Ramona (Jennifer Lopez) und ihre Kolleginnen im Stripclub wissen, wie man Kerlen Geld aus der Tasche zieht. Doch ihr scheinbar so cleveres „Geschäftsmodell“ zeigt unerwartete Schwächen.
EsslingenManchmal reicht eine einzige Einstellung, um klar zu machen, wohin ein Film geht. In Lorene Scafarias Gangsterfilm „Hustlers“ kommt diese Szene schon nach wenigen Minuten. Die Beats in einem Stripclub für reiche Wall-Street-Typen dröhnen, und plötzlich steht da eine umwerfende und kaum bekleidete Frau: Ramona Vegas Haut schimmert golden, und ihr Spagat an der Stripstange raubt den Kerlen den Atem, kurzum: Sie ist hier der Superstar. Das liegt auch an der Frau, die diese Stripperin verkörpert: Weltstar Jennifer Lopez.
Wer hatte die Schauspielerin und Sängerin nicht abgeschrieben nach dem katastrophal gefloppten „Liebe mit Risiko – Gigli“? Wer hat sie nicht verhöhnt für Liebeskitsch wie „Manhattan Love Story“ und Thrillertrash wie „The Boy Next Door“? Wer hatte nicht vergessen, dass Lopez mit dem Biopic „Selena“ und an der Seite von George Clooney in „Out of Sight“ als fantastische Schauspielerin berühmt wurde? Und dass sie seit mehr als zwei Jahrzehnten ein weltweiter Megastar ist, gefragt als Sängerin, Schauspielerin und TV-Persönlichkeit? Nun kommt mit „Hustlers“ ein Glamourdrama in die Kinos, das mit seiner warmherzigen Mischung aus Robin Hood auf Stöckelschuhen und „Ocean’s Eleven“ im Stringtanga bei Kritikern und Publikum zum Überraschungshit des US-Kinosommers wurde. Und die Kasse stimmt obendrein: Für heutige Verhältnisse bescheidene rund 20 Millionen Dollar Produktionskosten steht allein in USA das Fünffache an Ticketverkäufen gegenüber.
Erzählt wird grob die wahre Geschichte einer Gruppe von Stripperinnen rund um die zunächst unschuldig daherkommende Destiny (Constance Wu) und den Über-Vamp Ramona Vega (Jennifer Lopez). Durch die Wirtschaftskrise vor einem Jahrzehnt stimmte plötzlich die Kasse nicht mehr, und die Frauen begannen, die Kerle abzufüllen und deren Kreditkarten leer zu räumen. Das Risiko war überschaubar: Wie soll ein Typ schließlich bei der Polizei oder gar zuhause erklären, was es mit diesem Zehntausende Dollar teuren Besuch im Stripclub auf sich hat? Eines Tages geriet die Frauen-Gang jedoch an einen Mann, der sich an die Polizei wandte. Und plötzlich ging die Rechnung der Damen nicht mehr auf.
Daraus strickt Lorene Scafaria eine wilde Mischung aus Gangsterfilm, weiblicher Buddykomödie und Kapitalismuskritik. Nicht alles gelingt, denn dafür hat der Film am Ende zu wenig zum Verhältnis der beiden Protagonistinnen zu sagen, deren reale Vorbilder sich angeblich nicht ganz so nahe standen wie im Film. Immerhin aber verliert der Film nie den Respekt für seine Protagonistinnen und kommt trotz viel nackter Haut nie billig daher. Mag der Rest der Welt diese Frauen wie Objekte behandeln – der Film und seine gelungene Kameraarbeit tun es nicht. Und ganz zum Schluss, als die Party längst für alle vorüber ist, da hat Lopez’ Ramona sogar noch die klügste Wahrheit dieses rundherum unterhaltsamen Streifens parat: „Diese Stadt, dieses ganze Land ist ein Stripclub. Manche Leute schmeißen mit dem Geld um sich und manche führen den Tanz auf.“
Jennifer Lopez als Stripperin in einem Gangsterfilm? Was vor einigen Jahren noch das sichere Rezept für Spott und schlechte Internetgags gewesen wäre, war im Sommer der US-Kinohit. Jetzt kommt der auf wahren Begebenheiten beruhende Film in deutsche Kinos.