Wohnen in Esslingen ist teuer – und wird immer teurer. Das belegt auch der neueste Mietspiegel, der am 1. Januar 2018 in Kraft tritt. 8,34 Euro pro Quadratmeter werden dort im Schnitt für eine Mietwohnung in Esslingen veranschlagt. Vier Jahre zuvor lag man noch bei 7,42 Euro. Und dabei handelt es wohlgemerkt nicht um Wohnungen, die neu auf den freien Markt kommen. Die sind unter 10,50 Euro gar nicht erst zu haben.
Von Claudia Bitzer
Alle vier Jahre werden die Daten für den Esslinger Mietspiegel neu erhoben, der Mietern wie Vermietern eine auch juristisch gültige Richtschnur über die ortsüblichen Vergleichsmieten in der Stadt liefert. In der Hälfte dieses Zeitraums wird er auf der Basis des allgemeinen Preisindexes für die Lebenshaltung fortgeschrieben – was zwangsläufig ungenauer sein muss. So war im direkten Vorgängermodell aus dem Jahr 2016 die Preissteigerung zu gering angesetzt.
Das neueste Esslinger Exemplar, das am 1. Januar 2018 in Kraft tritt, basiert jetzt wieder auf einer Umfrage bei Mietern auf dem freien Wohnungsmarkt. Knapp 16 000 Frageböden hatte die Stadt im Sommer an zufällig ausgewählte Haushalte verschickt. 3500 kamen zurück und 825 Datensätze davon konnte das Hamburger ALP Institut für Wohnen und Stadtentwicklung nutzen. Der Mietspiegel gibt wohlgemerkt nicht die Summen wieder, die aktuell für neu abgeschlossene Verträge bezahlt werden, Zur Berechnung werden vielmehr die Mietverhältnisse auf dem frei finanzierten Wohnungsmarkt herangezogen, bei denen die Nettokaltmieten in den vergangenen vier Jahren vereinbart oder geändert worden sind.
Aber auch das bestätigt, was man angesichts des knappen Wohnungsmarkts ohnehin annehmen durfte: Im Vergleich zum Mietspiegel 2014, der ebenfalls auf einer Datenerhebung basierte, haben sich die Preise in den vergangenen vier Jahren um 12,4 Prozent erhöht. Das entspricht einer durchschnittlichen Mietsteigerung von drei Prozent pro Jahr, erläutert ALP-Geschäftsführer Johannes Promann. Promann: „Stuttgart liegt bei 3,4 Prozent, Ludwigsburg bei 2,7 Prozent.“ Zwischen 2010 und 2014 stiegen die Esslinger Mieten nur um 1,8 Prozent pro Jahr.
Über den Wert des Esslinger Mietspiegels, der in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Institut, der Baugenossenschaft, der Esslinger Wohnungsbau (EWB), dem Deutschen Mieterbund Esslingen-Göppingen sowie dem Mieterbund Esslingen Stadt und Kreis, der Stadt und dem Eigentümerverein Haus und Grund entstanden ist, waren sich alle Beteiligten einig. Für OB Jürgen Zieger hat er trotz der gestiegenen Mieten eine „preisdämpfende Wirkung“ und stärke die vorgerichtliche Einigung im Konfliktfall. Hermann Falch, Vorsitzender von Haus und Grund Esslingen, sieht den „realen Wertzuwachs“ im Mietspiegel 2018 besser dargestellt als in seinem zu schmal eingeschätzten direkten Vorgängermodell 2016. Die Mietsteigerung zeige, dass sich Esslingen an den Ballungsraum Stuttgart angepasst habe. Matthias Bier vom Mieterbund Esslingen Stadt und Kreis wies darauf hin, dass die dreiprozentige Steigerung in Esslingen doch deutlich höher ausfällt als im Bundesschnitt. Dort liege man bei 1,7 bis zwei Prozent plus. Noch deutlichere Worte findet Udo Casper vom Deutschen Mieterbund Esslingen-Göppingen: „Der Mietspiegel 2018 ist ein Alarmzeichen für Stadt und Wohnungswirtschaft.“ Er sei ein wesentlicher Beitrag zum Rechtsfrieden, jedoch kein Instrument zur Mietpreisregulierung. So erkenne man das Datenwerk an, fordere aber Stadt und Wohnungswirtschaft auf, schnell Maßnahmen einzuleiten um zu verhindern, „ dass das Grundversorgungsgut Wohnen für immer mehr Esslinger zu einem unbezahlbaren Luxusgut wird“. Verwaltung und Gemeinderat müssten den Flächennutzungsplan so gestalten, „dass in den nächsten Jahren ein ausreichendes und bedarfsgerechtes Wohnangebot entstehen kann.“
Auch die beteiligten Wohnungsunternehmen sehen das so. Für Christian Brokate von der Baugenossenschaft ist der neue Mietspiegel mit Steigerungsraten, die höher als die allgemeine Preissteigerung lägen, weitererer Beweis, dass Mietwohnungen in Esslingen Mangelware sind. Zumal sich die Entwicklung im Mietspiegel nur zeitlich verzögert darstelle und auch noch weiter zuspitze, wie sein EWB-Kollege Hagen Schröter ergänzt.
Der Esslinger Mietspiegel 2018
Neue Systematik: Gegenüber seinen Vorgängermodellen hat der Esslinger Mietspiegel 2018 eine andere Systematik. Die Basis-Nettokaltmiete berücksichtigt ausschließlich die Wohnfläche. Das Alter der betreffenden Wohnung wird jetzt wie andere Merkmale der Wohnung (Modernisierung, Ausstattung, Wohnlage ...) mit Plus oder Minuspunkten in die Berechnung einbezogen. Hintergrund ist eine stärkere Berücksichtigung der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit.
Die Basismiettabelle des neuen Mietspiegels veranschlagt einen Quadratmeterpreis von
–10,68 Euro bei 30 bis 34,
–10,05 Euro bei 35 bis 39,
– 9,45 Euro bei 40 bis 44,
– 8,94 Euro bei 45 bis 49,
– 8,57 Euro bei 50 bis 59,
– 8,28 Euro bei 60 bis 69,
– 8,10 Euro bei 70 bis 99,
– 8,12 Euro bei 100 bis 119,
– 8,21 Euro bei 120 bis 150 Quadratmetern:
Wo erhältlich? Über die Zu- und Abschläge, die in die Basisberechnung eingehen, kann man sich in dem neuen Mietspiegel informieren, den es ab sofort in gedruckter Form bei den Beteiligten und gegen eine Schutzgebühr von fünf Euro im Bürgeramt im Behördenzentrum gibt. Auf der Homepage der Stadt (www.esslingen.de ) kann er zudem ab 1. Januar kostenlos heruntergeladen werden. Über einen Mietspiegelrechner kann man dort dann auch eine konkrete Miete berechnen.