poller und Blockaden, die eine Attacke mit Autos verhindern, da könne man sich sicher fühlen. Sabine Stölb erinnert an die ebenso vielen Sicherheitsmaßnahmen, die in Trier nach einer Amokfahrt am 1. Dezember 2021 getroffen wurden. „Damals haben wir uns über den Riesenaufwand etwas gewundert, aber jetzt weiß man, wie richtig und wichtig das ist.“

Bestens gelaunt und entspannt ist auch die Runde beim Glühwein am Schillerplatz. Es ist der Fanclub aus Rottweil, der zum Spiel des VfB gegen den 1. FC St. Pauli aus Rottweil gekommen ist und jetzt Spaß beim Vorglühen hat. Ja, sie hätten alle gleich am Freitagabend von dem Anschlag gehört, sagt Pascal Jauch, aber keine Minute dran gedacht, deshalb die verabredete Tour samt Weihnachtsmarktbesuch abzusagen. Es sei wirklich sehr schlimm, wird Jauch nachdenklich und sinniert über andere Anschlagsmöglichkeiten. „Was ist, wenn einer plötzlich ein Messer zieht? Trotz Messerverbot?“ Kontrollen habe er keine gesehen. Aber sehr viel Polizei. Er beschließt: „Man darf sich einfach nicht verrückt machen lassen.“

Der VfB-Fan Pascal Jauch hat keine Minute daran gedacht, den Besuch des Weihnachtsmarkts abzusagen. Foto: Andreas Rosar

Sandra und Peter Grießer aus Pforzheim feiern ein Jubiläum. Zum zehnten Mal sind die Freunde aus Hannover wieder zu Besuch. „Einmal im Jahr und dann immer zum Weihnachtsmarkt.“ Der Markt in Stuttgart sei einfach wunderbar, schwärmen die Hannoveraner Paare Detlef und Tanja Fürst und Britta Baumgarten mit Mirko Graen. Natürlich hätte sie die Meldung am Vorabend erschreckt und erschüttert, aber deswegen auf den Besuch verzichten? „Nein“, lacht Britta Baumgarten laut und fröhlich, sie hätten keine Sekunde gezögert. „Wir haben keine Angst.“

Für die Freunde aus Pforzheim und Hannover gehört der Besuch des Stuttgarter Weihnachtsmarkts zum alljährlichen Ritual. Foto: Andreas Rosar

„Ich habe noch nie Angst auf dem Weihnachtsmarkt gehabt“, versichert auch Adolf Weeber sehr überzeugend. Der 84-Jährige muss es wissen, er ist wohl der Schausteller mit der längsten Tradition auf dem Markt und sei schon mit vier Jahren mit dabei gewesen. „Da wurde noch der Zucker für die Zuckerwatte zugeteilt“, erinnert er sich. Kein Wunder, im fünften Kriegsjahr. Angst hat auch seine Tochter Esther nie, aber man müsse realistisch bleiben. „Ganz sicher ist man nie bei den vielen Menschen hier. Gerade ist letzte Woche ein Raubüberfall auf eine Budenbesitzerin passiert.“ Aber die Polizei sei ganz schnell da gewesen.

Budenbesitzer Adolf Weeber ist seit Jahrzehnten auf dem Weihnachtsmarkt. Angst hatte er noch nie. Foto: Andreas Rosar

„Wir waren alle geschockt“, schildert Max Göbel die Reaktion der Kollegen in den Verkaufsbuden rundherum, nachdem die Meldung bekannt geworden war. Der 20-jährige Junior aus der väterlichen Metzgerei in Heiningen bei Göppingen, hier auf dem Schillerplatz als Wild-Adresse renommiert, ist „seit 18 Jahren auf dem Markt dabei“, wie er betont, kennt also auch die Entwicklung ganz genau.

Max Göbel verkauft Wurst auf dem Markt. Die Sicherheitskontrollen, sagt er, würden immer strenger. Foto: Andreas Rosar

„Wir sind sehr froh über die massiven Sicherheitsmaßnahmen“, sagt er. Sie würden immer strenger. Das erschwere zwar immer mehr die Transporte und Anlieferungen, sei aber, wie man jetzt wieder sehe, einfach wichtig. Göbel ist auch auf dem Esslinger Weihnachtsmarkt vertreten. „Dort hat man für die Sicherheit auch alles getan, die Kontrollen werden immer strenger. Gott sei Dank.“

Susanne Lex ist Krankenschwester und vertraut auf die Notfallpläne. Foto: Andreas Rosar

Und wenn wirklich mal etwas passieren würde? „Dafür gibt es einen Notfallplan“, weiß Susanne Lex. Sie ist Krankenschwester im Marienhospital und wollte sich gerade auf dem Weg zum Dienst nochmal am Markt umsehen. Wie die Stimmung sei. „Die Stimmung ist gut“, stellt sie fest. Aber man sei ja nie gefeit vor einem Unglück. In diesem Fall würden nach dem Notfallplan alle Ärzte zusammengeholt. Aber das sei hoffentlich nicht nötig. „Ich fühle mich hier sehr sicher.“