Weltmeister Mesut Özil darf beim FC Arsenal derzeit nicht mal mehr auf der Ersatzbank Platz nehmen. Foto: dpa/Nick Potts Foto:  

Mesut Özil ist beim FC Arsenal in einer Sackgasse gelandet – der Weltmeister von 2014 steht nicht in den Aufgeboten für die Europa League und die Premier League. Vom tiefen Fall eines Hochbegabten.

Stuttgart/London - Gut, an diesem Donnerstag wird es Mesut Özil (32) wohl eher weniger schmerzen, nicht im Aufgebot des FC Arsenal zu stehen. Der Kick in der Europa League gegen den 14-fachen irischen Meister FC Dundalk reißt wohl nur die Menschen aus der 80 Kilometer nördlich von Dublin gelegenen 31 000-Einwohner-Stadt von den Sitzen. Und wer weiß, vielleicht schaut sich der Arsenal-Spielmacher außer Dienst die Partie nicht einmal vorm Fernseher an.

Das Wunderkind ist bitter enttäuscht

Denn der unterklassige europäische Wettbewerb, noch dazu gegen Gegner, die ihre Heimspiele wie im Falle des FC Dundalk in einem Stadion mit Platz für 4500 Zuschauern ausrichten – das ist nach eigenem Selbstverständnis nicht die Kategorie des Weltmeisters von 2014. Allerdings darf er auch in den großen Partien in der englischen Premier League nicht mehr mitwirken.

Mesut Özil ist nicht nominiert fürs Aufgebot der Gunners, weder in der Premier League noch in der Europa League. Der Spielmacher spielt nicht mehr. Und erlebt damit das nächste Kapitel seines tiefen Falls, der rund um die WM 2018 begann.

Klar, Özil zeigte sich nun bitter enttäuscht über seine Nichtnominierungen – die ein Politikum sind. So widersprach sein Trainer Mikel Arteta Vermutungen, seine Entscheidung habe von den Clubchefs auferlegte Gründe. Denn Özil ist ja auch bei Arsenal mal wieder angeeckt. Nachdem er Ende 2019 das in China unterdrückte Volk der Uiguren unterstützt hatte, zog er sich den Argwohn der Arsenal-Vereinsoberen zu, die in China große Geschäfte machen.

Sein Einsatz fürs Maskottchen stieß sauer auf

Dann weigerte sich Özil vor ein paar Monaten, sich am Corona-bedingten Gehaltsverzicht von Arsenal zu beteiligen – bot aber kürzlich an, den aus Kostengründen gekündigten Mitarbeiter zu bezahlen, der seit Jahren ins Kostüm des Clubmaskottchens Gunnersaurus schlüpft. Es war ein Schritt, den sie beim FC Arsenal als Provokation ansahen, mindestens.

Nun gab es aus Mikel Artetas Sicht aber offenbar triftige sportliche Gründe, Özil nicht mehr ins Aufgebot zu berufen. Denn hinter vorgehaltener Hand heißt es bei den Gunners schon seit Monaten, Özil sei in einer Art Dauerurlaubsmodus. Er trainiere wenig, und wenn er mal dabei sei, dann sei er nicht gut – behaupten Teamkollegen.

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Ob Özil nun wirklich, wie er selbst sagt, darunter leidet, nicht mehr kicken zu dürfen, oder ob er seinen Vertrag mit einem Jahresgehalt von knapp 21 Millionen Euro nicht eher in einem Gemütszustand irgendwo zwischen gleichgültig bis frohgemut aussitzt, das wird wohl alles nie abschließend zu klären sein. Fakt dagegen ist, dass Mesut Özil in einer Sackgasse gelandet ist. Mal wieder.

Dabei begleiteten den Weltmeister von 2014 schon zu seiner Blütezeit immer wieder Unruhen – weil Özil, nun ja, stets ein unruhiges Umfeld um sich scharte.

Die Leute im Umfeld

Nach der Trennung von Berater Reza Fazeli im Sommer 2011 machte Vater Mustafa die Geschäfte und sorgte für Ärger. So griff er zu Özils Zeiten bei Real Madrid den Präsidenten Florentino Pérez und das System an. Er soll sich darüber echauffiert haben, dass sein Sohn so gut wie nie die Freistöße schieße, sondern Cristiano Ronaldo. Es war der Anfang vom Ende für Özil in Madrid.

Von 2013 an wurde der Offensivmann dann von Erkut Sögüt gemanagt. Der neue Agent sorgte dafür, dass sein Klient noch mehr Millionen kassierte. Aber Sögüt ließ es auch zu, dass Özil 2018 im Streit mit dem DFB seine Nationalmannschaftskarriere beendete – nach dem berühmten Skandal, der mit einem Foto begann.

Der DFB erklärte ihn zum Sündenbock

Wenige Wochen vor der WM in Russland posierten die deutschtürkischen Nationalspieler Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Staatspräsidenten und Despoten Recep Tayyip Erdogan. Es hagelte Kritik. Und es folgte ein miserables Krisenmanagement des DFB, angeführt vom damaligen Präsidenten Reinhard Grindel und von Direktor Oliver Bierhoff, die die gesellschaftspolitische Tragweite und die Auswirkungen aufs Binnenklima der DFB-Elf unterschätzten. Nach dem Vorrundenaus versuchten sie, Özil als Sündenbock abzustempeln.

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Es folgte dessen skandalumtoster Rücktritt, bei dem er mit der DFB-Führung abrechnete und von Rassismus schrieb. Oder schreiben ließ? Die Frage ist ja bei Özil oft, ob seine Stellungnahmen, die geschliffen und pointiert daherkommen, von ihm selbst stammen. Oder von anderen, von denen er sich lenken lässt. Wie auch immer: Özil hat offenbar mit Deutschland abgeschlossen. Er gibt sich dem Vernehmen nach unversöhnlich, weil das WM-Aus 2018 in seiner Wahrnehmung nur ihm angelastet wurde.

Özils Vertrag bei Arsenal läuft bis zum 30. Juni 2021. Wie die Karriere dieses Hochbegabten weitergeht, ist offener denn je.