Erfolg mit Hydraulikzylindern in allen Größen: Forschungsleiter Klaus Wagner und Geschäftsführerin Tanja Hänchen. Foto: Ines Rudel

Das Familienunternehmen Hänchen setzt auf ein Monitoring-System, das verlässliche Wartungsprognosen für seine Produkte ermöglicht.

Viele Tausend Betonschwellen auf der neuen ICE-Strecke sind mit technischer Hilfe aus Ostfildern hergestellt worden. Für das präzise Schleifen sorgte eine hydraulische Klemmeinheit der in Ruit ansässigen Firma Herbert Hänchen GmbH. Ratio-Clamp ist nur eines von zahllosen Produkten, die seit Jahrzehnten den Erfolg des Familienunternehmens begründen. Von den aktuellen Krisen ist man nicht verschont geblieben. Doch rüstet sich die rund 190 Mitarbeiter zählende Firma mit hohen Investitionen für die Herausforderungen der Zukunft. Beispielsweise mit der Optimierung der seit 1967 produzierten Klemmeinheit. Viel verspricht sich die geschäftsführende Gesellschafterin Tanja Hänchen zudem von dem Vorhaben, die Hydraulikzylinder mit mehr Intelligenz auszustatten.

Das neue Performance Control System, wie es im Betrieb genannt wird, soll helfen, den Zustand der Produkte zu überwachen und Vorhersagen für eine notwendige Wartung zu machen. Auf diese Weise helfe man Kunden, nicht nur die Sicherheit ihrer Produktion zu gewährleisten, erklärt Klaus Wagner, Bereichsleiter Forschung und Innovation. Sie sparten damit auch viel Geld. Denn für einen großen Zylinder fielen schon mal Kosten wie für einen Kleinwagen an.

Präzise Auskunft über Leckagen

„Auch für die Hydraulik gilt: Nur wenn möglichst aussagefähige Daten zur richtigen Zeit vorliegen, ist eine Vernetzung sinnvoll“, sagt Wagner. Seit Jahrzehnten bestücke man die Hydraulikzylinder bei Bedarf mit Sensoren wie zum Beispiel Wegmesssystemen. Jetzt könnten sie mit verschiedenen Sensoren so vielfältige Daten zur Verfügung stellen, dass eine Zustandsüberwachung und eine Wartungsprognose möglich werden.

Das neue Performance Control System überwacht permanent, was der Zylinder gerade tut, und gibt Auskunft darüber, ob es Leckagen gibt und welches Ausmaß sie haben. Ein solches Monitoring macht gerade für Firmen Sinn, bei denen der Ausfall von Produktionsmaschinen immens hohe Folgekosten hat. „Wir starten jetzt die Prototypen-Phase“, berichtet Wagner. Zuerst wolle man das System bei ausgewählten Kunden einsetzen, um die Algorithmen und die Datenaufbereitung zu verfeinern.

Weiterentwickelt hat man bei Hänchen die seit Jahrzehnten hergestellte Klemmeinheit Ratio-Clamp. Ein integrierter Schlüssel ermögliche den Kunden eine einfachere und zugleich genauere Montage, erklärt Marketingleiterin Sarah Bässler. „Marktorientierte Weiterentwicklungen bewährter Produkte sind ein entscheidender Faktor für unsere Zukunft.“ Nach Rückmeldungen von Kunden und aufgrund eigener Analysen habe man sich bei der neuen Version von Ratio-Clamp auf die Optimierung der Produktion im eigenen Haus und der Montage beim Kunden konzentriert.

80 Prozent Fertigungstiefe

Energiekrise, unterbrochene Lieferketten, Fachkräftemangel, hohe Inflation – auch für ihren mittelständischen Betrieb seien das immense Herausforderungen, sagt Geschäftsführerin Tanja Hänchen. Eine Fertigungstiefe von bis zu 80 Prozent helfe in diesen Zeiten, doch führe der Mangel an Elektronik-Teilen zu Verzögerungen, wie man sie bisher nicht kannte. Nachhaltigkeit sei für das Unternehmen nichts Neues. Denn Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der Produkte seien schon immer ein Markenzeichen gewesen. Um dem Fachkräftemangel vorzubeugen, setze man seit Jahren in hohem Maße auf die Ausbildung eigenen Nachwuchses. Zehn Prozent der Mitarbeiter sind Auszubildende. Mit einer Photovoltaikanlage auf der Fertigungshalle in Ruit, die eine Leistung von 230 kWp hat, will sich das Unternehmen energetisch unabhängiger machen. „Wenn es gut läuft, können wir damit 40 Prozent unseres Strombedarfs decken“, sagt Hänchen. Eine kleiner dimensionierte Anlage ist für den zweiten Produktionsstandort im bayerischen Oettingen geplant. Nach und nach werde man den Fuhrpark auf E-Mobile umstellen.

Größere Investitionen erfordert der Umbau der Lackieranlage in Ruit. Zug um Zug soll die Fertigung weiter digitalisiert und automatisiert werden. Die Geschäftszahlen von vor der Pandemiekrise, als der Jahresumsatz bei über 20 Millionen Euro lag, habe man noch nicht wieder erreicht, so Tanja Hänchen, die als Sprecherin der Geschäftsführung zusammen mit ihren beiden Cousins Matthias und Stefan das Unternehmen in dritter Generation leitet. Aber sie blickt nicht zuletzt angesichts der Innovationen, die aus ihrem Haus auf den Markt kommen, optimistisch in die Zukunft.

Zahlen und Daten zur Herbert Hänchen GmbH

Geschichte
 Angefangen hat Herbert Hänchen 1925 in Schlesien mit der Instandsetzung von Motoren. Nach zwei Vertreibungen zog es ihn 1950 nach Ruit, wo sich das Unternehmen seit 1952 auf Hydraulikzylinder als Kernkompetenz konzentriert. In dritter Generation wird das Familienunternehmen von Tanja Hänchen und ihren Cousins Matthias und Stefan Hänchen geführt.

Zwei Standorte
 Das Unternehmen zählt an den Standorten Ruit und Oettingen 190 Mitarbeiter. Davon sind zehn Prozent Auszubildende. Jahresumsatz: rund 20 Millionen Euro.

40 Prozent Export
 Hauptprodukte sind Hydraulikzylinder und Antriebssysteme. Die Fertigungstiefe liegt bei 80 Prozent. 40 Prozent gehen in den Export.  

Branchen
 Die Auftraggeber: Stahl-/Walzwerke, Gießerei, Prüftechnik, Automotive, Bahntechnik, Werkzeugmaschinen, Kunststoffspritz-/blasmaschinen, Pressen.