Fenster weit auf: Regelmäßiges Lüften ist für ein gutes Raumklima unverzichtbar. Foto: picture alliance/dpa-tmn/Franziska Gabbert

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie sind Lüftungskonzepte in aller Munde. Doch auch unabhängig von Covid-19 und Aerosolen lohnt es sich, einen Blick auf das Raumklima zu werfen.

Berlin - Die Luft ist rein! Nicht erst, aber besonders durch die Corona-Pandemie beschäftigen sich viele Menschen mit dem Klima in Innenräumen. Doch was bedeutet das eigentlich, wenn man die Redewendung von der reinen Luft wortwörtlich nimmt?

„Reine oder frische Luft ist frei von störenden Partikeln und Stoffen“, sagt Mario Blei, Präsident der Gesellschaft für Wohnmedizin, Bauhygiene und Innenraumtoxikologie.

Während die Luft, die wir atmen, draußen beständig in Bewegung ist und sich schnell durchmischt, steht sie in geschlossenen Räumen mehr oder weniger still. Dadurch können sich dort Schadstoffe oder eben Viren konzentrieren, die sich an der frischen Luft rasch in der Atmosphäre verteilt hätten.

Auch ausgeatmetes Kohlendioxid kann problematisch sein. Hier seien bis zu 1000 ppm (parts per million) in der Raumluft in Ordnung, sagt Professor Klaus Fiedler, der seit gut 40 Jahren auf dem Gebiet der Hygiene und Wohnmedizin forscht.

Dieser Wert ist aber schnell überschritten, wie Fiedler an einem Beispiel erklärt: Wenn zwei Personen in einem kleinen Raum mit dicht schließenden Fenstern schliefen, könnten nach einer Nacht über 2000 ppm Kohlendioxid erreicht werden. Mögliche Folgen am Tag danach: Kopfschmerzen, Müdigkeit, verminderte Konzentrationsfähigkeit.

„Der Mensch merkt oft gar nicht, wann er lüften sollte“, sagt Fiedler. „Oft spürt man verbrauchte Luft nur im Kontrast, wenn man gerade aus einem anderen Raum kommt.“ Er rät daher, dreimal über den Tag verteilt die Raumluft durch Lüften komplett auszutauschen.

Wichtig, gerade auch mit Blick auf das Coronavirus, ist außerdem: Luftfilter im Raum können konsequentes Lüften keinesfalls nicht ersetzen.

Wer ein gesundes Raumklima haben möchte, sollte nicht nur auf die Konzentration von Kohlendioxid und Ausdünstungen achten, sondern auch auf Feuchtigkeit und Temperatur. Zu trockene Luft kann Schleimhäute austrocknen lassen. „Dadurch kann der Körper dann eingeatmete Staubpartikel, Bakterien und Viren schlechter entfernen“, erklärt Fiedler. „In der Folge haben es Krankheitserreger leichter, in den Körper einzudringen, und man erkältet sich schneller.“

Ein Wasserschälchen auf der Heizung oder Zimmerpflanzen sollen dazu beitragen, für gute Luft im Raum zu sorgen. Fiedler rät indes: „Wer Probleme mit zu trockener Luft hat, sollte sich lieber einen guten Raumluftbefeuchter kaufen.“ Beim Einsatz dieser Geräte und auch generell ist zu beachten: Die Luftfeuchtigkeit sollte nicht zu hoch sein. Schlägt sich zu feuchte Raumluft an kalten Wänden nieder, entsteht womöglich Schimmel.

Gerade für Allergiker, Asthmatiker oder Menschen mit anderen Lungenkrankheiten können Schimmelsporen in der Luft zu einem echten Problem werden. Aber auch für Menschen ohne Vorerkrankungen kann der muffige Geruch belastend sein. Idealerweise liegt die relative Luftfeuchtigkeit im Raum zwischen 40 und 60 Prozent.

In der Regel entsteht Schimmel auf Oberflächen, an denen Raumfeuchtigkeit kondensiert. „Gerade nach dem Kochen oder Duschen ist es deshalb wichtig, stoßzulüften“, sagt Mario Blei.

Wer die Fenster einmal weit aufmacht, befördert die Feuchtigkeit am schnellsten nach draußen. Danach durch Heizen wieder eine behagliche Wärme herzustellen, sei aber auch ein wichtiger Parameter für die eigene Gesundheit, so der Experte.

Normalerweise fühlen sich die meisten Menschen bei 20 bis 24 Grad Celsius am wohlsten. Klaus Fiedler merkt aber an, dass Kälte- oder Wärmeempfinden sehr individuell sei. Auch Zugluft oder kalte Wände können dazu führen, dass man friert und sich unwohl fühlt, obwohl die Raumluft eigentlich warm genug ist.

Experten empfehlen, dreimal täglich zu lüften. Dafür sollen alle Fenster weit geöffnet werden. Am schnellsten geht der Luftaustausch durch Querlüften: Also gegenüberliegende Fenster – und gegebenenfalls die Türen zwischen den Räumen – weit öffnen. Im Winter genügen durch den großen Temperaturunterschied zwischen drinnen und draußen 3 bis 4 Minuten. Im Sommer kann es 15 Minuten und länger dauern, bis sich die Raumluft einmal ausgetauscht hat.

Wichtig zu beachten: Bei hoher Luftfeuchtigkeit, nach dem Duschen beispielsweise, ist Stoßlüften im Raum zu bevorzugen. Das heißt: Das Fenster wird weit geöffnet, die Tür aber geschlossen. Dadurch gelangt die feuchte Luft nicht in die anderen Räume.

Von gekippten Fenstern raten Experten eher ab. Wenn es draußen kalt ist, kühlt der Fenstersturz so stark ab, dass die Feuchtigkeit der Raumluft dort kondensiert. Dadurch kann sich Schimmel bilden. Bei wärmeren Außentemperaturen kann das Fenster gekippt bleiben, jedoch ist der Lüftungseffekt durch die kleine Öffnung und den oft fehlenden Temperaturunterschied zur Raumluft minimal.