Die theoretische Führerscheinprüfung läuft am Bildschirm ab – Kriminelle lassen sich davon nicht abschrecken und rüsten auf. Foto: dpa/Bernd Wüstneck

Erstmals erfassen die Prüfgesellschaften bundesweit die Zahlen der Betrugsversuche. Experten sprechen von organisierter Kriminalität und fordern Gesetzesänderungen. Doch passiert ist bisher nichts.

Stuttgart - Die Prüfgesellschaften in Deutschland verzeichnen eine Vielzahl an Betrugsversuchen bei den Führerscheinprüfungen. Während in der Vergangenheit nur Schätzungen möglich waren, liegen jetzt erstmals konkrete Zahlen vor. „In den Jahren 2019 und 2020 haben wir jeweils ungefähr 2500 Täuschungsversuche in der Theoretischen Fahrerlaubnisprüfung bundesweit zu verzeichnen“, sagte Mathias Rüdel unserer Zeitung. Er ist Geschäftsführer der Arge tp 21 in Dresden, die von Dekra und Tüv gemeinsam unterhalten wird. Seit 2019 fragt sie bei der Prüfungsdokumentation Betrugsversuche ab.

Wie groß die Dunkelziffer ist und wie viele Menschen in Deutschland mit erschlichener Fahrerlaubnis unterwegs sind, können die Experten nicht schätzen. Klar ist jedoch, dass die Zahlen in den vergangenen Jahren gestiegen sind. Fahrschulen und Verbände sprechen schon länger von organisierter Kriminalität. Dafür sprechen auch die hoch technisierten Methoden. Häufig filmen Kandidaten die Prüfungsfragen mit Minikameras im Knopfloch ab und lassen sich von gut bezahlten Helfern draußen über winzige Ohrstöpsel die Antworten einflüstern. In Winnenden musste der Tüv Süd im vergangenen Jahr sogar ein Prüfungslokal schließen, weil es zu wiederholten Hackerangriffen gekommen war. Aber auch andere Methoden sind gängig: „Es gibt den Einsatz von Mobiltelefonen, den Austausch mit anderen Bewerbern, Tausch des Prüfungsplatzes oder Spickzettel“, weiß Rüdel. In manchen Fällen schicken Prüflinge gar einen Stellvertreter mit ihren Unterlagen.

Sprachprobleme oder Faulheit

Die Gründe für solche Täuschungsversuche sind vielfältig. Oft spielt eine Rolle, dass Bewerber Sprachprobleme bei der Prüfung befürchten. Aber auch Faulheit oder schlichte Unfähigkeit, die Verkehrsregeln zu lernen, stecken dahinter.

Strafrechtliche Konsequenzen haben die Vorgänge selten, denn solche Betrugsversuche sind bisher im Normalfall nicht strafbar – außer, es ist Urkundenfälschung im Spiel. Ansonsten ist höchstens eine zeitweilige Sperrung des Kandidaten möglich. Forderungen, daran gesetzlich etwas zu ändern, ist die Politik bisher nicht nachgekommen.