Porsche strebt beim Ertrag eine neue Höhe an. Stuttgart wird von der Entwicklung profitieren. Foto: mago/Arnulf Hettrich

Vor zehn Jahren verlor Stuttgart zwar nicht Porsche, aber viel Gewerbesteuer des Sportwagenbauers, weil der zwangsweise unter das Dach von VW schlüpfte. Nun ändern sich die Vorzeichen.

Die Finanzlage der Landeshauptstadt wird angesichts der Corona- und Flüchtlingskrise immer unplanbarer. Als Beleg dafür nennt Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) den bereits vierten Nachtragsetat für das Doppelhaushaltsjahr 2022/2023. Der Gemeinderat soll ihn am 30. März verabschieden. Die Belastungen allein für die Versorgung der Flüchtlinge wachsen in diesem Jahr um 188 Millionen Euro, dazu kommen exorbitante Verluste beim Klinikum, zehn Millionen extra für die Stadion KG zum Umbau (wegen der stark gestiegenen Zinsen) und 50 Millionen Euro für den städtischen Wohnungsbauer SWSG. Im Etat gibt es aber auch eine Einnahmeseite. Und dort Lichtblicke.

Wiedeking trieb Porsche in neue Dimensionen

„Wir sind sehr optimistisch, die Milliarde Euro bei der Gewerbesteuer 2023 erreichen zu können“, sagte Fuhrmann am Mittwoch vor dem Verwaltungsausschuss des Gemeinderates. Die Zuversicht schöpfe man aus der Entwicklung des Vorjahres. Eine Zahl für 2022 zu nennen, verkniff sich der Finanzbürgermeister, den Jahresabschluss präsentiere man im Juli. Dem Vernehmen nach kratze die Stadt aber bereits 2022 erstmals an der Milliardenmarke. 2023 kommt eine Besonderheit dazu, die die Einnahmeseite weiter und voraussichtlich nachhaltig stärkt. Sie heißt Porsche AG.

Der Autobauer mit dem steigendem Pferd im Logo hatte schon früher eine besondere Bedeutung für die Landeshauptstadt. Unter dem kantigen Vorstandschef Wendelin Wiedeking entwickelte sich der Sportwagenbauer seit 1993 über 16 Jahre vom Pleitekandidaten zum Goldesel – nicht nur für die Eigentümerfamilien, auch für die Stadt.

Einst der größte Gewerbesteuerzahler

Porsche stieg zu Stuttgarts größtem Gewerbesteuerzahler auf, 2001 wurden 46 Millionen Euro erwartet, vor den Zahlungen einer großen Landesbank, eines großen Automobilzulieferers, einer regionalen Versicherung und eines regionalen Energieversorgers. Dann folgte Porsches gescheiterter Versuch, die viel größere VW AG zu übernehmen. Wegen der gigantischen Verschuldung in Zuffenhausen musste die Stadt im August 2009 bereits geleistete 54 Millionen Euro an Gewerbesteuer-Vorauszahlung (wohl etwa die Hälfte der geplanten Gesamtsumme) an Porsche zurücküberweisen. Letztlich schluckte der Goliath VW zum 1. August 2012 die kleine Porsche AG komplett.

Die Übernahme aus Wolfsburg hatte erhebliche Folgen für alle Porsche-Standorte, vornehmlich natürlich den mit heute 15 509 Beschäftigten größten in Zuffenhausen, denn die Niedersachsen vereinbarten wie bei Audi eine Ergebnisabführung. Dem Vernehmen nach verlor Stuttgart damals zwei Drittel der bisherigen Gewerbesteuer von Porsche. Sie floss in den großen Wolfsburger Topf und wurde nach Kopfzahl und Lohnsumme auf alle Standorte des VW-Konglomerats verteilt.

Porsche will 2023 weiter wachsen

Nun folgt die Umkehrung dieses Prinzips. Mit dem Börsengang der Porsche AG Ende September 2022 lief der Gewinn- und Verlustabführungsvertrag mit VW zum Jahresende aus. An seiner Stelle stehe ein industrieller Kooperationsvertrag „zu marktüblichen Konditionen“, teilte Porsche mit. 2009 (mit geplanten rund 100 Millionen Euro Gewerbesteuer für Stuttgart) schrieb Porsche einen Umsatz von 8,04 Milliarden, das Ergebnis lag bei 1,47 Milliarden. 2022 ging es um andere Dimensionen: 37,6 Milliarden Euro Umsatz und 6,77 Milliarden Gewinn. In diesem Jahr will Porsche weiter wachsen, die Nachfrage ist so hoch, dass ein Teil der kleinen Sportwagenmodelle in Osnabrück vom Band laufen soll.

Gewerbesteuerzahlen will die Stadtkämmerei nicht kommentieren. Klar sei, dass die Ausgliederung der Porsche AG aus dem VW-Konzern „positive Auswirkungen“ habe, sagt Amtsleiter Jürgen Vaas. Die Gewerbesteuer-Milliarde nehme man 2023 zwar „auch wegen Porsche“ in den Blick, allgemein freue man sich aber über positive Entwicklungen bei der Steuer auch bei Automobilherstellern, Zulieferern, Maschinenbauern, IT- und Wohnungsbauunternehmen in Stuttgart.