Teuer und ungemütlich: Rote Lippen Couch und andere Design-Irrtümer. Foto: IMAGO/ingimage

Das ging schief! Designer entwerfen Sofas, auf denen es sich schlecht sitzt und Regale, in den Bücher nur stören. Wir stellen sieben funktionsfreie und absurde Produkte und Gestaltungsideen vor. Manche finden sich dennoch im Design-Museum in New York.

Manche Produkte funktionieren tadellos und sehen auch noch gut aus dabei. Das sind ganz wenige. Die meisten haben eine Macke. Und manche wollen vielleicht gar nicht so richtig funktionieren. Und werden gerade deshalb berühmt. Wir stellen sieben berühmt-berüchtigte Produkte vor.

1. Das Botox-Sofa

Es ist nicht so, dass man auf diesem Sofa nicht sitzen könnte. Wenn man keine Angst hat, wegen fehlender Seitenteile und der abschüssigen Sitzfläche runterzupurzeln, kann man Platz nehmen. Und vielleicht ist das sogar die bessere Perspektive, als das Sofa den ganzen Tag angucken zu müssen. Denn es schreit. So wie aufgespritzte oder operierte Lippen auch immer schreien: „Guck mal, wie toll ich aussehe!“

Besonders penetrant wirkt das bekanntlich, wenn die Verschönerungsmaßnahme nicht ganz gelungen scheint. In diesem Fall ist das Ansichtssache. Der Entwurf aus dem Jahr 1972 wird dem surrealistischen Künstler Salvador Dalí zugeschrieben, den angeblich die Lippen von US-Filmstar Mae West inspiriert haben. Für ein Original zahlt man knapp 400 000 Euro, Nachbauten kosten 2640 Euro. (pgt)

2. Kein Regal ist illegal

Man muss der Designer-Gruppe Memphis zugutehalten, dass sie nie behauptet hat, ihre Hervorbringungen seien besonders praktisch. Ganz im Gegenteil: Als die Mailänder in den 80er Jahren das bis dahin regierende Design der Bauhaus-Moderne stürzten, war der quietschbunte Anti-Funktionalismus ihr Programm. Man wollte sich der schnöden industriellen Nutzbarmachung demonstrativ entziehen. Und so standen plötzlich Betten, Tische oder Stühle im Raum, die mehr Skulptur als Möbel waren.

So wie das Regal aus dem Jahr 1981 von Memphis-Gründer Ettore Sottsass, das ganz sicher an Wirkung verlöre, wenn auch nur ein einziges Buch darauf stehen würde. „Carlton“, so heißt das Meisterstück, ist knapp zwei Meter hoch und fast ebenso breit und fühlt sich deshalb in kleinen Zweizimmerwohnungen nicht ganz so heimisch. Trotzdem ein Klassiker, der noch immer verkauft wird. Für 15 770 Euro. (pgt)

3. Ein peinlicher Italiener

Italien? Das ist doch das Land, wo die Zitronen blühen. Wo die Menschen mit der Mode gehen und schöne Autos gebaut werden. Tatsächlich haben legendäre Designer wie Giugiaro, Pininfarina und Bertone stilbildende Autos entworfen. Das kann man von Roberto Giolito nicht behaupten. Für Fiat entwarf Giolito den Multipla, einen bizarr proportionierten Van, der 1999 auf den Markt kam. Bald schon wurde das Auto mit den großen Fensterflächen als Glaskasten mit Speckfalten verspottet.

Selbst ein Vierteljahrhundert später kann man der schnabelartigen Front wenig abgewinnen; man schaut angewidert hin, wie auf einen toten Frosch, dem ein Mountainbiker übers Gesicht gefahren ist. Zur Verteidigung: Das alternative Antriebskonzept – Erdgas! – galt als innovativ, Raumgefühl und Rundumsicht waren perfekt. Und angesichts des heute üblichen tumben Panzerdesigns all der Elektro-SUVs muss man eigentlich altersmilder urteilen. Doch die Fachpresse bleibt sich einig: Der Multipla gehört zu den hässlichsten je gebauten Autos. Basta! (pav)

4. Aufs Saftpressen steht Juicy Salif einfach nicht

David Bowies „Spiders from Mars“, außerirdische Spinnen, Kampfmännchen aus einem Science-Fiction-Film, derlei kommt einem in den Sinn angesichts der 1990 von Philippe Starck entworfenen „Juicy Salif“. Aber banales Zitronenauspressen? Als so „revolutionäre wie überraschend funktionale Zitruspresse“ wird das Gerät aber beworben. Mit Beweisfoto, das zeigt, wie Saft in ein unters Gestell platziertes Glas fließt.

Nicht im Bild: das mit Saft bespritzte Hemd. Als Gesprächsstarter aber (und war auch so gedacht) funktioniert die Zitronenpresse von Alessi, als Skulptur auf dem Fenstersims ihren Dienst tuend, während die Besitzer die alte Zitronenpresse mit Becher drunter benützen. Zudem ist die spinnenhaft wirkende Presse längst museumsreif, zu finden unter anderem im Museum of Modern Art in New York und im Centre Pompidou in Paris. So ikonisch ist „Juicy Salif“ außerdem, dass Alessi sie für 1000 Euro anbietet – in XXL als mannsgroße Standfigur. (golo)

5. Freie Sicht aufs Klo

Sie starrt aufs Smartphone, er auch. Kurzes Aufschauen, wo bleibt der Kellner, dann senkt sich der Blick wieder. Schaut man sich in Restaurants oder Frühstückssälen um, hat man oft nicht den Eindruck gesteigerten Gesprächsbedürfnisses unter Paaren. Aber im Hotelzimmer, da soll das stille Örtchen plötzlich zum Kommunikationszentrum werden.

Modernes Design zeigt alles her: Badezimmer im Schlafraum. Foto: www.imago-images.de/Dreamstime

In Zimmern mit verglasten Badezimmern ohne Tür und mit Badewannen direkt neben dem Bett. Und ja, wer möchte nicht nach dem Baden triefnass herumstehen und darauf warten, dass jemand vom Smartphone aufblickt, um das Handtuch zu reichen? Vielleicht könnte man an der Zeit des Wartens ablesen, wie es um die Beziehung steht. Dann hätte so eine absurde Planung therapeutischen Nutzen. (golo)

6. Die Garderobe schlägt zurück

Das ist ja praktisch: Einfach die dicke Kordel an einen Haken oder an eine Tür hängen – und schon hat man eine perfekte Garderobe. Authentics weiß, was der moderne Mensch mag, nämlich fröhliche Farben und viel Flexibilität. Deshalb kann man die „Authentics Wardrope“ auch nur dann aus der Schublade holen, wenn Besuch kommt und kurzfristig viel Platz für Jacken und Mäntel gefragt ist. Allerdings besitzt die ca. 150 Euro teure Schnurgarderobe gerade mal vier Haken.

Die aber sind formschön und aus edlem Metall. Das Seil gibt es in Rot, Weiß oder Schwarz, wobei es immer drei Meter lang ist. Deshalb muss man es letztlich doch an die Decke hängen – und also erst mal bohren, dübeln, Haken setzen. Flexibel ist am Schluss nur das Seil selbst, dessen massives Metallgewicht am unteren Ende ständig an die Wand, die Tür oder irgendein Schienbein schlägt. (adr)

7. Kein Platz für Stecker

Man könnte sagen, sie sind nicht schuld, all die namenlosen Designer, die sich an Mehrfachsteckern schon die Zähne ausgebissen haben. Denn die tägliche Kabelflut ist und bleibt ein Horror. Wenn man dann aber frohgemut eine der diversen Steckdosenleisten anschafft, folgt der Frust auf dem Fuße.

Mehrfachsteckdose Foto: Hersteller

Denn einerlei, wie die Steckplätze angeordnet sind, am Ende bekommt man die dicken Eurostecker doch wieder nicht alle rein und bleiben Steckplätze ungenutzt, weil sich leider auch die Ladekabel mit ihren verschiedenen Auswüchsen nicht dazwischen pressen lassen.

Aber, aber, hört man ambitionierte Gestalter rufen, wie wäre es mit einem stylishen Würfel? Stimmt, da haben sogar die dicksten Oschis Platz – aber ragen Stecker und Kabel leider wie auf dem Haupt der Medusa in alle Richtungen in den Raum. (adr)

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