Brandenburg, Potsdam: Passanten mit Mundschutz gehen im Hauptbahnhof an einem Schild der Bahnhofs-Passagen mit der Aufschrift «Herzlich willkommen zurück! Tragepflicht Mund-Nasen-Bedeckung.» vorbei. Foto: picture alliance/dpa

Im Schienenverkehr ist der Mund-Nasen-Schutz Pflicht. Doch nicht alle halten sich daran – auch weil zu wenig Kontrollen und Strafen drohen.

Berlin - Die Deutsche Bahn AG setzt auf Einsicht und guten Willen ihrer Kunden. „Maske auf? Na klar!“ Unter diesem Motto will der Staatskonzern in den nächsten Wochen bundesweit mehr als 300 000 kostenlose Schutzmasken an Bahnhöfen verteilen. „Wir möchten, dass alle unsere Fahrgäste sich wohl und sicher fühlen, am Bahnhof und im Zug“, sagt Hans-Hilmar Rischke, Leiter Konzernsicherheit bei der DB. Dazu gehöre der Schutz vor Infektionen: „Das geht aber nur mit Rücksichtnahme und einem verantwortungsvollen Miteinander.“

Manche Strecken wieder gut gefüllt

Wer in diesen Pandemie-Zeiten mit dem Zug unterwegs ist, bekommt indes häufig vor Augen geführt, dass manche Mitfahrer es an Rücksicht und Verantwortung fehlen lassen. Mundschutz? Fehlanzeige. Wenn noch viel Platz im Wagen ist und Maskenverweigerer allein auf weiter Flur sitzen, mag das angehen. Doch inzwischen sind manche Züge auf Pendler- und Urlaubsstrecken wieder gut gefüllt. Da ist das Sicherheitsgefühl schnell dahin, wenn sich auf dem Nebensitz ein uneinsichtiger Fahrgast breit macht.

Dabei sind die Regeln klar. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist in allen Fern- und Regionalverkehrszügen in ganz Deutschland Pflicht, ebenso auf Bahnhöfen und an Haltestellen. Die Bundesländer haben sich auf die Maskenpflicht in Zügen und allen öffentlichen Verkehrsmitteln bundesweit verständigt und diese in ihren jeweiligen Verordnungen umgesetzt. Ausnahmen gelten in ICE- und Intercityzügen nur für Kinder unter sechs Jahren und Fahrgäste, die gerade essen oder trinken. Mit ihrer bundesweiten Verteilaktion will die DB ihre Kunden nun daran erinnern – wieder einmal auf die sanfte Art. Mancher verärgerte Reisende würde sich eine härtere Gangart wünschen.

„Keine Patentrezepte“

Schließlich ist klar, dass die Corona-Pandemie noch nicht überwunden und das Ansteckungsrisiko in geschlossenen Räumen und ohne Schutzmasken höher ist. Selbst manch sonst treue Bahnkunden steigen daher aus Vorsicht seit Monaten lieber ins Auto statt in den Zug. Der Nachfrageeinbruch beschert den Transportunternehmen riesige Verluste. Verständlich, dass man da die verbliebenen Fahrgäste nicht noch durch strikte Kontrollen oder Bußgelder für Maskenlose verärgern und vertreiben will.

„Der Umgang mit der Maskenpflicht ist eine schwierige Gratwanderung, es gibt keine Patentrezepte“, sagt Karl-Peter Naumann. Der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn ist fast jeden Tag auf der Schiene unterwegs und sieht die Probleme vor allem auf Bahnhöfen und im städtischen Nahverkehr. Da sei die Disziplin mancher Fahrgäste deutlich geringer, zum Beispiel in Städten wie Berlin. Wichtig seien bundesweit einheitliche Regeln, klare Hinweise vor Ort, regelmäßige Kontrollen und notfalls auch Bußgelder für sture Verweigerer, um die Maskenpflicht durchzusetzen, sagt der erfahrene Experte: „Gerade regelmäßige Durchsagen im Zug und auf Bahnhöfen schaffen Bewusstsein dafür, was erlaubt ist und was nicht.“ Das hätten die guten Erfahrungen in den Metronom-Regionalzügen gezeigt, wo seit Jahren darauf hingewiesen wird, dass das Trinken von Alkohol in Zügen verboten ist.

Personal kontrolliert die Masken

Eine weitere Erfahrung: Je mehr Zug- und Bahnhofspersonal unterwegs und präsent ist, desto eher respektieren Reisende die Vorschriften. Bei der DB sollen jetzt verstärkt „Präventionsmitarbeiter“ Fahrgäste ohne Maske ansprechen und auf die Tragepflicht hinweisen. Die Aktion hat vor Wochen bereits am Brennpunkt Berlin begonnen, nun seien die Teams auch in anderen Regionen unterwegs.

In der Hauptstadt hat die rot-rot-grüne Koalition erst Ende Juni nach langem Zögern ein härteres Vorgehen gegen Maskenverweigerer vereinbart, nachdem immer mehr Menschen ohne Mund- und Nasenschutz in Bus, U- oder S-Bahn unterwegs waren, weil niemand kontrollierte und keine Strafen drohten. Nun können Bußgelder von 50 bis 500 Euro fällig werden, die Polizei soll besser durchgreifen. Inwieweit das im Alltag umzusetzen ist, wird sich zeigen. Die sonst vorgeschriebenen Abstandsgebote von 1,5 Meter sind in Bahnen, S-Bahnen und Bussen jedenfalls oft kaum einzuhalten, zumal in Stoßzeiten, wenn zahlreiche Pendler sich inzwischen auf manchen gefragten Verbindungen dicht an dicht drängen.

Bahn warnt vor vollen Zügen

Die Verkehrsunternehmen raten daher, auf weniger ausgelastete Züge auszuweichen. Im DB-Fernverkehr warnt die App schon vor der Buchung, wenn ein ICE bereits zu 50 Prozent und mehr besetzt ist. Dann wächst das Risiko, dicht an dicht zu sitzen, denn es gibt keine Reservierungspflicht und Reisende können auch in Corona-Zeiten mit einem teureren Ticket in jeden Zug steigen und einen freien Platz besetzen. Maskenverweigerern drohen anders als beim Schwarzfahren, das ein Straftatbestand ist, im Fernverkehr auch bisher keine teuren Bußgelder. Allerdings kann die DB bei Eskalationen ebenfalls die Bundespolizei einschalten, die hartnäckige Störer dann beim nächsten Halt aus dem Zug holt. Auch deshalb seien wieder mehr Einsatzstellen der Ordnungshüter vor Ort nötig, fordert Pro-Bahn-Experte Naumann. Das Netz der Bundespolizei, die für den Fern- und Regionalverkehr der Bahn zuständig ist, sei lange zu sehr ausgedünnt worden.