RTL inszeniert „Die Passion“ – und viele Promis sind dabei. Foto: RTL/Benno Kraehahn

Das Sterben und die Auferstehung Christi als Oster-Musical mitten in Essen: RTL wagt sich an die Geschichte aller Geschichten heran. Die Rollenbesetzung mit Reality-Gesichtern und Casting-Kandidaten hat latentes Verwitzelungspotenzial. Aber der Sender meint es ernst.

„Die Zehn Gebote“ mit Charlton Heston, „Die größte Geschichte aller Zeiten“ mit Max von Sydow: Die Geschichte ist voll mit Bibel-Verfilmungen - und vorzugsweise werden die angegrauten Klassiker rund um Ostern im Fernsehen wiederholt. In diesem Jahr aber stößt etwas ganz Neues zum Kanon der Retter-und-Erlöser-Stoffe - nicht mit Charlton Heston, dafür aber mit Thomas Gottschalk. RTL zeigt am Mittwoch (13. April, 20.15 Uhr) „Die Passion“.

Der Kölner Privatsender, der eigentlich nicht in Verwechslungsgefahr mit Bibel TV steht, will dabei die Leidensgeschichte und Kreuzigung Christi als großes „Musik-Live-Event“ präsentieren. Der Aufwand ist nicht ohne: Schauplatz ist die Essener Innenstadt, durch die auch ein Kreuz getragen werden soll. Am Montag sollten die Proben beginnen.

Während Gottschalk als Erzähler der Geschichte fungiert, schlüpft der einstige „Deutschland sucht den Superstar“-Gewinner Alexander Klaws in die Rolle von Jesus. Er betont, dass es sich um eine moderne Interpretation des Stoffs handeln werde. Das Leiden Christi werde „ein Stück weit frei von Religion“ als zeitgemäße Geschichte mit bekannten deutschsprachigen Popsongs dargestellt.

Die „größte Geschichte aller Zeiten“

„Ich bin kein Jesus, der lange Haare hat, der einen langen Bart trägt und ein weißes Gewand“, sagt er. Auch angesichts des Ukraine-Kriegs stünden die Werte der Erzählung im Mittelpunk. „Es wird höchste Zeit, dass wir die Leute wieder an etwas erinnern, und das ist die Nächstenliebe, die Solidarität - Werte, die wichtiger denn je sind, vor allem auch in der aktuellen Phase“, sagt Klaws.

Für die „größte Geschichte aller Zeiten“ fährt RTL Einiges auf. Die Hauptbühne mit Band und einem Chor steht am Essener Burgplatz direkt vor dem Essener Dom. Dort rechnet der Sender mit 4900 Besuchern. Außerdem gibt es Einspielfilme, die an bekannten Orten der Stadt wie der Zeche Zollverein gedreht wurden. Eine Gruppe zieht mit einem großen Lichtkreuz durch die Stadt bis zum Burgplatz. Unterwegs soll es Live-Schalten zu der Trägergruppe geben, bei der Teilnehmer in Kurzinterviews über ihren Glauben berichten. Rund 350 Crewmitglieder sind laut RTL an der aufwendigen Produktion beteiligt.

Dass das Ganze nicht zu einem theologischen Pro-Seminar ausartet, dürfte allerdings ebenso als gesichert gelten. Dafür spricht auch ein wenig die Besetzungsliste mit Namen, von denen man vermuten darf, dass sie Papst Franziskus nicht sofort parat hätte. Als Jünger von Jesus sollen etwa der Trompeter Stefan Mross („Immer wieder sonntags“), der „Dschungelkönig“ Prince Damien, die „Brisant“-Moderatorin Mareile Höppner und der Sänger Gil Ofarim zu sehen sein.

Mehrere Promis mit Gastauftritten

Gastauftritte sollen auch der erschlankte Ex-Fußballmanager Reiner Calmund, TV-Koch Nelson Müller und Schauspieler Wolfgang Bahro - besser bekannt als verschlagener Seifenoper-Schurke Jo Gerner („GZSZ“) - bekommen.

In den Hauptrollen sind neben Klaws die Sängerin Ella Endlich (Maria), die Schauspieler Mark Keller (Judas) und Henning Baum (Pontius Pilatus) sowie Musiker Laith Al-Deen (Petrus) sehen.

Die Rolle des Barabbas, der laut Bibel wegen Mordes im Gefängnis sitzt und statt Jesus freigelassen wird, ging an Martin Semmelrogge („Das Boot“). Text habe er keinen, aber „etwas zu sagen“, sagt er der dpa - „mit meinem Ausdruck“. Zur Passionsgeschichte sagt er: „Jesus opfert sein Leben, damit wir armen Sünder, die wir sind, weiterleben können.“ Jeder Mensch sei auf seine Art ein Verbrecher. „Dass ich in dieser Konstellation nicht den Jesus spiele, war mir klar!“, schiebt Semmelrogge nach und lacht.

Großer Erfolg in den Niederlanden

Das Bistum Essen gibt dem Ganzen seinen Segen. Theologisch sei die Inszenierung durchaus gut gemacht und auf dem Stand der Forschung, sagt die Abteilungsleiterin Glaube und Liturgie, Theresa Kohlmeyer. So werde etwa das Schwanken von Pontius Pilatus vor der Verurteilung Christi sehr zutreffend erfasst. Die Kreuzigung selbst wird laut RTL nicht als dramaturgische Szene gezeigt, sondern nur verbal beschrieben. Es gibt auch kein Grab. Die Essener Kirchen unterstützen das Projekt und begleiten die Veranstaltung mit einem Rahmenprogramm.

In den Niederlanden läuft das Format schon seit Jahren mit großem Erfolg. In Deutschland war die Inszenierung ursprünglich bereits für 2020 geplant, musste aber wegen Corona verschoben werden. Jetzt aber kann Jesus nach Essen kommen - und sterben.