Nancy Pelosi will als dritthöchste Politikerin der USA nach Taiwan reisen. China fasst das als Provokation auf und protestiert scharf. Wer hat Recht?
Taiwan ist eine Insel von der Größe Baden-Württembergs – mit rund doppelt so vielen Bewohnern. Die sehen sich überwiegend als eigenständigen Staat – China sieht das anders. Peking hält Taiwan für eine abtrünnige Provinz – und Teil der Volksrepublik. Das führt regelmäßig zu Spannungen. Ein Überblick.
Die tatsächliche Situation
Taiwan scheint auf den ersten Blick ein eigenständiges Land zu sein. Es ist politisch eigenständig, hat ein eigenes Parlament, einen eigenen Präsidenten, eine eigene Währung und eigene Pässe. Allerdings wird es von kaum einem anderen Land anerkannt. Gerade einmal 18 Länder pflegen diplomatische Beziehungen zu Taiwan, aus Europa ist das lediglich der Vatikan.
Die rechtliche Situation
Die Volksrepublik China verweist darauf, dass Taiwan schon immer chinesisch war – und somit Teil der Volksrepublik. In der Tat kann man Taiwan als Teil Chinas betrachten – wenn man die Zeit der portugiesischen Kolonie und japanischen Besatzung ausklammert. Teil der Volksrepublik war Taiwan allerdings nie. Diese wurde am 1. Oktober 1949 von Mao Tsetung gegründet, nachdem dieser den innerchinesischen Machtkampf gegen den Nationalisten Chiang Kaishek gewonnen hatte. Der unterlegene Chiang zog sich nach Taiwan zurück und errichtete dort sein eigenes Reich.
Der Einfluss Amerikas
Bis 1971 war Taiwan der einzige Vertreter Chinas bei den vereinten Nationen. Die Insel wurde als Nachfolger der 1912 ausgerufenen chinesischen Republik gesehen. Unter dem Einfluss und auf Drängen von US-Präsident Richard Nixon änderte sich dies. Peking übernahm die Position Chinas als Vertreter in der Weltgemeinschaft. Die USA und Taiwan schlossen in der Folge aber mehrere Abkommen, die Taiwan die Zusammenarbeit und den Schutz der USA zusicherten.
Die Ein-China-Doktrin
Peking legt großen Wert darauf, dass nur die Volksrepublik China repräsentiert und Taiwan kein eigenes Land ist. Jeder Versuch, Taiwan diesen Status zu gewähren, wird politisch bekämpft. So wurde die Lufthansa und andere Fluggesellschaften von Peking gezwungen, nicht mehr „Taiwan“ als Ziel eines Fluges anzugeben, sondern „Taiwan, China“. Hochrangige politische Besuche kann die taiwanesische Präsidentin nur selten empfangen. Die geplante Reise von Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, wird von Peking als Affront bewertet.