Im Sommer 2024 sind ungewöhnlich viele Mücken unterwegs. Das zeigen Daten eines Karlsruher Startups. Wie lange das noch so weitergeht.
Der Sommer 2024 bringt mindestens eine gefühlte Mückenplage über weite Teile Deutschlands. Nach Starkregen und Hochwasser gab es Ende Juni bereits eine erste Welle mit extrem vielen Mücken etwa in der Rheinebene. Seit einigen Tagen rollt eine zweite Welle. Sie bildet sich im „Bite Index“ des Karlsruher Startups Kamedi ab.
Der Hersteller des per Smartphone betriebenen Wärmestifts sammelt anonyme Nutzungsdaten von knapp einer halben Million hierzulande verkauften Geräten. Hunderttausende Stiche wurden damit in der vergangenen Woche behandelt, mit stark steigender Tendenz:
Sind die Daten plausibel? Der „Bite Index“ ist kein wissenschaftlich anerkanntes Maß, um die Mückenbelastung zu messen. Denkbar ist beispielsweise, dass die Geräte häufiger im Einsatz sind, wenn Menschen in den Urlaub fahren. Zumindest der Vergleich mit der Mückensaison 2023 wird aus den Daten aber möglich, und es zeigt sich auch ein starker Anstieg der Behandlungszahlen infolge von Hochwasser und Starkregen.
Ist es wirklich so dramatisch? Mücken gehören natürlich zum Sommer dazu, und möglicherweise erzeugt die breite Berichterstattung seit Anfang Juni eine höhere Sensibilität für das Thema. Von einer Mückenplage spreche man, wenn an einem Ort 20 Stechmückenanflüge pro Minute gezählt werden, sagt die Mückenforscherin Doreen Werner.
Das wird man sicherlich nicht überall erreichen, doch 2024 gibt es nach einhelliger Expertenmeinung mehr Mücken als üblich. Das führte etwa in Bayern zu zwischenzeitlich stark schwindenden Mückenspray-Beständen. Beunruhigend sind Sichtungen der Asiatischen Tigermücke etwa im oberschwäbischen Naturschutzzentrum Wurzacher Ried und am Bodensee klagte man erst über viele Mücken, dann über weniger Touristen.
Wie lange geht das noch so weiter? Etwa zwei Wochen dauert es, bis sich in einem überfluteten Gebiet eine aus dem Ei geschlüpfte Larve zur flugfähigen Mücke entwickelt. Anschließend lebt sie vier bis sechs Wochen. Zudem entwickeln sich nicht alle Larven bei der ersten Überflutung. Insofern dürften jetzt noch Mücken in der Luft sein, die infolge der Überschwemmungen von Anfang Juni geschlüpft sind. Danach gab es immer wieder Starkregen, aber nicht mehr so starke Überflutungen. Das legt nahe, dass nach dem starken Anstieg der vergangenen Tage zwar kein abrupter Abfall, aber zumindest kein anhaltend starker Anstieg der Mückenbelastung ansteht.
Was tun gegen Stechmücken? Weite, lange Kleidung verhindert Mückenstiche, ebenso Fenstergitter und Duftstoffe, etwa Mückenspray. Wasserflächen am eigenen Haus sollten möglichst trockengelegt oder, etwa bei einer Regentonne, einmal pro Woche ausgeleert werden. Zudem helfen Bakterien (Bti) oder alternativ Hausmittel. Das ist auch aus Sicht von Mückenforschern unbedenklich, jedenfalls im eigenen Garten. Besonders kreativ wird man in Ulm: Dort verteilt die Stadtverwaltung bereits seit 2019 Nisthilfen für Schwalben – nicht zuletzt weil die Vögel massenhaft Mücken fressen.