Teamchef Toto Wolff hat bei Mercedes schon entspanntere Tage erlebt. Foto: IMAGO//iederik van der Laan

Nach dem Grand Prix in Imola steht fest, dass der Mercedes – noch – kein Auto für den WM-Kampf ist. Der Teamchef schwört seine Mannschaft auf eine Wende ein.

Was für Napoleon Waterloo im Jahr 1815 war, dürfte für Toto Wolff Imola 2022 gewesen sein. Eine ganz bittere Niederlage, die das endgültige Ende einer Herrschaftsära bedeutete. Der Chef von Teamweltmeister Mercedes strich in der Emilia-Romagna die Waffen und machte sich bereit, die weiße Flagge zu hissen. „Wir sind im vierten Rennen, das markiert den Tiefpunkt. Es ist offensichtlich, dass wir nicht nahe am Kampf um die Spitze sind. Deswegen ist es unrealistisch zu sagen, dass wir vorne mit um die WM fahren“, sagte Toto Wolff am Samstag nach dem Sprintrennen. George Russell war Elfter geworden, Lewis Hamilton nur 14 – mehr Gegner vor einem als dahinter, das hatte der Rekordweltmeister lange nicht mehr erlebt. „Natürlich ist es keine Situation, die uns gefällt, wir kämpfen nicht um die Meisterschaft“, sagte Star-Pilot Lewis Hamilton.

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Die Gemütslage von Teamchef Wolff hatte sich nach dem Großen Preis am Sonntag nicht bedeutend verbessert, nachdem sein Vorzeigepilot sogar überrundet worden und auf Rang 13 gelandet war. Neuzugang Russell gelang immerhin eine Fahrt auf Platz vier, er profitierte dabei zwar von Patzern der anderen, bot aber eine tadellose Vorstellung. An Red Bull und Ferrari kommt Mercedes jedoch nicht heran, doch der Mercedes-Teamchef könnte sich vorstellen, die am Samstag gehisste weiße Flagge noch einmal einzuholen. „Ich möchte mich von dem Gedanken an die Weltmeisterschaft nicht komplett verabschieden“, sagte Wolff nach dem Grand Prix, „wenn wir das Auto hinbekommen, fahren wir wieder von mit.“

Der Silberpfeil W 13, der die Unglückszahl im Namen trägt, macht dieser Werkbezeichnung alle Ehre – er ist auf den Geraden nicht schnell genug und bringt die Reifen nicht verlässlich auf die ideale Betriebstemperatur, um die nötige Haftung in den Kurven zu entwickeln. Und dann ist da das unablässige, lästige Hoppeln (Bouncing). „Dieses Bouncing ist der Auslöser aller anderen Probleme“, sagte Wolff, „wenn wir das abstellen können, geht das Auto wieder besser.“ Russell vermutet, dass der Sprint von Imola das wahre (unzureichende) Potenzial des Silberpfeils aufgedeckt hat. „Wahrscheinlich haben wir in den ersten Rennen über unserem Limit geboxt“, sagte der Brite, „und wir waren nun weiter hinten, als wir es verdienen.“

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In eine Sinnkrise fällt wohl niemand aus dem Mercedes-Team, Wolff geht als Chef mit bestem Beispiel voran. „Mir macht es Spaß, mir macht die anvisierte Wende Spaß, jetzt schauen wir mal, ob uns das gelingt“, verkündete der 50 Jahre alte Österreicher, der damit rechnet, dass auch seine Person in der Kritik steht. „Am Ende des Tages kassiere ich als Teamchef die Watschn für unsere Leistung“, sagte er in Imola, „das gehört dazu.“ Aber er sei Miteigentümer des Rennstalls, er stehe fest auf seinem Posten. Anders als Napoleon, der nach Waterloo ins Exil auf St. Helena verbannt wurde.