Eine Maschine vom Typ Dornier 328 landet in Stuttgart: Sie soll als Plattform genutzt werden, um einen Prototypen mit Wasserstofftanks und Brennstoffzelle herzustellen. Und das Ergebnis könnte den Regionalflugverkehr in den 30er Jahren verändern. Foto: maks richter fotograf stuttgart

Ein viersitziges Flugzeug, das mit Hilfe von Strom aus einer Brennstoffzelle fliegt – so etwas hat man am Flughafen Stuttgart schon öfter gesehen. In vier Jahren soll nun eine größere Maschine mit so einem Antrieb landen.

Stuttgart - Klimafreundlich und ohne schlechtes Gewissen fliegen – davon träumen viele. Jetzt haben sich Forscher und Unternehmer zusammengetan, um das im Regionalflugverkehr möglich zu machen. Im Jahr 2025 bereits soll es ein Demonstrationsflugzeug auf der Basis der Dornier 328 geben, das bis zu 40 Passagiere in der Luft klimaneutral befördern kann. 2030 soll dann ein Prototyp dieser Maschine existieren, die Wasserstoff tankt und den Strom fürs Fliegen an Bord mit einer Brennstoffzelle produziert. 2030 bis 2032 könnten die ersten Passagierflüge stattfinden, heißt es. Am Dienstag haben die Beteiligten am Flughafen den „Aufbruch in die Zukunft des emissionsfreien Fliegens“ proklamiert und eine Absichtserklärung unterzeichnet.

Die Beteiligten, das sind die Macher des Start-ups H2Fly, das 2014 von fünf Ingenieuren des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart und der Uni Ulm gegründet wurde, und das Unternehmen Deutsche Aircraft (Oberpfaffenhofen). Dieses besitzt die Musterrechte an der D 328 und bringt diese Maschine als zu modifizierende Plattform in die Liaison ein. H2Fly wiederum bringt die Expertise aus der Entwicklung des Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antriebs ein. H2Fly hat mehrere Versionen eines experimentellen Kleinflugzeugs entwickelt und 2020 für das weltweit erste Passagierflugzeug mit wasserstoff-elektrischem Antrieb die Genehmigung zu europaweiten Testflügen erhalten. Die Ergebnisse mit dem Viersitzer HY4 seien „überragend“ gewesen. Nun folgt die Ausweitung auf Regionalflugzeuge mit Reichweiten von bis zu 2500 Kilometer.

Hat das Propellerflugzeug eine Renaissance?

In naher Zukunft, sagte Professor Josef Kallo, Chef von H2Fly, werde man die Regionalflüge ohne den Ausstoß von Stickoxiden und des Treibhausgases Kohlendioxid abwickeln können. Dann gehe das Fliegen nicht mehr auf Kosten unseres Planeten. MdB Thomas Jarzombek, Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt, wurde in einer Videobotschaft präziser: Zwischen 2030 und 2040 müssten sämtliche Kurzstreckenflüge, über die momentan heftig diskutiert werde, auf diese Technologie umgestellt werden. Die Politik müsse schnell Kaufprämien für solche Flugzeuge und Steuervorteile für diese klimafreundliche Luftfahrt konzipieren, in den 30er Jahren auch Quoten für ihren Einsatz vorschreiben.

Martin Nüßeler von der Deutschen Aircraft sieht in der Kombination einer langfristig CO2-freien Energiequelle mit der Propellertechnik den „Schlüssel zum klimaneutralen Luftverkehr“. Denn da sei die Antriebseffizienz besonders gut. So ließen sich noch mehr Treibstoffe sparen und Emissionen vermeiden. Die Zusammenarbeit mit H2Fly werde die Anwendung der Wasserstoff-Brennstoffzelle auch in Großflugzeugen voranbringen, meint er. Doch in Bezug auf Langstreckenflüge mit hohem Treibstoffbedarf seien die Herausforderungen viel größer: Da bedürfe es anderer Tanks und einer „neuer aerodynamischer Plattform“. Wasserstoff habe dreimal so viel Volumen wie Kerosin. Flughafenchef Walter Schoefer sagte dennoch: „Das hier wird Geschichte machen.“