Der Mann des Abends mit der Siegertrophäe: Patrick Mahomes Foto: AFP/Timothy A. Clary

Den Kansas City Chiefs gelingt eine starke Aufholjagd zum 38:35-Erfolg im Super Bowl gegen die Philadelphia Eagles. Entscheidenden Anteil daran hat ihr angeschlagener Quarterback.

Die Tür ging kaum mehr zu, so voll war der Interviewraum, in dem Patrick Mahomes stand. Es war kein gewöhnlicher Raum wie der knapp zehn Meter weiter rechts, wo all die anderen Spieler der Kansas City Chiefs und der Philadelphia Eagles vor die Presse traten. Nein, dies war der „Super Bowl MVP interview room“. So stand es draußen auf einem Schild. Hier kam nur der MVP – der „wertvollste Spieler“ dieses Super Bowls der US-Profiliga NFL in Glendale/Arizona – rein: Patrick Mahomes.

Der Chiefs-Quarterback hatte, wie schon im Finale 2020, sein Team am Sonntagabend (Ortszeit) zu einem großartigen Comeback und somit zum Meistertitel geführt. Mit 38:35 gewann die Mannschaft aus Kansas City in einem Offensivspektakel gegen die Eagles um ihren herausragenden Quarterback Jalen Hurts. Vor drei Jahren hatte sie gegen die San Francisco 49ers im Endspiel in Miami bis zum Schlussviertel mit 10:20 hinten gelegen, ehe Mahomes eine furiose Aufholjagd zum 31:20-Sieg eingeleitet hatte. Für seine Leistung wurde er auch damals als MVP geehrt. „Ich wünschte, ich würde es einfacher machen. Aber ich spiele einfach besser, wenn wir in Rückstand sind“, meinte Mahomes und sorgte somit für einiges Schmunzeln im Interviewraum.

Diesmal betrug der Rückstand zur Pause zehn Punkte. Die Chiefs („Häuptlinge“) waren 14:24 hinten. Dennoch darf, nein, muss dieses Comeback gegen die Eagles als das beeindruckendere angesehen werden. Denn dieser Patrick Lavon Mahomes II. hatte sich kurz vor der Pause verletzt. Er hatte, um genau zu sein, seine vor drei Wochen erlittene Verletzung am rechten Knöchel ohnehin nie richtig auskuriert. Dafür waren die Play-off-Spiele einfach zu wichtig gewesen.

Und nun hatte ihn Eagles-Linebacker T. J. Edwards erwischt, ausgerechnet an seiner neuralgischen Stelle. Mahomes lag einige Momente auf dem Rasen. Und er hatte, das war für alle sichtbar, große Schmerzen. Er habe in der Pause keine Spritze bekommen, betonte der 27-Jährige nach dem Spiel. Vielmehr sei sein Knöchel neu getappt worden. Was auch immer es war, es wirkte.

Mahomes spielte und lief nach dem Seitenwechsel, als hätte er nie eine Knöchelverletzung gehabt. „Wir wussten bereits, dass Mahomes einer der elektrisierendsten Spieler mit einem der stärksten Wurfarme des Planeten ist. Am Sonntag hat er bewiesen, dass er auch einer der zähesten Spieler der NFL ist“, schrieb der „Boston Globe“.

Mahomes’ herausragendste Aktion war jedoch nicht etwa einer seiner drei Touchdown-Pässe, sondern beim Stand von 35:35 ein Sprint über 26 Yards in der drittletzten Minute. Nie hatte er in dieser Saison im Laufspiel einen größeren Raumgewinn erzielt. Die Chiefs beendeten den Spielzug elf Sekunden vor Schluss mit dem siegbringenden Field Goal von Kicker Harrison Butker zum 38:35. „Die guten Quarterbacks machen alle um sie herum besser. Inklusive des Cheftrainers“, sagt Chiefs-Coach Andy Reid.

Trotz des Erfolges, des Jubels und der Glückseligkeit behielt Mahomes den Blick für die Realität. Ob die Chiefs durch diesen Titel nun eine Dynastie seien, wurde er gefragt. In der Geschichte der NFL hatte es schon einige dieser über viele Jahre dominierenden Vereine gegeben. Die Pittsburgh Steelers in den Siebzigern, die San Francisco 49ers der Achtziger oder die New England Patriots nach der Jahrtausendwende.

Mahomes kennt sie natürlich. Und deshalb betonte er, dass die Chiefs „noch keine Dynastie“ seien. Allerdings ergänzte er umgehend: „Wir sind noch nicht fertig.“ Dieser Meistertitel muss tatsächlich nicht der letzte gewesen sein. Es ist absolut realistisch, dass die Chiefs in den kommenden Jahren weitere Super Bowls gewinnen. Säulen wie Trainer Reid, Tight End Travis Kelce und eben Mahomes sind langfristig gebunden.

Der Quarterback kam 2018 in die Liga. Seitdem ist Mahomes mit den Chiefs jedes Jahr mindestens im Halbfinale gewesen. Er hat dreimal den Super Bowl erreicht, ihn zweimal gewonnen und ist zudem je zweimal als MVP des Finals sowie der NFL-Hauptrunde gekürt worden. Und er ist erst 27 Jahre alt.

Tom Brady hat Anfang des Monats sein Karriereende bekannt gegeben – diesmal endgültig. Der 45-Jährige war zwei Dekaden lang der personifizierte Erfolgsprofi der NFL. Sieben Super-Bowl-Siege – damit hat Brady mehr Meistertitel als die Rekordmeister New England Patriots und Pittsburgh Steelers (je sechs). Doch Brady ist nun Vergangenheit. Mahomes hingegen ist Gegenwart und Zukunft – das neue Gesicht der Liga.

Und er wird mit den Chiefs im Herbst in Frankfurt spielen. Deutschland darf sich freuen. Auf den Super-Bowl-Champion mit seinem Superstar Patrick Mahomes.