Es ist immer eine Zitterpartie, ob die Temperaturen frostig genug sind, um Trauben für Eiswein lesen zu können. Esslinger Wengerter gehen dieses Wagnis derzeit lieber nicht ein.
Die Winter werden immer milder, und das lässt die Esslinger Wengerter nicht kalt. Starker Frost und das am besten über eine längere Zeit wäre Voraussetzung für die Produktion von Eiswein. Die Esslinger Genossenschaft Teamwerk bietet ihn aber schon seit Jahren nicht mehr an. „Das Risiko ist einfach zu groß, die Winter sind viel zu warm“, sagt Jonas Ludewig, Verkaufsmitarbeiter in der Teamwerk-Vinothek. Den letzten Eiswein konnte die Genossenschaft 2012 aus Cabernet Carbon herstellen. Er ist längst ausverkauft.
Für den Eiswein werden die Reben im Sommer und Herbst gezielt ausgeschnitten, damit die Trauben besonders viel Sonne abbekommen. Bis in den Dezember oder sogar Januar bleiben sie hängen. Ist es richtig eisig und die Trauben gefroren, können sie gelesen werden. „Man weiß aber nie, ob der Versuch auch tatsächlich von Erfolg gekrönt ist“, sagt Ludewig. Zudem sei die Nachfrage nach dem fruchtigen und süßen Wein überschaubar. „Vor allem Touristen, etwa aus Asien, haben dafür ein Faible“, erklärt Jonas Ludewig. Die seien gleichzeitig aber auch sehr interessiert am Weinbau und hätten deshalb viel Verständnis dafür, dass die klimatischen Bedingungen für Eiswein hier nicht mehr ideal seien. Als Alternative bietet Teamwerk seinen Kunden einen Spätburgunder Weißherbst Beerenauslese an, der in der Vinothek Mettingen auch probiert werden darf. „Der ist von der Oechsle-Zahl nah dran am Eiswein“, sagt der Mitarbeiter.
Auch das Weingut Kusterer stellt keinen Eiswein mehr her. „Dafür ist es im Neckartal durch die viele Industrie einfach zu warm“, sagt Hans Kusterer. Das sei etwa im Remstal oder auch um Heilbronn trotz Klimawandel nicht so ausgeprägt. Ein Mal aber hat er es versucht mit dem Eiswein. „Es war ein Test und wir hatten damals sehr viel Glück, dass es geklappt hat“, erinnert sich der Wengerter. „Fast wie ein Sechser im Lotto“, sagt er und lacht. Sein Eiswein ist Jahrgang 2012. Minus zehn Grad habe es damals bei der Lese gehabt. Rund 20 Flaschen Kusterer-Eiswein hat er noch übrig. Doch die sind unverkäuflich. Nur zu besonderen Anlässen oder bei einer Verkostung öffnet er eine Flasche dieser Rarität.
Viel Aufwand, hohes Risiko
Seit Jahren hat das Weingut Bayer keinen Eiswein mehr gelesen, auch wenn es Wengerter Adolf Bayer immer wieder in den Fingern juckt. „Ich bin nicht abgeneigt“, sagt er. Aber der Frost komme inzwischen erst im Januar – wenn überhaupt. Doch je länger die Trauben hängen, desto größer das Risiko, dass sie Schaden nehmen. Der Aufwand für Eiswein sei immens, sagt Bayer. Aus rund einer Tonne Trauben könnten vielleicht 150 Liter Wein gekeltert werden. Außerdem müssten die Trauben mit Netzen vor Vögeln, anderen Tieren und dem Herabfallen geschützt werden. Trotzdem sei die Lese bei Dunkelheit etwas ganz Besonderes, sagt der Wengerter. „Zudem schmeckt Eiswein wirklich sehr lecker“, schwärmt seine Frau Heike Bayer.
Eisweinlese im Remstal oder im Kreis Ludwigsburg
Unterdessen haben einzelne Betriebe in der Region die frostigen Nachttemperaturen zur Lese von Eiswein genutzt. Die Bottwartaler Winzer im Kreis Ludwigsburg etwa haben am Dienstagmorgen Trauben für Eiswein geerntet. Auch im Remstal sind einige Weingüter in dieser Woche ausgerückt, um in den frühen Morgenstunden die geeisten Trauben zu zupfen. In Leingarten im Kreis Heilbronn dagegen hat es nicht geklappt. Eiswein gilt bei Weinkennern als Rarität. Für seine Herstellung ist Kälte von mindestens minus sieben Grad die Grundvoraussetzung. Die gefrorenen Trauben werden geerntet und umgehend ausgepresst. Das Ergebnis ist dann ein hochwertiger und edelsüßer Wein.