Fulminante Musik wurde bei der Weihnachtssession in der Sindelfinger Stadthalle geboten. Doch die Zukunft der Traditionsveranstaltung ist offen. Wie geht weiter?
Noch sehr übersichtlich war das Foyer der Stadthalle Sindelfingen, als die ersten Bands das Mammutprogramm des Abends einläuteten. Bereits der Vorverkauf für das traditionelle „Alle-Jahr-wieder“-Treffen am zweiten Weihnachtsfeiertag war mäßig gelaufen. Die Veranstalter hofften, dass viele Besucher noch spontan auftauchen würden. Doch der Andrang hielt sich in Grenzen. Rund 500 Gäste dürften es am Ende gewesen sein, darunter Freunde und Bekannte der Musiker, Techniker und weiteres Veranstaltungspersonal. Dabei hätte die Veranstaltung ohne Zweifel deutlich mehr Gäste verdient gehabt.
Aufreger: die gestiegene Hallenmiete
Stammbesucher Andreas Henkel aus Sindelfingen wunderte sich über den verhaltenen Zuspruch: „Der zweite Weihnachtsfeiertag ist seit jeher für die Weihnachtssession reserviert. Hier treffen sich sonst so viele Leute, die sich das ganze Jahr über nicht sehen. Wenigstens kam mein Kumpel aus Freiburg extra angereist“, sagte er. Auch er hatte von der deutlich gestiegenen Hallenmiete gehört und der damit verbundenen Frage, ob es die Weihnachtsession, die in der 43. Auflage stattfand, überhaupt dauerhaft Bestand haben kann. „Es wäre jammerschade, wenn das nicht mehr stattfände“, sagte Andreas Henkel noch – um den Abend dann in vollen Zügen zu genießen.
Jonas Stephan, Drummer der Band „Skin of Clazz“ und sonst immer auf der Bühne zu sehen, war diesmal als Besucher da. Im Gespräch bestätigte er, dass die gestiegenen Hallenkosten in der Kulturszene ein Aufregerthema seien. „Die Kosten für die Stadthalle sind um 30 Prozent gestiegen“, hatte Joachim „Jokes“ Pflieger, der von Beginn an zum Organisatorenteam gehört und Vorsitzender des Weihnachtssession-Vereins ist, kurz vor Weihnachten gegenüber unserer Zeitung kritisiert. „Das können wir nicht mehr stemmen.“ Zuletzt war das delikate Thema auch im Gemeinderat auf der Tagesordnung gestanden.
Musiker Jonas Stephan blickt dennoch zuversichtlich in die Zukunft. Zusammen mit Veranstalter „Jokes“ Pflieger will er sich bald zusammensetzen und Ideen schmieden. Gut möglich, dass er sein Organisationstalent künftig der Weihnachtssession zur Verfügung stellen wird.
Konzertfreunde kommen auf ihre Kosten
Wie auch immer: Die Konzertfreunde, die sich für einen Besuch des „Alle-Jahre-wieder“-Treffens entschieden hatten, kamen voll auf ihre Kosten. Musikalisch gab es wieder ein breites Angebot. Nach „Session Part“ legte „A Sound of Watermelon“ mit Songs aus Pop-Rock, R’n’B und Country bis hin zu jazzig angehauchten Klängen los. Es war ein passendes Aufwärmprogramm für all die nachfolgenden Schmankerl. „Groove 4 Friends“ mit Sängerin Birgit Vescovi und Gitarrist Tobias Götzmann, eine der Session-Stammbands, ließ vor allem mit Akkordeonist Igor Petrov aufhorchen. „Buffalo Bones“ zeigten im Anschluss, wo der „Rock-Hammer“ hängt.
Danach betraten die Jazzer Maile/Scheu/Arnsek/Lutz die Bühne und spielten mitreißenden Straight-ahead-Jazz, bei dem Altmeister wie Herbie Hancock anklangen. Auch nicht-jazzaffine Gäste bestaunten und beklatschten die Champions-League-Musiker. Was den halligen Sound in der Stadthalle betrifft, wäre dieses Genre dennoch in einem Jazzclub oder einem Konzertsaal besser aufgehoben. „Rocxus“ ließ nochmal Hard & Heavy aufleben, bevor „Voevoe-family & friends“ die Halle endgültig rockte.
Erschöpfte, aber glückliche Gesichter
Voevoe ist der Künstlername von Sängerin Vivianne Küting, deren Vater in Schlagzeugerkreisen bestens bekannt ist. Der durfte diesmal an die Congas und Bongos, während sein Sohn Leon hinter dem Drum-Set Platz nahm. Ebenfalls mit dabei: Martin Wernado, Vorsitzender des Jazzforums Aidlingen, am Bass, Jan Pfingsten (Klavier) und der kongeniale Sänger Christian Fenske. Unverbraucht und frisch kam diese Formation rüber. Hits wie „Walking On Sunshine“ oder „Jump” waren ganz nach dem Geschmack des Publikums und machten ein Stillsitzen fast unmöglich.
Um Mitternacht standen schließlich die knapp 20 Musiker der „Point of View Session Band“ auf der Bühne und läuteten mit geballter Bläser-, Gesanges- und Saitenkraft das Ende der fast sechsstündigen Veranstaltung ein. Ein langer Abend endete in den frühen Morgenstunden – mit erschöpften, glücklichen Gesichtern. Die Weihnachtssession muss, so die einhellige Meinung von Musikern und Publikum, erhalten bleiben.