Der Modelleisenbahnclub Stuttgart öffnet wieder. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Nach pandemiebedingter Pause öffnet der Modelleisenbahnclub Stuttgart zur Adventszeit wieder seine Clubräume – coronakonform. Ein Erlebnis im Zwischengeschoss – nicht nur für Bahnfans.

Stuttgart - Gleis 9 ¾? Das mag Harry-Potter-Fans in den Sinn kommen, wenn sie sich erstmals auf die Suche nach den Räumen des Modelleisenbahnclubs Stuttgart (MECS) machen. Befindet der sich doch im zweiten Zwischengeschoss der S-Bahn-Haltestelle „Universität“ in Stuttgart-Vaihingen. Wer dann die beiden Treppen hinunter genommen hat, muss freilich nicht durch eine Säule wie der Jungzauberer auf dem Londoner Bahnhof King’s Cross. Es geht durch eine Doppelstahltür, die – sich in die Wandverkleidung einfügend – nicht vermuten lässt, welch fantastische Welt sich dahinter verbirgt. Dort wachen grüne, bewaldete Hügel über sanfte Täler, brüsten sich Städtchen mit pittoresken Häusern und Kirchen im Stil von Historismus bis Moderne, locken Marktplätze mit Cafés, kündet ein Bauernhof von intakter Natur und glücklichen, frei lebenden Tieren.

Auf der Spurweite H 0 von Bahnhof zu Bahnhof

Diese fiktive Mittelgebirgslandschaft haben die Mitglieder des ältesten Modelleisenbahnclubs der Landeshauptstadt – er wurde am 15. März 1947 in der Gaststätte „Spittaecke“ in Stuttgart-West gegründet – so liebevoll wie detailgetreu nachgebildet. Im Maßstab 1:87 und in Form einer überdimensionalen „Sieben“. In dieser gemalten und gebaute Kulisse liegt knapp ein Kilometer Schienen: Auf der Spurweite H 0 im Zweileitergleichstromsystem verkehren Züge zwischen vier Bahnhöfen, zwei Schattenbahnhöfen, einer eingleisigen Strecke, Ausweich-, Warte- sowie Umfahrgleisen. ICEs sind darunter, aber die 80 Zugeinheiten stammen überwiegend aus den Epochen III und IV. „Das ist die Zeit nach 1945 bis 1970 sowie 1970 bis 1990“, erläutert Peter Anhalt. Der Geschäftsführer des 45 Mitglieder zählenden Clubs bildet mit Wolfgang Krampe, Hans-Ulrich Firnhaber und Christian Matz auch dessen Vorstand.

Publikum darf wieder kommen

Sie alle sind froh, dass sie – nach coronabedingter Pause – nun zu Weihnachten wieder ihre große Modellbahnanlage fürs Publikum öffnen können. „Gemäß den aktuellen Vorgaben der Coronaverordnung“, betont Anhalt. Das Online-Ticket ist vorab auf der Homepage zu buchen, die Luca-App zu installieren, 3 G mit PCR-Test nachzuweisen. „Oder 2 G – je nach aktueller Lage“, so Geschäftsführer Anhalt. Noch nicht stattfinden könnten die erfolgreichen Bastelevents für Kinder.

Das Café hat geöffnet – mit Blick auf die Anlage

Das Café auf der eingebauten Zwischenebene, das besten Ausblick auf die Anlage bietet, habe eingeschränkt geöffnet, so Anhalt. Ansonsten sei es wie bei den einstigen Vorführtagen. „Die Clubanlage ist mit der neuen Paradestrecke voll in Betrieb, ebenso der Basar mit Zügen und Zubehör aus unserem Lager, viele neue Ausstellungsdetails sind zu entdecken.“ So haben die Mitglieder, die sich nach Gusto, Wissen und Erfahrung Rahmen- und Holzbau, Gleis-, Weichen- und Signalbau, elektrischen Schaltungen, Geländebau, Stadtentwicklung und Fahrzeugpflege widmen, in der Coronazeit etwa ein veritables Flusstal geschaffen. Darüber führen Autobrücke, Stahlbrücke sowie eine gebogene Steinbrücke. „Die gibt es so nicht im Handel, sie wurde im Eigenbau angepasst.“

Das gleiche gilt für die Strecken, die sich in Radien der Landschaft anschmiegen; sei es hin zum Felsenwasserfall oder den Terrassierungen, die bald zu Weinbergen werden sollen. „Braucht man in Süddeutschland“, schmunzelt ein fleißiger Planer, während ums Eck Mitglieder an drei vollelektronischen Stellpulten den Fahrbetrieb überwachen. Auch diese wurden im Club entwickelt – 95 000 Meter Kabel verlegt. Die Zugfahrt der Zukunft wird indes an einer volldigitalen „Modellprojektecke“ getestet: am Bildschirmstellpult ohne Knöpfe und Kippschalter. All das bewunderten vor Corona etwa 3500 Besucher im Jahr – und unterstützten damit den Verein, der keine öffentliche Förderung erhält. Anhalt: „Wir hoffen, dass wieder viele den Weg zu uns finden.“

Weitere Infos unter: www.mec-stuttgart.de