Eigentlich sollte es ein unbeschwertes Date werden, doch die Begegnung zweier junger Schwarzer endet jäh, als ein rassistischer Polizist die beiden wegen einer Lappalie stoppt. Ein Schuss löst sich, und fortan sind die beiden für die Polizei „Cop-Killer“, für viele andere jedoch ein Symbol der Unterdrückung Schwarzer. Ihre Geschichte erzählt Melina Matsoukas in ihrem Kinodrama „Queen & Slim“.
EsslingenManchmal kann ein kurzer Moment das ganze Leben verändern, nur weil man zur falschen Zeit am falschen Ort war. Und plötzlich nimmt das Schicksal seinen Lauf, und es gibt kein Zurück mehr. Das passiert nicht nur im wahren Leben – solche Geschichten erlebt man auch im Kino. Oft hat der Zufall die Hand im Spiel, bisweilen liegt die Ursache solcher Irrungen und Wirrungen aber tiefer. Eine dieser unerhörten Geschichten von zwei Menschen, die aus der Bahn geworfen werden und plötzlich nicht mehr wissen, wie ihnen geschieht, erzählt die Regisseurin Melina Matsoukas in ihrem ebenso spannenden wie berührenden neuen Kino-Drama „Queen & Slim“.
Im Internet haben sie einander kennengelernt, ihr erster gemeinsamer Abend verlief für Slim (Daniel Kaluuya) und Queen (Jodie Turner-Smith) durchaus vielversprechend. Und auf dem gemeinsamen Heimweg deutet nicht das Geringste darauf hin, dass der Abend doch noch aus dem Ruder laufen könnte. Doch dann wird ihr Wagen wegen eines angeblich nicht gesetzten Blinkers von einem Streifenpolizisten angehalten, und der weiße Cop lässt vom ersten Augenblick an keinen Zweifel daran, dass er angesichts des jungen schwarzen Pärchens auf Krawall gebürstet ist. Als Anwältin lässt sich Queen den rassistischen Übergriff nicht bieten. Ein Wort gibt das andere, der Cop tut alles, um die Situation zu eskalieren, und als er seine Waffe zückt und Queen bedroht, kriegt Slim die Pistole zu fassen und erschießt den Polizisten.
Aus der Perspektive der Dashcam im Streifenwagen wird nicht ersichtlich, dass der Cop den Zwischenfall provoziert hat. Für die Staatsgewalt ist klar, dass die beiden „Polizistenmörder“ sind – für andere werden Queen und Slim zu Helden, deren Fall typisch ist für ein gesellschaftliches Klima, in dem Polizeiwillkür, unschuldig getötete Schwarze und Rassismus noch immer traurige Realität sind. Für Slim und Queen ist klar, dass sie in dieser aufgeheizten Stimmung nie ein faires Gerichtsverfahren bekommen, und so entschließen sie sich zur Flucht – einfach weg ohne Plan und ohne Ziel. Unterwegs erleben sie unverhoffte Unterstützung, ihre Geschichte weckt vielstimmigen Protest, und vor allem kommen sich die beiden immer näher und erleben, wie stark gegenseitiges Verständnis und Liebe zwei Menschen selbst in einer aussichtslos scheinenden Situation machen können.
Man könnte sich bei dieser Geschichte an Klassiker wie „Bonnie & Clyde“ oder „Thelma & Louise“ erinnert fühlen – nur dass die Protagonisten in diesem Fall eine schwarze Hautfarbe haben, die für den Gang der Handlung alles andere als unbedeutend ist. Eigentlich kennt man Melina Matsoukas als Regisseurin hochklassiger Musikvideos, doch mit ihrem Spielfilmdebüt beweist sie, dass sie auch ein Händchen für schwere Stoffe hat. Dass der Film stets den richtigen Ton findet, ist nicht zuletzt zwei vorzüglichen Hauptdarstellern zu verdanken, die die ganze Bandbreite der Gefühle ausloten. „Queen & Slim“ ist bei aller Ernsthaftigkeit, Brisanz und Aktualität des Themas leicht inszeniert, ohne sich im Banalen zu verlieren. „In vielerlei Hinsicht ist dieser Film ein Liebesbrief an die Black Community“, sagt Produzent Andrew C. Coles. „Es ist eine Art, über unsere Menschlichkeit und das Leben, das wir leben, die Menschen, die uns lieben, die Familien, die wir haben, zu sprechen, und wie all das sehr bequem vergessen werden kann, wenn jemand von der Polizei brutal behandelt und zu einer Schlagzeile wird.“
Melina Matsoukas erzählt die Geschichte zweier junger Schwarzer, die nach ihrem ersten Date einen rassistischen Polizisten in Notwehr erschießen und fortan für die einen „Cop-Killer“ sind und für die anderen zu Helden der schwarzen Community werden. Der Film erzählt eine spannende und zugleich berührende Geschichte, verrät aber auch allerhand über das gesellschaftliche Klima in den USA.