„Wertschätzung und Anerkennung ist die beste Medizin“, sagt Mercedes-Gesamtbetriebsratschef Ergun Lümali und kontert damit die Aussage des Konzern-Chefs zum hohen Krankenstand als Standortnachteil.
2015 hatte die Geschäftsleitung von Mercedes-Benz geglaubt, die Antwort auf den hohen Krankenstand in den deutschen Konzern-Standorten gefunden zu haben. Ein Anwesenheitsbonus sollte die Fehltage der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen senken und damit die Produktivität steigern. Wer ohne einen krankheitsbedingten Fehltag durchs Arbeitsjahr kam, erhielt eine Bonifikation in Höhe von 300 Euro. Das Projekt wurde 2019 wieder eingestellt, nachdem kranke Mitarbeiter wegen des Bonus’ am Arbeitsplatz erschienen waren und so mutmaßlich Kollegen angesteckt hatten.
Dieser Plan dürfte also nicht noch einmal aus der Schublade geholt werden, nachdem Mercedes-Chef Ola Källenius in den vergangenen Tagen sehr deutlich gemacht hat, dass ihm der hohe Krankenstand im europäischen Vergleich mehr denn je ein Dorn im Auge sei. Gerade mit Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Diese Kritik will der Mercedes-Betriebsratschef Ergun Lümali nicht unkommentiert lassen.
Auch der Mercedes-Betriebsrat macht sich Sorgen
„Der im Vergleich zu den Vorjahren gestiegene Krankenstand bereitet uns ebenfalls Sorgen“, sagt Ergun Lümali: „Um hier gegenzusteuern, ist es dringend notwendig, die Ursachen sorgfältig zu analysieren. Jeder Krankheitsfall verdient individuelle Betrachtung und Unterstützung.“
Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats von Mercedes-Benz nimmt bei diesem Thema gezielt die Unternehmensführung in die Pflicht, wenn es heißt: „Wir sind überzeugt, dass Wertschätzung und Anerkennung der Leistungen unserer Kolleginnen und Kollegen die beste Medizin sind, um die Motivation und Gesundheit der Beschäftigten langfristig zu stärken.“ Außerdem dürfe die Förderung und Stärkung einer positiven Führungs- und Unternehmenskultur nicht fehlen.
Weiter dringt die Arbeitnehmerseite darauf, dass Präventions-, Ergonomie- und Gesundheitsschutz-Maßnahmen sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen nicht vernachlässigt werden sollen. Zuvor hatte Ola Källenius gesagt, dass er kein anderes Land kenne, in dem die Wirtschaft soviel in diesen Bereich investiere.
Eine Mercedes-Sprecherin verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass es für den Konzern schon seit vielen Jahren ein Anliegen sei, „Berührungsängste und Vorurteile im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen abzubauen und zu sensibilisieren“.