Gibt es in Mannheim/Heidelberg bald ein neues Leuchtturmprojekt der Medizin? Die Politik feiert einen geplanten Verbund der beiden Kliniken. Die Erwartungen sind groß.
Der Zusammenschluss der Universitätskliniken Heidelberg und Mannheim kommt voran: Wie Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) am Dienstag mitteilte, strebt das Land einen gesellschaftsrechtlichen Verbund der Kliniken an. „Mit dieser Entscheidung sichert die Landesregierung die Universitätsmedizin Mannheim und stärkt den Gesundheitsstandort Baden-Württemberg“, sagte Olschowski.
Durch die engere Kooperation in den Gesundheits- und Lebenswissenschaften biete sich ein großes Potenzial sowohl im medizinischen Bereich als auch in der Forschung. Es sollen schnellstmöglich Verhandlungen zwischen dem Land und der Stadt Mannheim sowie den universitären Partnern aufgenommen werden.
Kliniken arbeiten zusammen – bleiben aber verschieden
Die Vertreter der Kliniken, die Stadt Mannheim und große Teile der Politik begrüßten die Entscheidung. Damit könne man in die kartellrechtliche Prüfung und die unternehmerische Feinkonzeption starten. Das Universitätsklinikum Heidelberg soll nach dem Beschluss Mehrheitsgesellschafter der Mannheimer Uniklinik werden und die strategische Führung des Verbunds in einem sogenannten Mutter-Tochter-Modell übernehmen.
Beide Kliniken sollen demnach auf medizinischer, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Ebene eng zusammenarbeiten, ohne ihr eigenständiges Profil zu verlieren. Das Land könne auf die Forschungs- und Ausbildungskapazitäten des Uniklinikums Mannheim nicht verzichten. Mit dieser Absichtserklärung sollten nun schnellstmöglich Verhandlungen zwischen dem Land und der Stadt Mannheim sowie mit den universitären Partnern aufgenommen werden, hieß es aus dem Kabinett.
Uniklinikum Heidelberg hat mehr als eine Patienten
Das Uniklinikum Heidelberg hat fast 2600 Betten sowie gut 86.000 stationäre und mehr als eine Million ambulante Patienten im Jahr. Mit 10.700 Beschäftigten zählt es zu den wichtigsten Arbeitgebern der Region. Im Mannheimer Haus arbeiten rund 4300 Mitarbeiter. Sie behandeln nahezu 45.000 Patienten stationär und über 170.000 ambulant.
Renommierte Beratungsunternehmen haben der Stadt Mannheim gemäß die Wirtschaftlichkeit und medizin-strategische Sinnhaftigkeit des Verbunds nachdrücklich empfohlen. „Nun kommt es darauf an, konkrete Verhandlungen zur Umsetzung möglichst rasch aufzunehmen und abzuschließen“, so Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD). „Mit dem vorgeschlagenen Verbund können wir die Voraussetzungen schaffen, gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg ein europäisches Leuchtturmprojekt der Medizin zu schaffen.“
Kräfte im Kampf gegen Krebs bündeln
Fraktionschef Andreas Schwarz (Grüne) meinte: „Wir möchten einen Ort schaffen, an dem Unternehmen der Gesundheitswirtschaft, innovative Forschungslabore und die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten ihre Stärken bündeln können.“ Wichtige Medizinstudienplätze in Mannheim und Heidelberg würden erhalten und Kräfte der Spitzenwissenschaft im Kampf gegen Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen Krankheiten gebündelt.
CDU-Landtags-Fraktionschef Manuel Hagel sagte: „Mit der Verbundlösung ist der Weg endlich frei für eine Fusion der medizinischen Fakultäten Mannheim und Heidelberg.“ Man habe lange hart dafür gekämpft, diese beiden starken Partner sinnvoll zusammenzubringen. „Heute feiern wir eine wunderbare Verlobung!“ Er erhofft sich eine „riesige Strahlkraft“ für das Land. „Der erfolgreiche Verbund der beiden Kliniken und unser einzigartiges Leuchtturmprojekt Health-and-Life-Science-Alliance bringen Lebenswissenschaften, medizinische Versorgung und Exzellenz zusammen.“
„Dauer-Eiertanz aus Stuttgart findet sein vorläufiges Ende“
Der wissenschaftspolitische CDU-Sprecher Albrecht Schütte sagte: „In der gewählten Struktur bleibt die Stadt Mannheim im Boot. Die Gespräche zur gemeinsamen Finanzierung können also sofort aufgenommen werden.“
Für die SPD im Landtag reagierten die Abgeordneten Stefan Fulst-Blei und Boris Weirauch zurückhaltend positiv: „Der Dauer-Eiertanz aus Stuttgart findet offenbar sein vorläufiges Ende, wenngleich es jetzt auf die konkreten Inhalte ankommt.“ Eine Beteiligung des Landes müsse auf Augenhöhe und mit nennenswertem finanziellem Einsatz verbunden sein, um das Klinikum wirtschaftlich zu stabilisieren und die dringend erforderlichen Neubauten zu realisieren. Auch müsse die Stadt Mannheim als Minderheitsgesellschafterin Vetorechte bei Standort- oder Personalentscheidungen haben.
Die Landtags-FDP sieht noch viele Unwägbarkeiten auf dem Weg zum Verbund. Zum Jubeln sei es noch zu früh, meinte der forschungspolitische Sprecher Dennis Birnstock. Offen sei etwa die Frage, wie Synergien des Verbunds ohne Einschnitte in die Lehre, beim Personal oder die Professuren gelingen.